"Emil's Fan-Kiosk" in Zuzenhausen

Wo TSGler frühstücken und fachsimpeln

Am Stammtisch dreht sich alles um "Hoffe" - Kleines Fußballmuseum genießt seit fünf Jahren Kult-Status

19.11.2017 UPDATE: 20.11.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 37 Sekunden

Ihr Herz schlägt für die TSG: Nicht nur die elfköpfige "Mannschaft" vor "Emil’s Fan-Kiosk" ist gerne am Fachsimpeln, wenn es um die Erfolge Hoffenheims geht - natürlich im Kiosk, um sich dort zu stärken. Foto: Hans-Joachim Of

Von Hans-Joachim Of

Sinsheim/Zuzenhausen. "Mir gefällt die familiäre Atmosphäre und die Tatsache, mit wie viel Herzblut Emil Vetter zusammen mit seiner Frau Brigitte den Kiosk führt", bekundet Timo Rembert aus Untergimpern und die "Stammtischbrüder" nicken zustimmend. "Emil’s Fan-Kiosk" ist ein ziemlich einmaliger Laden in unmittelbarer Nähe des Zuzenhausener Trainingszentrums von Bundesligist 1899 Hoffenheim. "Es gibt in Deutschland und der Fußball-Bundesliga nichts Vergleichbares", beteuert der 68-jährige Emil Vetter aus Sinsheim, seit über 20 Jahren fest mit "Hoffe" verbandelt und seit fünf Jahren als "Mädchen für alles" im Fan-Kiosk-Einsatz.

Aus Containern, die früher als Massageräume für das Profiteam genutzt wurden, hat Vetter in Zusammenarbeit mit dem Verein im Laufe der Zeit ein kleines TSG-Museum mit zahlreichen Wimpeln, Schals, Bällen, Plakaten und vielen Fotos geschaffen. "Wir sind bei allen öffentlichen Trainingseinheiten zur Stelle", gibt das hoch gelobte Ehepaar zu Protokoll. Nach Siegen ihres Lieblingsvereins kommen die meisten Besucher - Rentner, Ausflügler, Schicht- oder Teilzeitarbeiter - mit einem breiten Grinsen im Gesicht zu den Trainingseinheiten und kehren zuvor in die gute Stube, der Kult-Stätte im Kraichgau, der Vetters ein. Dann wird über die "schönste Nebensache der Welt" heiß diskutiert, manchmal auch gestritten oder Vereinspolitik betrieben.

Der 47-jährige Timo Rembert, technischer Fachwirt im Außendienst, ist seit vielen Jahren TSG-Mitglied, war bis zum Vorjahr auch als Jugendtrainer im Verein aktiv und bei jedem Heimspiel in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena hautnah dabei. "Die Saison hat gut angefangen, dann kam eine leichte Delle, doch in Köln hat die Mannschaft sehr gut gespielt", sagt er bei einem kurzen Kaffeestopp zwischen zwei Terminen. Das Team entwickle sich unter Nagelsmann weiter. Dies sieht Wolfgang Geibel aus Eschelbach, TSG-Mitglied und Dauerkartenbesitzer, ähnlich. Der 60-Jährige ist "immer da, wenn Emil offen hat", freut sich auf die Diskussion mit der Stammtischrunde, lobt den jungen Trainer Julian Nagelsmann und meint: "Was er macht, hat Hand und Fuß."

Dass es in der laufenden Saison, in der man zu Anfang auch das nötige Glück hatte, schwerer als im Vorjahr werden würde, sei abzusehen gewesen. Werner Wagner (73) aus Neidenstein wirft ein, dass man mit Rudy und Süle schließlich zwei wichtige Stützen abgegeben habe und jetzt auch die Mehrfachbelastung durch die Europa-League hinzu komme. Der fitte Rentner, seit dem Bundesligaaufstieg im Jahre 2008 bei den TSG-Spielen im Stadion und auch in Emil’s Fan-Kiosk gern gesehener Gast, ist mit dem bisherigen Saisonverlauf einverstanden, zeigt sich überrascht, wie sich die "Neuen" Schulz, Grillitsch oder auch Geiger bravourös schlagen. Der gleichaltrige Manfred Huber aus Zuzenhausen, ebenfalls Dauergast bei den Heimspielen in Sinsheim, nickt zustimmend. "Man darf nicht vergessen, wo wir herkommen. Die bisher erreichten Punkte gehen voll und ganz in Ordnung, zumal auch Verletzungen von wichtigen Spielern hinzukamen".

Was den Mann, der gerne beim Training zuschaut, gewaltig stört, sind die ständigen Anfeindungen gegenüber Dietmar Hopp im Stadion. "Das sind keine Fans, sondern ausnahmslos Schädlinge des Fußballs", so die Einschätzung des Rentners. Auch Bernhard Sieber aus Ittlingen, der sich zusammen mit seiner Lebensgefährtin Rosemarie Reich "beim Emil", einem früheren Schulkollegen, und seiner Brigitte ab und zu ein zweites Frühstück schmecken lässt, stoßen die Plakate und Schmähgesänge "gegenüber einem ehrenwerten Mann" sauer auf.

"Wenn ich am Wochenende frei habe, gehe ich in die Arena", lässt auch Michael Max wissen. Der gebürtige Zuzenhausener Bautechniker wohnt in Lobbach, schaut sporadisch bei den Vetters in der "gemütlichen und herzlichen" Kneipe vorbei, ließt in der RNZ "alles über die TSG" und verfolgt in der Sportschau die Hoffenheimer Spiele. "Weiter so", lautet sein Resümee zur bisherigen Punkterunde "auch wenn die Begegnungen in der Europa-League nicht das gelbe vom Ei waren."

Schließlich schaut auch Frank Puritscher, wie so oft "zwischen zwei Baustellenbesuchen", kurz im Kiosk vorbei. Der 52-jährige Unternehmer aus Waibstadt ist "natürlich" Dauergast in der Arena, wäre "mit einem Platz wie im Vorjahr" am Saisonende sehr zufrieden und findet: "Der mediale Hype um Julian Nagelsmann in Sachen Bayern war allerdings unnötig." Emil Vetter sieht dem Treiben in "seinem Kiosk" meist belustigt zu, gibt ab und an "seinen Senf", mit oder ohne Würstchen, hinzu und grinst: "Was gibt es Schöneres, als Chef eines ganz besonderen Fußball-Kiosks zu sein?"

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.