Schriesheim

Das Dilemma mit dem Gehwegparken

Geht die Stadt rigoroser vor, verschärft sich die Situation eher. Zudem gibt es hohe Hürden, um die Zahl der Stellplätze auszuweiten.

05.10.2022 UPDATE: 05.10.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 40 Sekunden
In den Fensenbäumen gibt es etliche ungenutzte Grundstücke, die, so ein Vorschlag von Anwohner Rolf Köster, zu Parkplätzen umgewidmet werden könnten. Foto: Dorn

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Eines der großen Gesprächsthemen in der Stadt ist gerade das Gehwegparken – vor allem, nachdem das Ordnungsamt in den letzten Wochen vor allem in den Fensenbäumen härter durchgegriffen hat. Die jüngsten Schwerpunktkontrollen in der Straße "In den Fensenbäumen" gibt es nach Auskunft von Rathaussprecherin Larissa Wagner jetzt nicht mehr, eher regelmäßige Kontrollfahrten des Ordnungsamtes. Aber das gilt für das gesamte Stadtgebiet: "Im Rahmen der regulären Verkehrsüberwachung wird ständig geprüft, ob es in einzelnen Gebieten verstärkt zu Verkehrsbeeinträchtigungen kommt. In diesem Fall werden dann entsprechend Maßnahmen ergriffen."

Bei der Frage, ob die Aktion etwas gebracht hat, gehen die Meinungen auseinander. Genaue Zahlen, wie viele Infoblätter und dann "Knöllchen" verteilt wurden, konnte das Rathaus nicht nennen, es ist sich aber sicher: "Nach dem Verteilen der Infoblätter konnte festgestellt werden, dass etwa eine Woche nach der Aktion deutlich weniger Autos auf dem Gehweg standen. Aus Sicht der Stadtverwaltung hat sich die Parksituation deutlich verbessert."

Abends verschärft sich die Parksituation in den Fensenbäumen. Die Fahrbahn ist gerade für größere Fahrzeuge zu schmal, seitdem nicht mehr auf dem Gehweg geparkt wird. Foto: Kreutzer

Anwohner berichten hingegen anderes: Zwar parken die Autos jetzt meist wie vorgeschrieben ganz auf der Fahrbahn, allerdings ist das Durchkommen, gerade für größere Fahrzeuge, eher schwierig geworden. So meint Heike Krieger, die hier seit 1999 wohnt: "Das ist ein richtiges Chaos, gerade abends. Wenn ein Krankenwagen hierher fährt, kommt der kaum durch und kann nirgends parken." Sie ist selbst von der härteren Gangart der Stadt in Sachen Gehwegparken betroffen, auch sie hatte mit zwei Rädern auf dem Trottoir geparkt und bekam einen Strafzettel, seitdem stehen brav alle vier Räder auf der Fahrbahn.

So ging es auch Rolf Köster, der im Schelmengrubweg wohnt. Auch er kassierte ein Knöllchen. Das Problem, und da sind sich Krieger und Köster einig: "Es gibt zu wenig Parkplätze für zu viele Autos", so Köster. Auch Krieger meint: "Die Parksituation wurde in den letzten Jahren immer schlimmer, es gibt immer mehr Autos." Und natürlich wissen beide, dass sie auch Teil des "Problems" sind: Köster und seine Frau hatten bis vor Kurzem auch zwei Autos, Krieger immer noch – was in diesem Wohngebiet die Regel ist. Wobei, so bestätigt Rathaussprecherin Wagner, es ja durchaus eine Stellplatzsatzung für das Wohngebiet Fensenbäume gibt: "Entsprechend der Satzung sind je nach Wohnungsgröße bis zu zwei Stellplätze je Wohneinheit nachzuweisen." Wobei Köster davon berichtet, dass sein Haushalt nur einen Tiefgaragenplatz hat. Apropos Tiefgarage: Köster hat beobachtet, dass manche sogar den Stellplatz dort nicht nutzen und den Wagen lieber im Freien abstellen.

