Dossenheim

Arbeit in der Gemeinde hält sie bei der Stange

Dorothee Kuhn erläutert, warum sie als Frau in der katholischen Kirche aktiv bleibt. Sie will die Kritik am Synodalen Weg "aufdröseln".

05.08.2022 UPDATE: 05.08.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 37 Sekunden
Die ihr am Herzen liegende Gemeindearbeit vor Ort hält Dorothee Kuhn in der katholischen Kirche, nicht Rom. Foto: Alex

Von Felix Hüll

Dossenheim. "Ich habe auch schon vor der Frage gestanden: Ziehe ich die Reißleine? Aber die Arbeit vor Ort hat mich zurückgehalten. Da sieht man Zusammenhalt und Erfolge direkt." Das sagt eine ehrenamtlich aktive und engagierte Katholikin. Dorothee Kuhn ist als Frau eine von vielen Laien, ohne die der Alltag katholischer Gemeinden gar nicht funktionieren würde.

Zuletzt nach der jüngsten Verbalattacke aus Rom gegen die deutschen Bemühungen zur Kirchenerneuerung mit dem "Synodalen Weg" sehen sie sich ein weiteres Mal mit der Frage konfrontiert: Was lässt sie weiter in so einer Institution mitarbeiten?

Missbrauchsvorwürfe, undemokratische Strukturen, hierzulande als rückwärtsgewandt empfundene gesellschaftliche wie moralische Verhaltensvorstellungen kennzeichnen die aktuelle Wahrnehmung der katholischen Kirche. Gläubige kehren ihr in Scharen den Rücken.

Dorothee Kuhn hingegen ist Mitglied des Kirchengemeinderats in der Seelsorgeeinheit Schriesheim/Altenbach/Dossenheim und Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands sowohl als Teamsprecherin in Dossenheim als auch im gesamten Dekanat Heidelberg-Weinheim. "Ich erlebe das schon in meinem beruflichen Umfeld, dass ich gefragt werde: Echt? Wie kannst Du nur?" Dies sei gar nicht mal böse gemeint, sondern eher Ausdruck ungläubigen Staunens und Neugier, berichtet Dorothee Kuhn. Sie sagt, wenn sie dann ihre Beweggründe erkläre, "wird mir schon Verständnis entgegengebracht."

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Die rund 7900 Gemeindemitglieder der Seelsorgeeinheit pflegten ein aktives Gemeindeleben mit Gottesdiensten, Ministranten-, Frauen- und Männergruppen-Arbeit, mehreren Chören, Sport, Alten- und Krankenbesuchsdienst.

Glück mit dem Pfarrer

Im engeren Kreis seien rund 50 Personen engagiert. Nehme man auch zeitweise Aktivitäten wie Krippenspiel oder Sternsinger hinzu, weiß Kuhn von 150 bis 200 Ehrenamtlichen. "Und wir haben hier das große Glück, einen tollen Pfarrer zu haben, der hinter vielen Dingen steht. Er legt den Finger in die Wunde und äußert seine Meinung. Das bringt viel Zuspruch, aber auch kritische Rückmeldungen", beschreibt Kuhn ein Gemeindeleben, in dem gelegentlicher Widerspruch Belebung statt Stillstand sei.

"Ich fühle mich hier verortet, bin hier geboren und aufgewachsen", sagt Kuhn. Stört es die Verantwortung Tragende da nicht, dass Laien, darunter besonders den Frauen, formal Grenzen gesetzt werden? "Ja, meine Ansichten zur Rolle der Frau in der Kirche stehen im Kontrast zur Lehrmeinung", räumt Kuhn ein. "Wir haben keine Demokratie in der Kirche. Ganz anders vor Ort, in der Gemeinde oder in der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands. Aber ich denke mir, steter Tropfen höhlt den Stein. Wo viele sind, da kann was passieren."

Sie und Mitstreiterinnen mit ähnlichen Ansichten wollten ja gar keine neue Kirche gründen. "Aber ich halte es nicht für nutzlos zu zeigen: Da sind viele, die so denken." Natürlich habe sie sich schon wiederholt überlegt, wieso sie all das unterstütze. "Das ist ein Signal nach oben, nach Freiburg: Da sind nicht nur drei, sondern 300 – vielleicht kommt dieser Switch dann doch mal", so Kuhn. Irgendwann sei ja auch mal statt des Lateinischen Ritus die Messe in Landessprache eingeführt worden. Klar sei ihr allerdings auch, dass die katholische Kirche in Asien oder Afrika einen ganz anderen Status habe.

Die jüngste Kritik Roms am deutschen "Synodalen Weg" müsse man auch aufdröseln: "Die daran Beteiligten sind ja auch Theologen, Bischöfe, Kleriker, die mit den Aspekten vertraut sind und wissen, dass sie nur Vorschläge machen können. Es war erwartbar, dass so eine Reaktion kommt." Erwartbar sei ja auch, dass im Herbst Ergebnisse der Missbrauchsstudie für die Erzdiözese Freiburg anstehen. Kuhn sagt: "Das wird dann nicht anders sein als anderswo auch."

Gleichzeitig läuft auch für Dossenheim, Schriesheim und Altenbach der Prozess der "Kirchenentwicklung 2030", bei der in der ganzen Erzdiözese Freiburg aus 224 Seelsorgeeinheiten 36 Pfarreien werden sollen. Im Dekanat Heidelberg-Weinheim werde es dann eine Pfarrgemeinde Nord und eine Süd geben mit nur noch jeweils drei Priestern. "Klar ist das ein Widerspruch: hier der Primat der Bischöfe und dort der Wunsch nach engagierten Ehrenamtlichen. Es wird darauf hinauslaufen, dass Ehrenamtliche Wortgottesdienste selbst halten", sagt Kuhn voraus.

Um das Leben in den Großgemeinden aufrechtzuerhalten, werde die Kirche auf die engagierten Mitglieder angewiesen sein. Kuhn formuliert es als Frage, wie man da etwa auf die Frauen oder auf geschlechtergerechte Bezahlung verzichten wolle. Kuhn: "Mir ist jetzt wichtig, dieses Zusammengehen zu begleiten. Ich bin also nicht vorrangig für Dekanat oder Diözese aktiv, meine Motivation ist tatsächlich die Arbeit vor Ort."

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