Bligger von Steinach

Graffiti-Würdigung für einen ganz großen Neckarsteinacher

Der Minnesänger genoss die Gunst dreier Kaiser. In Neckarsteinach hat er nun ein besonderes Denkmal erhalten.

30.05.2022 UPDATE: 31.05.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden
Große Kunst an der Scheunenwand erfreut (v.l.): Elke Krebs, Marlene Lethaus, Dieter Jooß, Elisabeth Hinz, Christoph Feuerstein, Herold Pfeifer, Gert Joffe und Volker Buser. Foto: Alex

Von Meike Paul

Neckarsteinach. Der "Roland Kaiser der Vierburgenstadt". Volker Buser ist sich sicher: Hätte Minnesänger Bligger von Steinach in der heutigen Zeit gelebt, er hätte Goldene Schallplatten gewonnen, hätte in Hallen wie der SAP-Arena gespielt und wäre in Florian Silbereisens TV-Shows aufgetreten.

In Vertretung von Landrat Christian Engelhardt gratulierte der Kreisbeigeordnete in unterhaltsamer Weise nun zum haushohen Graffiti an der Scheunenfassade gegenüber des Treidlerbrunnens, das den Edelherrn mit Wappen-Harfe zeigt.

Am Sonntag konnte das Wandbild von Sprüh-Künstler Marco Billmaier endlich eingeweiht werden. Durch Spenden sowie die Organisation des Heimat- und Kulturvereins in Kooperation mit der Gruppe "Zusammenleben am Neckar" hat Neckarsteinachs "berühmtester Sohn", wie ihn Bürgermeister Herold Pfeifer nannte, nun ein Denkmal gesetzt bekommen.

"Darüber sind wir sehr froh und wollen uns auch bei der Scheunen-Besitzerin Elke Oestreicher-Krebs bedanken", so der Rathauschef weiter. Denn dass sie ihre Fassade sofort zur künstlerischen Aufbereitung bereitstellte, sei schließlich keine Selbstverständlichkeit.

Auch interessant
Neckarsteinach: Bligger wird für alle sichtbar
: Neckarsteinach feiert den 875. Geburtstag eher "klein, aber fein"

Pfeifer dankte daneben dem Graffiti-Künstler und auch der Initiative, welche die Umsetzung möglich gemacht hatte: "Berlin, Hamburg, München, Frankfurt – überall zieren Graffitis das Stadtbild und nun sind auch wir in Neckarsteinach um diese Kunst reicher."

Zahlreiche Bürger, aber auch Vertreter der Politik, waren zur Einweihung des Wandbildes gekommen. An den voll besetzten Tischen des Cafés Geopark und des "Schwanen" schlürften sie ihren Morgenkaffee und ließen sich Kuchen schmecken. Dabei wurden sie von Minnesänger Bligger "bewacht", dessen Abbild erhaben über dem Platz prangt.

Marlene Lethaus zupfte wie einst der Meister die Harfe, ließ mystische Melodien erklingen und zeichnete akustisch auch die plätschernde Wellenbewegung des Neckars nach. Idyllisch und träumerisch – so wie die Texte des Minnesängers, der das Ansehen dreier deutscher Kaiser genoss.

Die langjährige ehemalige Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins Elisabeth Hinz lieferte einen historischen Abriss zum Leben und Wirken des Minnesängers. Sie selbst kam vor 55 Jahren nach Neckarsteinach und hat die historische Geschichte des Städtchens zu lieben gelernt.

Die Anwesenden erfuhren von ihr, dass Bligger von Steinach den Staufer-Kaiser Friedrich I. Barbarossa im Jahre 1189 auf dessen Kreuzzug nach Jerusalem begleitet haben soll und sich gemeinsam mit dessen Sohn Heinrich VI. dem Minnesang zugewandt hatte.

Urkundlich erwähnt sei sogar, dass Bligger bei der Krönung Heinrichs zum König von Sizilien zugegen gewesen sein soll. Harfe spielte der Edelherr hingegen mit Welfenkaiser Otto I.

"Spätere Germanisten beschreiben ihn als eine typische Gestalt des Hochmittelalters, als sich das ritterlich höfische Leben reich zu entfalten begann", erklärte Elisabeth Hinz, die auf die Blütezeit des Minnesangs verwies. Ein Zeitgenosse wie Gottfried von Straßburg hat Bligger sein berühmtes Epos "Tristan" gewidmet, in dem er den Steinacher für seine Wortgewandtheit und Musikalität lobte.

Daneben sei er mit seiner Liebeslyrik in der um das Jahr 1300 entstandenen Minne-Sammlung "Manessische Liederhandschrift" erwähnt, die "seit 1888 zu den großen Schätzen in der Heidelberger Universitätsbibliothek" gehört, so die Rednerin weiter.

An all dies erinnert nun künftig das Graffiti in Neckarsteinach seine Betrachter – und wird durch seine Modernität vielleicht auch den ein oder anderen jungen Menschen dazu motivieren, sich zu fragen: "Wer oder was war denn eigentlich dieser Bligger?"

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.