Angelbachtal

Keine Hoffnung für den "Löwen"

Nach Besichtigung: Sanierung wohl ausgeschlossen - Realisierung eines Kreisverkehrs ist wahrscheinlich - Zeitplan noch offen

03.07.2020 UPDATE: 04.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 54 Sekunden
Im Gastraum ging Bürgermeister Frank Werner (vorne links) auf die aktuellen Planungen ein. Nach einem Rundgang diskutierten die Gemeinderäte über die Zukunft des maroden Gebäudes. Foto: Ralf März

Von Ralf März

Angelbachtal. Hätten die Gemeinderäte am Ende der Ortsbesichtigung im ehemaligen Gasthaus "Löwen" abgestimmt, ob das Gebäude abgerissen werden soll, wäre das Ergebnis wohl kaum von den beiden vorausgegangenen Abstimmungen mit einmündigem Ergebnis abgewichen. Doch entschieden wird wohl in einigen Wochen erst am Ratstisch. Bei dem Termin wollten sich vor allem die neuen Gemeinderäte ein Bild von der Bausubstanz der vor über zehn Jahren geschlossenen Gaststätte machen.

Bereits im Jahr 2015 waren die Räte in der alten Gaststube, in der die Zeit stehen geblieben scheint: Die Vorhänge hängen noch an den staubigen alten Holzfenstern, in der ehemaligen Küche liegt der abgeklopfte Putz, und bei der Kegelbahn stehen einige Farbtöpfe. Dies sind die Zeugen eines Renovierungsversuchs, den ein potenzieller Pächter vor vielen Jahren startete, dann aber abbrach.

Die Räte stimmten nach der Besichtigung im Jahr 2015 geschlossen für den Kauf des Gebäudes, einige Monate später dann einstimmig für eine Vorentwurfsplanung eines Mini-Kreisverkehrs, um die benachbarte Kreuzungssituation der Landes- und Kreisstraße zu entschärfen. Klar war schon damals, dass der alte "Löwen" dazu abgebrochen werden muss.

Von Seiten des Kreises gibt es eine Finanzierungszusage, und auch vom Land ist die anteilige Kostenübernahme seit Kurzem bestätigt. Im Mai hatte sich Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder selbst ein Bild von der Kreuzungssituation gemacht.

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Die Kosten des reinen Verkehrskreisels werde entsprechend der Hauptverkehrsarme verteilt und auch komplett von Kreis und Land getragen, erklärte Bürgermeister Frank Werner jetzt bei der Besichtigung. Den Abbruch des "Löwens" müsste allerdings die Gemeinde bezahlen, wie auch die Gestaltung der Restfläche und die Gehwege entlang der Fahrbahnen. Zuschüsse gäbe es dafür aus dem Landessanierungsprogramm. Ginge man den Kreiselbau an, würden voraussichtlich auch die über 100 Jahre alten Wasserleitungen und der Kanal in diesem Bereich ausgetauscht werden. Diese Kosten müssten ebenfalls Gemeinde und Wasserversorgung tragen. Insgesamt spricht Werner von etwa einer Million Euro, den Kreis- und Landesanteil daran schätzt er auf etwa 300.000 Euro.

In kleinen Gruppen konnten die Bürgervertreter dann noch einmal das alte Gebäude in Augenschein nehmen. Dabei wurde den Besuchern wieder bewusst, wie steil die Holztreppe ist, die ins Nebenzimmer im Obergeschoss führt. Ein anderer Gemeinderat verwies auf die niedrige Deckenhöhe im Gastraum.

Bei der anschließenden Diskussion wurde schnell deutlich, dass es zwar viele alte Geschichten und Erinnerungen zum "Löwen" gibt, eine Sanierung aber ausgeschlossen scheint. "Gibt es Ideen, was man aus dem Gebäude noch machen könnte?", fragte der Bürgermeister ganz direkt in die Ratsrunde. Nur Werner Müller antwortete: "Gar nichts mehr."

Dass der Gebäudezustand so schlecht ist, hätte Gemeinderat Lukas Del Monego vorher nicht gedacht, erklärte er. Bei einer Sanierung würde höchstens die Fassade stehen bleiben. "Alt und marode", fasste Christoph Haag den Zustand zusammen, gab aber zu bedenken, dass sich mit dem Abriss das Bild des Ortskerns deutlich ändern würde. "Mir stinkt, dass alles für den Verkehr geopfert wird", wurde er deutlich.

Sascha Bertich brachte auch das hinten angrenzende Gebäude Luisenstraße 2 ins Gespräch, welches ebenfalls der Gemeinde gehört. Was damit geschehen soll, werden wohl erst die Detailplanungen des Kreisverkehrs zeigen. Klar machte Bertich, dass das Löwengebäude lange nicht so wichtig sei, wie die Entschärfung der Verkehrssituation. Markus Haaß nannte drei Probleme, die zu betrachten seien: Der Gaststättenstandort, die Bausubstanz und die Verkehrssituation. Das Naheliegendste sei die Nutzung für den Verkehr, erklärte er. In diesem Gebäude "bekommt man nie wieder eine Gaststättengenehmigung", mutmaßte Werner Müller, und Jürgen Lutz warnte vor "immensen Kosten" einer Sanierung. "Das Gaststättensterben werden wir nicht aufhalten", erklärte er weiter. Zuvor hatte auch Karl Kern vorgeschlagen, die Idee des Kreisels "beim Schopf zu packen".

Stünde der Löwe an einem anderen Standort, hätte man das Gebäude vielleicht für den Heimatverein nutzen können, meinte Anne Gmelin. Heimo Linse erklärte, dass das Gebäude so heruntergekommen sei, dass wohl nur ein Abriss möglich wäre. Ob es schon einen Zeitplan gäbe, wollte er bereits eingangs wissen. Dieser sei noch offen, erklärte der Bürgermeister, eine planerische Aussage zum Kreisverkehr erwarte man aber noch in diesem Jahr.

Bis also die Abrissbagger am "Löwen" anrollen, wird wohl noch einige Zeit vergehen. Auch muss der Gemeinderat über die weitere Planung und den Abriss noch förmlich abstimmen. Dass sich das eindeutige Meinungsbild der Bürgervertreter nach dieser zweiten Ortsbesichtigung noch in eine andere Richtung dreht, dürfte nahezu ausgeschlossen sein. Höchstens die Finanzierung könnte das Projekt wohl noch verzögern, denn wie sich der kommende Gemeindehaushalt durch die Corona-Krise darstellt, ist offen.

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