120 Menschen demonstrierten für Ende des Lockdown
Versammlungsleiterin: "Hinter jeder Schließung steht ein Mensch, der seinen Traum aufgibt".

Bad Rappenau. (fsd) "Wir machen auf_merksam": Unter diesem Motto haben sich am Sonntag rund 120 Unternehmer und Kunden auf dem Rathausplatz in Bad Rappenau versammelt, um sich für ein Ende des Lockdowns und eine damit einhergehende Öffnung des Einzelhandels stark zu machen. Auf den leuchtend pinken Plakaten konnten die hiesigen Unternehmer die Namen ihrer Betriebe schreiben und somit ihre Solidarität signalisieren. Auffällig war, dass mehrheitlich Kosmetik- und Nagelstudios sowie Massagebetriebe an der Demonstration teilnahmen. Von den alteingesessenen Einzelhändlern in der Innenstadt war – zumindest augenscheinlich – niemand vertreten.
Organisiert wurde die Veranstaltung von Dagmar Nitzschke, die sich in 20 Jahren ein Kosmetikstudio in Zimmerhof aufgebaut hat. Vor zwei Jahren sei sie bei einem Wettbewerb sogar als eines der besten Studios im Land ausgezeichnet worden. "Und heute stehe ich da. Ich habe im Januar Grundsicherung angemeldet und bin in einem Sog der Schulden. Es wurden Hilfen versprochen, doch angekommen sind sie nicht." Seit Monaten sind im zweiten Lockdown wieder zahlreiche Geschäfte geschlossen. "Wie soll das ein kleines mittelständisches Unternehmen aushalten?" Viele Geschäfte halten den Lockdown nicht mehr lange aus, befürchtet sie. "Und hinter jeder Schließung steht ein Mensch, der seinen Traum aufgibt."
In ihren Augen spalte Corona das Land. Doch gerade jetzt müsse man gemeinsam aufstehen und sich für eine Ende des Lockdowns stark machen. "Wir brauchen planbare Perspektiven für unsere Zukunft." Zudem appellierte sie an die Anwesenden, lokal beim Kosmetiker, in der Boutique oder in vergleichbaren Geschäften einzukaufen und somit die angeschlagenen Einzelhändler zu unterstützen.
"Wir müssen gemeinsam Ziele definieren. Die nächsten Wochen werden sonst prekär", betont Mitorganisator Armin Haag, Pächter der Bad Rappenauer Tennishalle. "Die Halle hat 1800 Quadratmeter. Aber wir dürfen nicht zu zweit dort spielen. Dieses Extrembeispiel zeigt die Absurdität."
Eine Kosmetikerin aus Gundelsheim kritisierte zudem, dass die Auflagen nicht klar seien, unter denen sie ab Montag wieder öffnen dürften. "Wahrscheinlich benötigt der Kunde einen tagesaktuellen negativen Corona-Test. Aber reicht ein Schnelltest? Und machen das die Kunden mit? Ich lasse meinen Laden geschlossen, bis alles geklärt ist."
Doch nicht alle Anwesenden standen hinter der Demo. "Ich wollte erst einmal sehen, in welche Richtung es geht. Denn ich fahre nicht mit dem Auto durch Heilbronn", sagte ein Zuhörer und spiele damit auf die Autokorsos der "Querlenker"-Bewegung an. Und die Demo in Bad Rappenau blieb nicht nur beim Thema Ende des Lockdowns und Öffnung des Einzelhandels. Denn am "offenen Mikro" forderte ein zehnjähriges Mädchen die komplette Öffnung der Schulen. Und Gabriele Gretzke-Schayna, die zuletzt auch zwei Demonstrationen auf dem Rathausplatz organisierte, sprach über "planbare Perspektiven" für Kinder und Jugendliche.



