Große Projekte in Walldorf werfen ihre Schatten voraus

In Walldorf wurden 2016 zahlreiche grundlegende Entscheidungen getroffen. Ein Rückblick mit Bürgermeisterin Christiane Staab.

03.01.2017 UPDATE: 05.01.2017 06:00 Uhr 5 Minuten, 43 Sekunden

Der Arbeitskreis Asyl übernimmt in Walldorf wichtige Aufgaben, um Flüchtlinge in die Gesellschaft und das Arbeitsleben zu integrieren. Das neue Begegnungshaus, ein wichtiger Mosaikstein, wurde Ende April in Betrieb genommen. Foto: Pfeifer

Von Armin Rößler

Walldorf. "Es war ein einmaliges Erlebnis, dass die Bundeskanzlerin nach Walldorf gekommen ist", nennt Bürgermeisterin Christiane Staab ihr persönliches Highlight des Jahres 2016, "ganz unabhängig von der politischen Bewertung". Walldorfs Bürgermeisterin findet, dass der Besuch von Kanzlerin Merkel "der ganzen Region eine Würdigung verleiht", es sei für alle, "die da waren, ein prägendes Erlebnis" gewesen. "Nur schade, dass nicht mehr Menschen teilnehmen konnten", aber mit 1400 Besuchern sei die Kapazität der Astoria-Halle ausgeschöpft gewesen. Dass dann wenig später auch noch Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei einer weiteren Wahlkampfveranstaltung die Astorstadt beehrte, macht die Bürgermeisterin "schon stolz", auch das sei "ein großartiges Erlebnis" gewesen.

Walldorfs Bürgermeisterin Christiane Staab wünscht allen Bürgern der Astorstadt ein gutes neues Jahr. Foto: Pfeifer

Was künftige Bauprojekte angeht, wurden im Jahr 2016 "ganz grundlegende Entscheidungen getroffen", blickt Christiane Staab zurück. Für den Bau einer Mensa mit Räumen für die Ganztagsbetreuung sowie den Neubau einer Sporthalle am Schulzentrum (die alte Halle wird anschließend abgerissen) wurde die konkrete Feinplanung durchgearbeitet, "sodass die Nutzer auch das finden, was sie brauchen". Im November wurde die Maßnahme mit Gesamtkosten von 25,5 Millionen Euro dann vom Gemeinderat beschlossen.

Bereits gebaut wird an zwei Wohnhäusern im Passivhausstandard in der Bürgermeister-Willinger-Straße, die für den sozialen Wohnungsbau gedacht sind. Spatenstich war im September, "man sieht, dass es schnell vorwärtsgeht", so die Bürgermeisterin. Für 4,6 Millionen Euro schafft die Stadt 26 Sozialwohnungen und hofft, "dass wir damit ein bisschen die schwierige Wohnungssituation mildern können". Dabei geht es nicht nur um die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen, sondern auch ganz allgemein von Menschen mit Wohnberechtigungsschein, ein Bereich, in dem eine lange Warteliste besteht. "Wir müssen für die sorgen, die bei diesem freien Spiel der Kräfte keine Chance mehr haben", drückt es Christiane Staab aus und ergänzt: "Jeder Mensch braucht eine Wohnung, das ist wirklich eine ganz wichtige Aufgabe." Trotz "knappster Flächenressourcen" will sich die Stadt dieser Herausforderung auch künftig stellen. Im Blick hat man dabei die doch sehr hohen Kosten. "An die Standards werden wir politisch noch mal drangehen müssen", überlegt die Bürgermeisterin. Dabei versteht sie nach eigenen Worten durchaus den Standpunkt, dass sich eine Stadt wie Walldorf den Beitrag zum Klimaschutz leisten kann und es nicht bei "Sonntagsreden" bleiben darf. Und trotzdem sei es eine Aufgabe für die Planer, "gangbare Wege" zu finden, den sozialen Wohnungsbau bezahlbar zu machen, "die Mitte zu finden, ohne wichtige Klimaschutzmaßnahmen über Bord zu schmeißen". Denn, so Christiane Staabs Appell: "Auch finanzschwächere Kommunen müssen bauen können."

"Ein sehr schönes Projekt im Grünen" werde das neue Kinderhaus, das im Gewann Hof in der Nähe der Kleingartenanlage und am Waldrand entstehen soll. "Zum Glück haben wir diese Fläche noch gehabt", sagt die Bürgermeisterin. Für das Kinderhaus wurde 2016 ein Architekturwettbewerb durchgeführt, den eine Arbeitsgemeinschaft aus Nürnberg gewonnen hat. In der sechsgruppigen Einrichtung sollen Kinder über und unter drei Jahren betreut werden, die Baukosten werden derzeit auf voraussichtlich vier Millionen Euro beziffert. Mit der Umsetzung soll im neuen Jahr möglichst zügig begonnen werden, denn die Betreuungsplätze werden dringend gebraucht. Ebenfalls im Gewann Hof entsteht ein weiterer Waldkindergarten, der noch 2017 bezogen werden soll. Da es sich um eine Ganztagseinrichtung handeln wird, ist es mit einem Bauwagen nicht getan, sondern es wird eine Blockhütte benötigt. Die Bürgermeisterin verspricht ein "Objekt, das sich gut in den Wald integriert", und ist sich sicher: "Das wird eine schöne Einrichtung."

