Wiesloch

Viel ungenutzter Platz für Sonnenenergie

Beim Zuwachs an Solaranlagen hinkt Wiesloch im Vergleich mit den Nachbarstädten hinterher.

21.02.2023 UPDATE: 21.02.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 41 Sekunden
Dächer gibt es jede Menge in Wiesloch, Fotovoltaik-Anlagen finden sich darauf aber eher selten. Die Stadtpolitik ist sich uneins über den richtigen Weg, den Ausbau voranzutreiben. Foto: Pfeifer

Von Konrad Bülow

Wiesloch. Der Anblick von Solaranlagen auf Dächern ist in Wiesloch eher selten. Dass die Große Kreisstadt beim Ausbau der erneuerbaren Energie hinterherhinkt, zeigt unter anderem das Vergleichsportal Selfmade Energy anhand von Daten der Bundesnetzagentur. 2050 Städte wurden dafür ausgewertet. Das Ergebnis: 2022 wuchs die Zahl der Solaranlagen pro Kommune im Schnitt um 16 Prozent. In Wiesloch waren es in diesem Zeitraum aber nur 12 Prozent. Das entspricht genau 88 Anlagen.

Auch die meisten umliegenden Städte stehen besser da. Walldorf vergrößerte seinen Bestand an Fotovoltaik-Anlagen innerhalb des vergangenen Jahres um 13,7 Prozent, Rauenberg sogar um 17,6 Prozent – damit liegt diese Stadt sogar über dem Bundesschnitt. In der Wieslocher Stadtpolitik herrscht jedoch Uneinigkeit darüber, wie der Ausbau der Solarenergie auf Dächern vorangetrieben werden kann. Die Fraktion der Grünen im Gemeinderat will eine Abstimmung über eine Änderung der seit 1980 gültigen Altstadtsatzung.

Das Thema soll nach dem Willen der Grünen in der Sitzung am 1. März aufgerufen werden. Die Altstadtsatzung mit ihren Vorgaben sieht der Ortsverband als größtes Hindernis für die Aufrüstung von Dächern an. Die Verwaltung hingegen will das Regelwerk nicht antasten – und stattdessen immer im Einzelfall entscheiden, ob Solarpaneele zulässig sind. Diese Einzelfallprüfung bedeutet nach Ansicht von Grünen-Fraktionschef Gerhard Veits einen Aufwand, der so manchen Bauherren abschreckt.

Zwar kommen Worte wie "Solaranlage" oder "Fotovoltaik-Anlage" in der Satzung gar nicht vor. Sind geplante Anlagen aber von der Straße aus sichtbar, werden allgemeine Vorschriften zur Baugestaltung angewendet. Bauwerke, Bauteile und Baugestaltung müssen sich demnach "in ihre Umgebung einfügen". Durch "Neu-, Um- und Anbaumaßnahmen dürfen historische oder das Stadtbild prägende Räume nicht beeinträchtigt werden", heißt es außerdem. Nach der Ansicht von Veits wird der Bau von Solaranlagen in der Altstadt damit zum Ding der Unmöglichkeit. Dabei habe sich die Stadt im Klimaschutzkonzept das Ziel gesetzt, jährlich 100 Fotovoltaik-Anlagen neu zu installieren, betonen die Grünen. Anders sei die Vorgabe, 2040 klimaneutral zu sein, nicht zu erreichen.

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Die Nachbarstadt Walldorf hat 2022 die Änderung ihrer Altstadtsatzung beschlossen. Wieslochs Oberbürgermeister Dirk Elkemann spricht sich dagegen aus, diesen Weg ebenfalls einzuschlagen. Zum einen hat er rechtliche Bedenken, zum anderen betrachtet er die jetzigen Regeln nicht als so einschränkend, wie es die Grünen tun. Die Altstadtsatzung sei nur ein mögliches Hindernis, wenn die Solaranlagen von der Straße aus sichtbar sind. Sei dies nicht der Fall – zeigen die Paneele auf den Flächen etwa in Innenhöfe – greife nicht die Altstadtsatzung, sondern das Baugesetzbuch. Der Bau von Solaranlagen gilt dann als wesentlich unproblematischer.

Die Altstadtsatzung so zu formulieren, dass sie alle "die Vielzahl an möglichen Sachverhalten" abdeckt, die die Installation einer Solaranlage begleiten können, hält der Oberbürgermeister für kompliziert. Zu allgemein sollte das Regelwerk seiner Ansicht nach auch nicht gehalten sein. Letztlich fürchtet er einen hohen Aufwand für die Verwaltung bei der Änderung der Satzung – die in der neuen Form dann auch noch vom Regierungspräsidium akzeptiert werden müsste.

"Eine Einzelfallprüfung wäre auch bei einer geänderten Satzung weiterhin nötig", sagt Elkemann. Deshalb hält er es für den besseren Weg, bei diesen Prüfungen zu bleiben, sie aber wohlwollend zu gestalten. Zumal so eine Prüfung auch mit Beratung einhergehen könne. Des Weiteren dürften auch die bisherigen Ziele zur Gestaltung der Altstadt nicht aus den Augen gelassen werden: "Da muss man abwägen."

Der Verwaltungschef verweist auch auf die Möglichkeit, farbige Module zu nutzen, die das Kriterium des Einfügens in die Umgebung eher erfüllen könnten. Grünen-Fraktionschef Veits sieht diese Lösungen kritisch, weil sie teurer sind als herkömmliche Module.

"Es ist Luft nach oben", sagt Oberbürgermeister Elkemann mit Blick auf die überschaubare Zahl an Fotovoltaik-Anlagen. Ein weiteres Mittel zur Besserung sieht er in mehr Anlagen auf Freiflächen. Nach einem Beschluss des Technikausschusses sollen mehrere solcher Fotovoltaik-Flächen am Wietalbad entstehen. Künftig könnten auch an größeren Straßen um Wiesloch Energieträger hinzukommen. Das Land Baden-Württemberg will Fotovoltaik-Anlagen auf 260 Freiflächen in Innenohren und Dreiecksflächen an Bundes- und Landstraßen ermöglichen. Eine Sprecherin des Landesverkehrsministeriums bestätigte, dass dabei auch die Straßen bei Wiesloch infrage kommen. Konkret gehe es um die Wieslocher Auffahrt der B3, sagte Elkemann, ferner um Bereiche in der Nähe der L723 und der Kreuzung mit der A6.

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