Haushalt trotz Pandemie um 8,4 Millionen Euro verbessert
Die Ausgaben in Höhe von 14 Millionen Euro werden in 2021 übertragen.

Von Sophia Stoye
Wiesloch. Es sind positive Zahlen, dennoch ist der Wieslocher Gemeinderat negativ gestimmt: Der städtische Ergebnishaushalt schließt 2020 mit einem ordentlichen Überschuss von mehr als 8,1 Millionen Euro ab. Gegenüber der Planung hat sich das Ergebnis damit um knapp 8,4 Millionen Euro verbessert. Auch das außerordentliche Ergebnis hat mit einem Überschuss von knapp 270.000 Euro eine positive Bilanz. Damit beläuft sich der Gesamtüberschuss 2020 auf mehr als 8,4 Millionen Euro. Wie kann das bei Wieslochs Aufgabenfülle und trotz Pandemie sein?
"Corona hat viel ins Stocken gebracht", erklärte Wieslochs Kämmerin Petra Hoß auf RNZ-Nachfrage, "vor allem im investiven Bereich". Und wenn weniger Investitionen getätigt würden, dann müssten auch keine neuen Darlehen aufgenommen und keine neuen Zinsen gezahlt werden, so Hoß. Außerdem habe die Stadt mit einem verstärkten Einbruch der Gewerbesteuer gerechnet. "Das haben wir mehr kompensieren können als gedacht."
Laut dem Budgetschlussbericht der Stadt wurden mit rund 78 Millionen Euro bis zum Jahresende 2020 knapp 7 Millionen Euro mehr eingenommen als geplant. Weiterhin hat die Stadt 1,5 Millionen Euro weniger ausgegeben als gedacht: etwas mehr als 70 Millionen Euro. Davon sind rund 55,7 Millionen Euro für Sachaufwendungen ausgegeben worden, der Rest waren Personalkosten. Das gesamte Haushaltsvolumen lag bei rund 95 Millionen Euro.

Im Zentralbereich der Stadtverwaltung, wie den Bereichen "Innere Verwaltung" und "Allgemeine Finanzwirtschaft", konnten im Ergebnishaushalt 5,5 Millionen Euro mehr erwirtschaftet werden. Dem Schlussbericht zufolge sind mit gut 14,7 Millionen an Gewerbesteuern 1,2 Millionen Euro mehr eingenommen worden als erwartet, außerdem sind mehr Zuweisungen beim Finanzausgleich der Grund. Ferner hat Wiesloch 3,2 Millionen Euro erhalten, um die coronabedingten Gewerbesteuerausfälle zu kompensieren.
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Im Finanzhaushalt, der die tatsächlichen Geldflüsse abbildet, war für vergangenes Jahr ein Überschuss an Zahlungsmitteln des Ergebnishaushaltes von rund 108.000 Euro geplant. Mit mehr als 10,8 Millionen Euro, die bis zum Jahresende erwirtschaftet wurden, ist auch diese Zahl weitaus positiver. Laut Budgetschlussbericht liegt das an höheren Einzahlungen bei den Steuern und den Zuweisungen. Außerdem an geringeren Kosten für Sach- und Dienstleistungen sowie für Zinsen.
52 Prozent der geplanten Investitionen getätigt
Für Investitionen standen im Finanzhaushalt rund 30,4 Millionen Euro zur Verfügung. Etwa 52 Prozent davon wurden tatsächlich ausgezahlt: rund 15,8 Millionen Euro. Dabei entfielen 5,5 Millionen Euro auf den Neubau der Esther-Bejarano-Schule, 2,7 Millionen auf die Sanierung der Bertha-Benz-Realschule, für den Neubau des Baiertaler Feuerwehrhauses wurden 1,05 Millionen ausgegeben, außerdem wurde in Hochwasserschutzmaßnahmen investiert, wie Hoß berichtete. Dass weitaus weniger Investitionen getätigt werden konnten als geplant, hängt der Kämmerin zufolge ebenfalls mit der Coronakrise zusammen, ausgebuchten Baufirmen oder Ausschreibungen, die länger gedauert hatten als geplant.
In den diesjährigen Haushalt wurden Ausgabereste in Höhe von über 14 Millionen Euro übertragen, wie der Rat einstimmig entschied. Darunter sind beispielsweise über drei Millionen Euro für die Sanierung der Realschule oder etwa 1,5 Millionen Euro für den Hochwasserschutz am Waldangelbach. Die Verschuldung der Stadt hat sich unterdessen weiter erhöht: 2020 auf insgesamt 39,1 Millionen Euro. Gleichzeitig wurden vergangenes Jahr Schulden in Höhe von 2,1 Millionen Euro getilgt und ein neues Darlehen in Höhe von vier Millionen Euro aufgenommen – nicht wie geplant in Höhe von 20,1 Millionen. "Wenn die Investitionen nicht fließen, dürfen wir auch keine Gegenfinanzierung aufnehmen", so die Kämmerin.
"Das sind zunächst sehr positive Zahlen", so Oberbürgermeister Dirk Elkemann. Aber es sei ungewöhnlich, dass Haushaltsreste in einer solchen Höhe übrig blieben. "Das ist uns ein Dorn im Auge", meinte Elkemann: "Wir nehmen uns regelmäßig zu viel vor, wir sind zu ehrgeizig." Bei der Anmeldung künftiger Projekte werde man massiv darauf schauen müssen, was realistisch sei. "Nach dem momentanen Stand könnte man eigentlich sagen: Es gibt keine Neuanmeldungen mehr, wir arbeiten das ab, was bislang im Haushalt steht", so der OB.
Thorsten Krings wollte wissen, was das für das Thema Digitalisierung heiße. "Es wäre fatal, wenn wir da ins Stocken kommen", so der FDP-Rat. Ein Digitalisierungskonzept sei bereits verabschiedet worden, antwortete Hauptamtsleiterin Andrea Gärtner. Zudem werde zum 1. September hin eine Digitalisierungsbeauftragte eingestellt. "Wir haben begonnen, in alle Bereiche zu gehen und die Bedarfe zu ermitteln", schilderte Gärtner.
"Die Freude über den verbesserten Haushalt währt nur kurz", sagte Michael Wanner (CDU). Die Corona-Folgen würden sich in den nächsten Jahren bemerkbar machen. "Haushaltsdisziplin ist nach wie vor geboten", appellierte er. Dass der Haushalt besser aussehe als geplant, sei nicht "unsere Eigenleistung", so Katharina Ebbecke (Grüne). Coronabedingt habe man zwar weniger Einnahmen erzielt, dafür aber Ausgleichshilfen erhalten.
Was den diesjährigen Ergebnishaushalt angeht, wird bisher ein überwiegend planmäßiger Verlauf erwartet, wie Kämmerin Hoß erklärte. Der geplante Überschuss in Höhe von knapp 25.000 Euro kann sich laut Hochrechnung um 900.000 Euro erhöhen. Im Finanzhaushalt sind Einnahmen in Höhe von 7,4 Millionen Euro geplant. Tatsächlich eingegangen sind allerdings erst etwa 500.000 Euro, 6,7 Prozent. Für Investitionen stehen in diesem Jahr 32,5 Millionen Euro zur Verfügung, verwendet wurden bis Ende Mai rund 15,8 Prozent, etwa 5,1 Millionen Euro.