Fassade mit buntem Jesus-Bild sorgt für Ärger
Anwohner stören sich an Wandbild in der Salinenstraße - Stadt sieht keinen Handlungsbedarf

Von Falk-Stéphane Dezort
Bad Rappenau. Was für den einen möglicherweise ein offenes Ausleben des religiösen Glaubens darstellt, sorgt bei manch anderen für mehr als nur ein kleines Ärgernis. Seit neuestem zieren Gottes Sohn und der Spruch "Wir fallen nie tiefer als in Gottes Hand. Mein Zuhause ist im Himmel - Auf der Erde bin ich nur ein Reisender" groß und bunt die Fassade eines Neubaus in der Salinenstraße.
Zum Unmut der Nachbarn. "Das ist kein Hingucker, sondern ein Ärgernis", sagt Kerstin Seiler und betont: "Es geht mir nicht um das Motiv."
Ob für die Bemalung der Hausfassade eine Genehmigung seitens der Stadt Bad Rappenau notwendig ist, darüber herrschte am Dienstag Rätselraten. Auch wenn weder Gestaltungssatzung noch Denkmalschutz vorliegen, darf die Gemeinde bei der Farbauswahl mitreden.
Laut Baugesetzbuch muss der Hausbesitzer immer auf die Nachbarn und das Orts- und Landschaftsbild Rücksicht nehmen. Inzwischen haben sich auch das Baurechtsamt und Oberbürgermeister Sebastian Frei mit der Sachlage beschäftigt. Wie das Stadtoberhaupt mitteilt, ist im 2016 erstellten Bebauungsplan "Kurgebiet", unter den auch das betroffene Haus in der Salinenstraße fällt, die Fassadengestaltung in puncto Farbwahl fest geregelt. Unter Punkt 2.1.2 heißt es, dass "verputzte Fassaden in gedeckten Farbtönen zulässig sind. Grelle und glänzende sowie extrem dunkle Farbtöne sind nicht zulässig."
Auch interessant
Eine Bemalung mit Motiven ist indes nicht geregelt. "Letztlich ist es so, dass die Gestaltung nicht gegen Baurecht verstößt", erklärt Frei auf RNZ-Nachfrage. "Wenn die Dinge nicht im Bebauungsplan geregelt sind, dann gilt die Baufreiheit des Eigentümers."
Kerstin Seiler kann diese Auffassung nicht verstehen. "Das Bild sprengt die Dimension." Sollte die Verwaltung diese "Verschönerung" der Hausfassade billigen, sei ihrer Ansicht nach ein Präzedenzfall geschaffen. "Wem will man dann noch etwas verbieten? Darf jetzt jeder Hausbesitzer, egal ob Alt- oder Neubau, seine Hauswände nach seinem Wunsch bemalen?"
Es sei ein Schlag ins Gesicht für alle Bauherren und Häuslebauer, die beim Bauamt ihre Farbauswahl genehmigen lassen mussten, monierte ein weiterer Nachbar. Zudem befürchtet Seiler, dass das "Kunstwerk" Graffiti-Sprayer, die bereits die Bahnunterführung beschmiert haben, anlockt und dann vielleicht auch ihr Grundstück betroffen ist.
Dem Vernehmen nach soll das Thema auf der heutigen Sitzung im Technischen Ausschuss (TA) behandelt werden. "Es kann sein, dass die Parteien das Thema im TA ansprechen möchten. Am Umstand ändert das aber nichts", sagte OB Sebastian Frei.
Elisabeth Vo, die sich von der befreundeten Künstlerin und Weltmeisterin im Bodypainting Julie Boehm ihre Fassade bemalen ließ, kann den ganzen Ärger um das Gemälde nicht nachvollziehen. "Wenn es manchen nicht gefällt, dann sollen sie darüber hinweg sehen."
Für die Katholikin ist das Kunstwerk ein Ausdruck ihres Glaubens. "Mir war es wichtig, dass in Zeiten wie heute, voller Hass und Streit, das Bild auf die Fassade kommt." Sie wolle damit die Herzen der Menschen öffnen.
Vo kam 1979 durch Pfarrer Kurt Faulhaber nach dem Vietnam-Krieg aus dem Vietnam in den Kraichgau. In Östringen sei sie damals lieb aufgenommen worden und habe sich schnell integriert. In Jesus auf ihrer Fassade sieht sie auch den Pfarrer.

Jesus fungiere zwischen der Tagseite und der Nachtseite als Sonne. Darüber hinaus habe ihr der Spruch "Wir fallen nie tiefer als in Gottes Hand" während ihrer Depression Kraft gegeben. Aufgrund der Nähe ihres Hauses zur Vesalius-Klinik passe dieser Spruch auch zu den Patienten.
Eine Genehmigung hat sich Vo nicht eingeholt. Sie wusste im Vorfeld auch nicht, ob sie überhaupt eine braucht. "Es gibt Gesetze und Gebote. Man kann sich nicht immer an alle halten. Ich habe mich nicht erkundigt und bin einfach meinem Herzen gefolgt. Es gibt Momente, in denen man denkt, dass es besser ist, was das Herz sagt."
Trotz des Ärgers mit den Nachbarn ist die Katholikin froh, dass das Gemälde auf ihrer Fassade nahezu fertig ist. "Wir haben sehr viel Zeit und Liebe hineingesteckt. Ich bin glücklich, dass es nun so ist." Andere sind es offenbar nicht.



