Schutzmasken für chronisch Lungenkranke
Die Sinsheimer Junker-Filter GmbH arbeitet bei der Entwicklung zusammen mit der Hochschule Heilbronn

Von Brigitte Fritz-Kador
Die Hochschule Heilbronn (HHN) ist die größte Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Land. Was das bedeutet, zeigt das jüngste Projekt der HHN, das der Bund nun mit 500.000 Euro fördert: Hilfe in Corona-Zeiten für Hochrisiko-Patienten. Professorin Jennifer Niessner ist eigentlich Expertin auf dem Gebiet der Filter-Strömung, erforschte und entwickelte technische Filter wie beispielsweise Ölnebelfilter in Fertigungshallen, Lufttrocknerkartuschen in Lkw-Bremsen oder Mikroplastikfilter für Waschmaschinen.
Ihr aktuelles Projekt ist ein anderes und doch thematisch nicht so weit weg, es soll vor allem Patienten mit schweren Lungenerkrankungen dienen und helfen. Partner in der "praktischen" Umsetzung ihrer Forschungen ist die Sinsheimer Junker-Filter GmbH, wo man sich schon mit beginnender Corona-Krise der Herstellung von Masken zuwandte, die hoch schützend und "durchatembarer" sein sollten (wir haben berichtet).
Hintergrund
Die "Rundsche Essigfabrik" ist Teil der Heilbronner Industriegeschichte. Die Inhaberfamilie Mertz ist bis heute Mitglied der Gesellschaft der Stadt. Im Jahr 1811 beauftragte sie den aus Brandenburg zugezogenen jüdischen Arzt Louis Borchardt, sich um die Gesundheit der
Die "Rundsche Essigfabrik" ist Teil der Heilbronner Industriegeschichte. Die Inhaberfamilie Mertz ist bis heute Mitglied der Gesellschaft der Stadt. Im Jahr 1811 beauftragte sie den aus Brandenburg zugezogenen jüdischen Arzt Louis Borchardt, sich um die Gesundheit der Arbeiterinnen zu kümmern. In ihrer Fabrik wurde damals auch mit Blei gearbeitet, und die Auswirkungen des – wie man heute weiß – hochgiftigen Metalls, blieben den Inhabern nicht verborgen. Borchardt wurde aufgrund dieses Auftrags zu einem Pionier der Erforschung der Bleivergiftung – und zum Erfinder der Atemschutzmaske, die er im Rahmen seiner Tätigkeit für die Arbeiterinnen entwickelte. Borchardt praktizierte bis Ende der 1790er-Jahre in Lehrensteinsfeld, da er sich als Jude nicht in Heilbronn ansiedeln durfte – das wurde ihm erst dann ermöglicht, nach dem er zum christlichen Glauben übergetreten war. (bfk)
Besonders für Risikopatienten sei es wichtig, so heißt es in der Pressemeldung der HHN zum Erhalt der Bundes-Förderung, "dass der Strömungswiderstand, der sogenannte Druckverlust der Masken, klein genug ist, sodass die Atmung nicht behindert ist". Es gebe allerdings nur wenige systematische und experimentelle Studien darüber, wie diese Masken am besten herzustellen sind, um ein hohes Schutzniveau bei gutem Tragekomfort zu erzielen. Das Prinzip der Aerosolfilter ist dem der Schutzmasken ähnlich: Sie bestehen alle aus faserigen Filtermaterialien, mit Fasern, die einen Durchmesser von wenigen Mikrometern (0,001 Milimeter) haben.
Bei Feinstaub- und Aerosolnebelfiltern sind häufig Glasfasern im Einsatz. Diese können aus gesundheitlichen Gründen nicht für Masken genutzt werden. Niessner erklärt dazu: "Wir erforschen in unserem aktuellen Projekt zunächst durch Strömungssimulationen, wie Masken optimal aufgebaut sein müssen. Wir testen also, welches Filtermaterial ideal geeignet ist, um möglichst viele Tröpfchen abzuhalten. Der sogenannte Abscheidegrad soll hoch sein, dies aber bei möglichst komfortabler Atmung, denn die fällt Risikopatienten ohnehin schwer." Jennifer Niessner kooperiert neben Junker-Filter auch mit drei Klinik-Partnern in Deutschland, bei denen die klinischen Tests unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt werden sollen.
Auch interessant
Junker-Filter hatte sich schon im März der Maskenherstellung zugewandt und war zuletzt auch Station der Sommertour von Umweltminister Franz Untersteller. Hier wird man nun die Prototypen der Masken für die klinischen Tests nach den Maßgaben des Forscherteams fertigen. Niessner und ihr Team testen dabei zunächst unterschiedliche Filtermaterialien um am Ende die optimale "3D-Geometrie" der Filter zu definieren, worauf die virtuell optimierten Schutzmasken dann als reale Prototypen Messungen und Tests unterworfen werden – und man geht noch einen Schritt weiter: "Auch der Einfluss der Tragedauer und der damit einhergehenden Durchfeuchtung der Maske sowie der Einfluss von Sterilisation werden untersucht, denn die optimale Maske bietet nicht nur guten Schutz und hohen Trage-Komfort, sondern erleidet auch keine Einbußen bei häufigem Waschen mit hoher Temperatur oder sonstigen Sterilisationsmaßnahmen", sagt Niessner. Die Prognose derzeit: Spätestens im nächsten Jahr sollen die Tests anlaufen.