Geldverschwendung in Wiesenbach?

Land will 500.000 Euro teuren Radweg neben vorhandener Strecke bauen

Oder doch Lückenschluss? Eine Initiative um den Ex-Bürgermeister kritisiert die Pläne. Ein Bürgerbegehren ist möglich.

08.11.2022 UPDATE: 08.11.2022 06:00 Uhr 3 Minuten
Der neue Radweg soll vom Wiesenbacher Ortsausgang Richtung Langenzell entlang der Landesstraße in den Hang gebaut werden. Unweit entfernt gibt es bereits einen Radweg. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Wiesenbach. Das Land Baden-Württemberg möchte in Wiesenbach mit Unterstützung der Gemeinde einen neuen Radweg bauen. Die rund 300 Meter lange Strecke soll die Lücke zwischen dem Sportplatz und dem Hochwasserrückhaltebecken Brühl schließen und rund 550.000 Euro kosten. Doch wie sinnvoll ist das Vorhaben? Der Gemeinderat hat das Projekt jedenfalls unlängst einstimmig befürwortet, obwohl es zunächst auch kritische Stimmen gab. Eine neu gegründete Initiative um den früheren Bürgermeister Friedbert Kaiser hingegen findet: Hier wird Geld zum Fenster hinausgeschmissen, da es unweit entfernt bereits einen bestehenden Radweg gibt.

Rückblick: Im September 2021 hatte der Gemeinderat einstimmig ein Radverkehrskonzept beschlossen, das den Weg zwischen dem Parkplatz am Sportplatz und dem Hochwasserrückhaltebecken beinhaltet. Der Radweg soll südlich der Landesstraße L532 zwischen der Fahrbahn und den beiden Fußballplätzen verlaufen und am Kreisverkehr "Langenzeller Buckel" einen Übergang zu der Park- und Mitfahranlage ermöglichen. Darüber hinaus soll das dortige Neubaugebiet über den Weg über die Biddersbach-Brücke an das innerörtliche Radwegnetz angeschlossen werden. Da das Land den Bau übernimmt, forderte es eine durchgängige Breite von 2,50 Meter. Dadurch stiegen die geschätzten Kosten auf 547.000 Euro. Die Gemeinde muss rund 30.000 Euro aufbringen, was der Gemeinderat für sinnvoll hielt.

Die Initiative um den früheren Bürgermeister Friedbert Kaiser (links im Bild). Foto: Alex

Eine neu gegründete Initiative sieht das anders. Der frühere Bürgermeister Friedbert Kaiser hat einen Brief verfasst, der von Peter von Walter, Brigitte Stauber, Peter Carlin, Werner Ebinger, Thomas Hoffner, Peter Neckermann, Heinz Lägler und Ralph-Peter Fischer unterschrieben wurde. Viele weitere Unterstützer seien inzwischen hinzugekommen, so Kaiser.

Unter der Überschrift "Unnötiger Radweg in Wiesenbach – Verschwendung von Steuergeld" heißt es: "Man reibt sich die Augen und muss noch mal lesen: In Wiesenbach soll parallel zum vorhandenen Radweg beim Sportplatz ein zweiter Radweg gebaut werden." Zwischen den Sportplätzen und der Landesstraße solle der Radweg "in die Böschung gequetscht", Bäume sollen gefällt werden und Stützmauern entstehen, der Ballfangzaun solle versetzt werden und die Kostenschätzung liege bereits bei über einer halben Million Euro für 300 Meter Radweg für einen angeblichen "Lückenschluss". "Man fragt sich: Für wen eigentlich und warum?", heißt es. Die vermeintliche Lücke bestehe nicht, denn es existiere ein beliebter Radweg durch den gesamten Ort, an den Sportplätzen vorbei bis nach Langenzell.

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"Nicht nur die ergebnislose Suche nach dem Sinn dieses Vorhabens treibt die Zornesröte ins Gesicht, sondern auch die exorbitante Geldverschwendung", heißt es weiter. Der Gemeinderat nehme einfach Bezug auf ein "Sonderprogramm" von Bund und Land, das das Projekt fast zu 100 Prozent fördere. "Ergo: Ein anderer zahlt", wird die Haltung kritisiert. "Vergessen wird dabei leider, dass da Steuergelder zum Einsatz kommen, die von den Bürgern aufgebracht werden." Wieso Bund und Land "dieses unsinnige Vorhaben" akzeptieren und bereits eine Förderung zugesagt haben, erschließe sich der Initiative nicht.

"Während landesweit Existenzen auf dem Spiel stehen und viele Mitbürger auf Entlastung von Energiekosten und Preissteigerungen hoffen müssen, werfen Bund, Land und Gemeinde für dieses Projekt das Geld zum Fenster raus", heißt es. "Es gibt zig Möglichkeiten, diese Fördergelder anderweitig sinnvoll einzusetzen." Es bleibe zu hoffen, dass das Projekt die Kosten-Nutzen-Analyse und die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bestehe und dass der gesunde Menschenverstand den Gemeinderat veranlasse, das Vorhaben schnellstens zu beerdigen.

Der Ex-Bürgermeister hat sich nach eigenen Angaben seit 2003 – nach seinem Ausscheiden aus seinem Amt nach 24 Jahren – mit Kritik zurückgehalten. Einmal habe er sich eingemischt, da der Bebauungsplan "Langenzeller Buckel" nicht öffentlich ausgelegt worden sei. "Ich bin nicht mit allem einverstanden, aber hier musste ich jetzt sagen: Jetzt reicht’s!", so der 73-Jährige über die Radwegpläne. "Das schlägt dem Fass den Boden aus." Schon der Bau des Radwegs nach Langenzell sei unnötig gewesen, da man den bestehenden Weg auf der anderen Seite des Biddersbachs hätte ausbauen können. Der damals gebaute Weg solle wohl durch das neue Vorhaben "nutzbar" gemacht werden. Kaiser meint, dass er selbst leidenschaftlicher Radfahrer sei. Andernorts gebe es viel größeren Bedarf. Die Initiative will an den Gemeinderat appellieren, seine Entscheidung zu überdenken. Andernfalls sei ein Bürgerbegehren denkbar. Auch den Bundes- und Landesrechnungshof sowie den Bund der Steuerzahler hat Kaiser eingeschaltet.

Bürgermeister Eric Grabenbauer weist die Kritik auf RNZ-Anfrage zurück und meint: "Wenn das Projekt nicht sinnvoll wäre, dann hätte es der Gemeinderat auch nicht einstimmig beschlossen." Auch das Land sei von der Sinnhaftigkeit überzeugt. Die Initiative habe den Zweck des Projekts nicht erfasst. Es gehe um ein durchgängiges Radwegenetz und eine Verbesserung der innerörtlichen Anbindung. Wer mit den Plänen nicht einverstanden sei, hätte schon vor einem Jahr gegen das Radverkehrskonzept die Stimme erheben können, meint Grabenbauer. Jetzt sei dies nicht mehr sinnvoll, aber in einer Demokratie natürlich legitim. Die Vereinbarung mit dem Land sei jedenfalls inzwischen ebenso unterzeichnet wie der Vertrag mit dem Ingenieurbüro.

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