Sinsheimer Linde-Wirt Helmut Wurzer ist tot
Er war ein Wirt mit Leib und Seele und ein Stück Sinsheimer Innenstadt - Betrieb in der "Linde" geht weiter

Sinsheim. (tk) Der Koch mit dem Hut – so hat ein Stammgast ihn genannt: Helmut Wurzer. Das Leben im Gasthaus "Linde" am Elsenzufer geht weiter. Doch im Geschehen auf dem Sinsheimer Boulevard fehlt plötzlich einer. Die Bahnhofstraße ist nicht mehr dieselbe. Helmut Wurzer ist gestorben; nach kurzer schwerer Krankheit, im Alter von nur 64 Jahren.
Schwarzer Filzhut, Zwirbelbart, lachende Augen, breiter Humor, leises Wesen – und Wirt mit Leidenschaft. Wurzer pflegte ein besonderes Verhältnis zur "Linde" und ihren Besuchern: ein Gasthaus im Wortsinn. Für einige ein Stück Heimat. Die Rinderrouladen täglich selbstgefüllt und handgewickelt, die Halbe Bier noch eine echte Halbe, das Viertel Wein noch ein echtes Viertel. Die Runden in der "Linde" und ihre Gespräche reichten von rau bis illuster, von bäuerlich und bürgerlich bis international. Und der gebürtige Österreicher Helmut Wurzer war oft ihr Vertrauter. Mancher Stammtisch kam in den Genuss seiner Speckknödel, seines Geselchten, seiner "Backhändl" – die dann eines Abends plötzlich auf dem Tisch standen. Theke und Küche waren auch seine Wohnzimmer.
Und auch der Koch mit dem Hut gab Stammgästen und Kollegen liebevoll Namen: Der Mann vom Sonnenstudio war "Mr. Brown", der Kollege vom Imbiss der "Wurstbaron", der Journalist war "Baby Schimmerlos". Den "Entenmörder" hat Wurzer das asiatische Lokal in der Nachbarschaft getauft, in dem er gerne einkehrte. Mit Begeisterung ging Wurzer aber auch bei anderen Innenstadt-Wirten essen, teils spätnachts, wenn er aus der Küche kam. Selbst wohnhaft in der City Sinsheims, war es für Wurzer selbstverständlich, sich unters Volk zu mischen.
Dass die "Linde", seit 1996 unter Wurzers Regie, beliebt bei Stammtischen, als Vereinstreff, bei Touristen und bei Alt-Sinsheimern ist, die sonntagmittags dort essen gehen – dies lag an eben jenem persönlichen Ton, gepaart mit solidem Handwerk. Was viele nicht wissen: Das letzte deutsche Speiselokal im Herzen Sinsheims hat bis heute so gut wie kein Lager. Wurzer kochte frisch, klassisch und gutbürgerlich – servierte Engländern oder Franzosen aber gern Landestypisches, wenn Sinsheim mal Champions-League-Luft schnuppern durfte.
Über 40 Jahre Seite an Seite mit Helmut Wurzer stand stets Gudrun, seine zweite, starke Hälfte, gebürtig in Kassel. Beide lernten sich kennen im damaligen "Löwen" in der Hauptstraße, seinerzeit Sinsheims erstes Haus am Platz. Wurzer kochte, sie war im Service. Beide heirateten, bekamen später zwei Söhne. Helmut war zwischenzeitlich Koch der Raststätten Kraichgau Nord und Süd in Sinsheim, übernahm gemeinsam mit Gudrun 1990 das "Drei Könige", wenige Meter entfernt von der jetzigen Wirkungsstätte.
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Das gemütliche Restaurant mit der Terrasse am Elsenzufer aber, die "Linde", sollte zum Ort werden, mit dem sie Spuren in Sinsheim hinterließen. Gudrun Wurzer und eine gut eingespielte Truppe führten den Betrieb auch in den vergangenen, schweren Monaten weiter. "Es geht weiter in der ,Linde‘", verspricht die Chefin. Helmut Wurzer würde das wohl gefallen. Der Koch mit dem Hut – er bekommt sein Markenzeichen mit ins Grab gelegt. Eine Trauerfeier findet am Mittwoch, 15. Januar, um 13.30 Uhr auf dem Friedhof in Sinsheim statt. Die Beisetzung erfolgt im Familienkreis.



