Haushaltsplan Heilbronn

Der kommunalpolitische Herbst wird nicht lau

Die Verwaltung legt am Donnerstag den Haushaltsplan für 2023 vor. Was die Fraktionen fordern, liegt schon auf dem Tisch.

06.10.2022 UPDATE: 06.10.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 13 Sekunden
Angesichts der vielen Krisen plant die Heilbronner Stadtverwaltung erstmals seit 20 Jahren keinen Doppelhaushalt. Worauf die Fraktionen dabei ihre Schwerpunkte legen werden, ist in weiten Teilen schon bekannt. Foto: B. Fritz-Kador

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Die Stunde der Wahrheit im Heilbronner Rathaus schlägt an diesem Donnerstag: Dann liegt der Haushaltsplan 2023 der Verwaltung auf dem Tisch. Das erste Mal seit 20 Jahren gibt es keinen Doppelhaushalt für zwei Jahre, sondern nur einen für das kommende Jahr. Die Begründung ist nachvollziehbar: Krisen in der Welt setzen und setzten sich bis in die Kommunen hinein fort.

Bei den Sommerpressekonferenzen der Fraktionen war bemerkenswert, dass manche dieser Krisen darin noch nicht die Relevanz fanden, die sie in der öffentlichen Wahrnehmung bereits hatten – Schlaglichter aus der Fülle der Themen auf die Bereiche Stadtentwicklung, Mobilität und Klima zeigen das. Um diese wie auch alle weiteren wird es dann in der Sitzung am 14. November gehen, wenn die Fraktionen ihre Anträge vorlegen.

Auffallend an den Vorlagen aus den Sommerpressekonferenzen ist, dass das Thema "Stadtentwicklung" nicht gerade mit neuen Ideen oder Initiativen überschüttet und nur von der FDP explizit angesprochen wurde. Sie fordert eine "sukzessive Neujustierung" mit "entsprechender Umsetzung im Städtebau für eine Verbesserung der Anpassungsfähigkeit auf klimatische Veränderungen" und führte dazu die Schlagworte "Schwammstadt", "Retentionsflächen", "vertikale Begrünung" und "Aktivierung von Hinterhöfen" auf.

Die "Markthalle" wird mit Sicherheit weiter thematisiert werden – "pro" von nahezu allen Fraktionen, von der Verwaltung dagegen eher "contra". Für die Innenstadt wünscht sich die Freie-Wähler-Gruppe von Malte Höch und Marion Rathgeber-Roth auch noch einen "Kümmerer", der für "die Vernetzung von Einzelhandel, Gewerbe, Industrie und Verwaltung" sorgen soll. Das wäre etwas, um die Gegenwart zu bewältigen.

Aber Stadtentwicklung ist mehr. Im Moment scheint es nur den Grünen so richtig zu dämmern, dass man deren Zukunftsausrichtung nicht allein der Dieter-Schwarz-Stiftung überlassen darf. Angesichts der aktuellen Pläne der Stiftung, den Bildungscampus maximal zu erweitern, fordern die Grünen nicht nur die fast schon zugesagte, aber inhaltlich nicht definierte "städtebauliche Vernetzung" von Campus und Innenstadt, sondern auch die Einbeziehung der "Studierendenschaft" und günstigen Wohnraum für sie. Den Wunsch nach einer belebenden Großveranstaltungshalle, den die "Freien Wähler Heilbronn e. V." wieder aufbrachten, gibt es schon lange. Die SPD-Fraktion will nicht so lange warten: Sie fordert, mehr städtische Räume für Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen, und zwar zu erschwinglichen Kosten.

Was im Bereich der Mobilität ansteht, illustrierte Herbert Burkhardt (Freie Wählervereinigung Heilbronn) anschaulich, als er eine Heilbronnerin zitierte, die "bei den öffentlichen Linien echt kotzen könnte", und das mit dieser Begründung: "Ich wohne in Klingenberg. Um an meinen Arbeitsplatz in den Böllinger Höfen zu kommen, benötige ich mit Wartezeit, Umsteigen et cetera eineinhalb Stunden morgens und abends." Auch bei der Erreichbarkeit der SLK-Kliniken mit dem ÖPNV hapert es, und dabei ist noch nicht berücksichtigt, wie es wird, wenn im benachbarten Wohnquartier "Hochgelegen" die fast 750 Wohnungen der Stadtsiedlung bis spätestens 2025 fertig sind. Ob dann die "Grüne Welle", die die CDU – und nicht nur sie – im Stadtverkehr vermisst und die Tempo-40-Regel hinterfragt, von den Grünen mit dem Argument abgeblockt wird, dass sich die Durchfahrtsdauer der Allee nur um Sekunden verbessern würde? Das klingt nach "Klein-Klein", entspricht aber dem täglichen Ärger und der Erkenntnis, dass auch Autofahrer Menschen und Wähler sind, wobei die große Einigkeit zum weiteren Ausbau von Radwegen keinen Schaden nehmen müsste.

Wie hoch so ein "finanzieller Schaden" wäre, wenn sich umsetzen ließe, was die beiden Linke-Stadträte Konrad Wanner und Erhard Jöst fordern? Es ist der "freie ÖPNV im Innenstadtbereich" nach dem Beispiel der Stadt Augsburg. Zur dessen Finanzierung schlagen sie vor, die immensen Investitionen im Tiefbau – sie sprechen von mehr als 150 Millionen Euro – anzugehen. Das beträfe auch die 27 Millionen Euro, die für den Ausbau der Paula-Fuchs-Allee (Erschließung Neckarbogen) in der Kritik stehen, für den die Grünen lange schon einen sehr viel günstigeren Alternativvorschlag haben. Sicher wie das Amen in der Kirche wird auch wieder der jahrelang verzögerte Ausbau der Saarlandstraße diskutiert werden, auch weil sich die Verkehrsströme hier wegen diverser Großbauvorhaben weiter verstärkt werden. Die FDP-Fraktion absolvierte ihre "Sommer-PK" als Bustour; sie will nicht nur die Thematik Schleusen, Frankenbahn sowie Ausbau A 6 angehen, sondern auch den "mit dem Besuch von Bundesverkehrsminister Dr. Wissing eingeleiteten Dialog im Sinne einer zukunftsfähigen Infrastruktur inklusive einer zeitgemäßen Anbindung für die dynamische Stadt Heilbronn und die Region" fortsetzen.

Ein "heißes Eisen" dürfte die Windkraft auf Heilbronner Gemarkung werden. Für Rainer Hinderer und die SPD-Fraktion ist sie kein Tabuthema: "Wir sind aufgeschlossen im östlichen Heilbronner Stadtwald mögliche Standorte zu prüfen, und wir fordern die Verwaltung auf, entsprechende Verhandlungen mit Interessenten und potenziellen Investoren unvoreingenommen zu führen." Hinderer verweist dazu auf die lange Tradition Heilbronns in regenerativer Energieproduktion, etwa die Nutzung der Wasserkraft (seit 1929), mit der man aktuell mehr als 13.000 Haushalte versorge, fordert aber auch, die Nutzung der Sonnenenergie weiter zu forcieren, vor allem mit städtischen Dachflächen, wie auch "den Ausbau der Biogas-Erzeugung, der Elektro- und Wasserstoff-Mobilität insbesondere im ÖPNV".

Die Fülle der Themen zeigt, dass es "haushaltspolitisch" ein heißer Herbst werden dürfte, insbesondere dann, wenn das Wasser in etlichen öffentlichen Duschen kalt und es im Ratssaal maximal 19 Grad "warm" bleiben wird.

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