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Natürlich machen sich die Anwohner Gedanken, was man jetzt tun könnte: Denkbar wäre es, in besonders engen Straßen, auf der einen Seite ein absolutes Halteverbot einzurichten – natürlich mit der Konsequenz, dass dann noch weitere Parkplätze wegfallen. Insofern fordert Köster deutlich mehr Schilder und eine eindeutige Regelung. Doch das Rathaus winkt ab: "In besonders schmalen Straßen besteht grundsätzlich von Gesetzes wegen bereits ein absolutes Halteverbot, wenn durch das Parken die erforderliche Restfahrbahnbreite für Rettungsfahrzeuge/Müllabfuhr nicht gewährleistet werden kann. Vor diesem Hintergrund ist aus rechtlicher Sicht eine zusätzliche Beschilderung nicht erforderlich und grundsätzlich von der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen."

Man könnte aber auch, wenn der Gehweg breit genug ist, durch Markierungen dort das Parken "legalisieren". Prinzipiell denkbar, antwortet das Rathaus auf eine RNZ-Anfrage, nur eben in den Fensenbäumen nicht, denn hier "erfüllen die Gehwege nicht die erforderliche Breite".

Radikaler sind zwei andere Vorschläge Kösters: Man könnte erstens generell die Stellplätze neu konzipieren – und so vielleicht ihre Zahl ausweiten. Dafür, so sagt die Stadtverwaltung, müsste der Bebauungsplan geändert werden, um weitere öffentliche Stellplätze auszuweisen. Für den privaten Bereich könnte die Stellplatzsatzung, "wenn gewünscht, für zukünftige Bauvorhaben angepasst werden".

Der zweite Vorschlag Kösters hat auf den ersten Blick durchaus Charme: Denn es gibt auch über 30 Jahre nach dem offiziellen Start des Wohngebiets noch einige unbebaute Grundstücke, die zum Teil verwildert sind; allein in Kösters unmittelbarer Nachbarschaft sind es zwei: "Ich wohne seit acht Jahren hier, und seitdem ist hier nichts passiert." Die Stadt könnte die doch pachten, schottern und somit für neue Stellplätze sorgen. Idealerweise könnte man kleine Parkhäuser darauf errichten, wie man es beispielsweise vom Mannheimer Flughafen in Neuostheim kennt. Somit, ist sich Köster sicher, "hätten wir auf einen Schlag mehr Parkplätze", und die Situation würde sich entzerren. Was so einfach klingt, hat aber hohe juristische Hürden, wie die Stadt erklärt: "Die Errichtung von Stellplätzen auf Baugrundstücken ist ab einer Größenordnung von 50 Quadratmetern genehmigungspflichtig. Entsprechend Paragraf 12, Absatz 2 der Baunutzungsverordnung sind in allgemeinen Wohngebieten Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig." Wollte man nun ungenutzte Baugrundstücke zu öffentlichen Stellplätzen umwandeln, müsse man wieder den Bebauungsplan ändern, gewünscht wird, ist die Änderung des Bebauungsplanes notwendig.

Das scheint aber eher im Moment unwahrscheinlich – und so wird sich an dem Grundproblem nichts ändern. Zumal das Rathaus sich ja im Recht wähnt: Die Zahl der Stellplätze – selbst wenn diese nicht ausreichen sollte – ist durch den Bebauungsplan von 1996 geregelt, und das Ordnungsamt kontrolliert die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung – also das Verbot des Gehwegparkens bei Behinderung von Fußgängern und das Halteverbot. Für Köster ist das eher unbefriedigend: "Wieso müssen die Autofahrer dafür büßen, dass die Straßen in den Fensenbäumen zu eng sind und es zu wenig Stellplätze gibt?"

Manchmal kommt es aber auch zu einem Parkchaos, für das die Anwohner nichts können. So ist Lukas Theophil aufgefallen, dass gerade rund um den nahen Sportplatz, gerade bei Fußballspielen, auf dem Gehweg geparkt wird und es so für Familien mit Kindern kein Durchkommen gibt: "Leider sind unsere sportlichen Fußballer nicht fähig, den 50 Meter entfernten Parkplatz zu nutzen, sondern parken wie die Wilden."

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