Der dringendste Bedarf im Krippen- und Kindergartenbereich sollte dann gestillt sein, zumal man seitens der Verantwortlichen hofft, dass wenn die Aufsiedlung des zweiten Bauabschnitts von Walldorf-Süd beginnt, die meisten Kinder aus dem ersten Teil des Neubaugebiets schon in die Schule gehen. "Der ganz große Druck wird dann abebben", glaubt die Bürgermeisterin, weiß aber auch: "Dann sind wir im Schulbereich gefragt." Die Schillerschule platze schon jetzt aus allen Nähten, man müsse sich aktiv mit der Frage auseinandersetzen, ob die Waldschule im Grundschulbereich nicht dreizügig werden kann. Auch rund um die Sambugaschule ist noch einiges zu klären: Die vakante Schulleiterstelle wird zum kommenden Schuljahr neu besetzt, für die Stadt ein wichtiges Signal des staatlichen Schulamts, dass das sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum, wie von Verwaltung und Gemeinderat gewünscht, Walldorf auch künftig erhalten bleibt. "Es ist wichtig, dass wir das Angebot aufrechterhalten", sagt Christiane Staab, und zwar gleich aus zweierlei Gründen: Zum einen werde an den anderen Schulen der Astorstadt inklusiv gearbeitet, hier könne seitens des sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums Beratung und Hilfestellung geleistet werden. Und darüber hinaus sieht die Bürgermeisterin allen inklusiven Angeboten zum Trotz auch künftig den Bedarf für eine Förderschule.

Geklärt werden soll im Jahr 2017 der Standort der Sambugaschule. Das aktuelle Gebäude ist "dringend sanierungsbedürftig", es wird geprüft, ob eher eine Sanierung oder gleich ein Abriss in Frage kommt. Bei einem Erhalt des Hauses wird es dann darum gehen, in welcher Funktion es genutzt wird, "da sind viele Gedankenspiele nötig, um eine gute Lösung zu finden". Und für die Sambugaschule sei denkbar, dass ihr neuer Standort "in Richtung Waldschule geht". Dort müsse sich zudem zeigen, wie lange das Werkrealschul-Angebot noch bestehen bleibt.

Ebenfalls offen ist der künftige Standort der Walldorfer Feuerwehr, nachdem das Feuerwehrhaus längst zu klein geworden ist. "Da werden wir Anfang des neuen Jahres an den Gemeinderat herantreten", um den neuen Standort zu klären, so die Bürgermeisterin.

Einen Schritt weiter ist man mit dem Bebauungsplan für den zweiten Abschnitt von Walldorf-Süd. Nachdem sich der Gemeinderat 2014 für keinen der beiden noch unbebauten Teilbereiche entscheiden konnte, hat er sich inzwischen auf den 8,3 Hektar großen östlichen Abschnitt festgelegt. "Das ist ein schöner Bebauungsplan, der viel Spielraum für individuelles Wohnen lässt, aber beispielsweise auch Geschosswohnungsbau berücksichtigt", meint die Bürgermeisterin. Die Umlegung will man "zeitnah angehen", allerdings werde es wohl noch zwei Jahre dauern, bis gebaut werden kann. Immerhin sind die Eidechsen bereits umgesiedelt; für die Plattform, die Begegnungsstätte für Obdachlose, ist allerdings noch keine konkrete neue Bleibe gefunden worden. "Das ist echt schwierig", sagt Christiane Staab, ist sich aber sicher: "Wir werden auch dafür eine Lösung finden."

Zahlreiche Veranstaltungen prägten das Jahr 2016: Gut besucht war im Vorfeld der Landtagswahl eine Veranstaltung für Jugendliche, die mit dazu beigetragen haben, "dass mehr Jugendliche wählen". Ebenfalls auf reges Interesse stieß die Demenzwoche: Es sei wichtig, dass sich vor allem Angehörige untereinander austauschen können, aber auch Informationen erhalten, welche Angebote existieren, findet Christiane Staab. Daneben wollte man älteren Menschen zeigen, "was man tun kann". In Walldorf gibt es beispielsweise seit 2016 eine ambulante Dementengruppe im Astor-Stift, die pflegende Angehörige entlasten soll. Der laufende Seniorenbus ist inzwischen eine feste Institution, auch der Einkaufsbus hat sich nach anfangs eher verhaltener Nachfrage inzwischen so gut etabliert, dass man über eine zweite Tour am selben Tag nachdenkt. "Wir freuen uns, wenn wir einfach mal jemandem einen Markttag möglich machen können, der sonst allein in der Wohnung sitzt", gilt die Einladung zum Angebot allen Walldorfer Senioren.

Im Rückblick auf 2016 schwärmt die Bürgermeisterin von "tollen Veranstaltungen" wie der ersten "Walldorfer Gartenlust" auf dem Freibadgelände. Trotz schlechtem Wetter habe man einen guten Zulauf und großartige Rückmeldungen verzeichnet, sodass an eine Wiederholung 2018 gedacht ist. Der große Waldtag gemeinsam mit Reilingen in der Schwetzinger Hardt sei ebenfalls "ein tolles Erlebnis" gewesen. Als "perfekter Auftakt für die Inbetriebnahme des sanierten städtischen Stadions" erwies sich die U 18-Gala der Leichtathleten, organisiert von der SG Astoria, bei der zahlreiche hochkarätige Sportler an den Start gingen. 2017 soll das Waldstadion dann mit dem geplanten Sanitärgebäude komplettiert werden. "Superstolz" auf den FC-Astoria zeigt sich die Bürgermeisterin, nachdem die Walldorfer Fußballer mit den Siegen über Bochum und Darmstadt gleich zwei Pokalwunder vollbracht haben und nun am 7. Februar Arminia Bielefeld empfangen. "Wir freuen uns alle auf das Spiel und drücken die Daumen, damit der FC-Astoria den Namen Walldorf noch weiter durch Deutschland trägt", sagt Christiane Staab. Ohnehin gilt ihr Dank allen Vereinen und Ehrenamtlichen, die wichtige Aufgaben übernehmen, "die eine Stadt nicht leisten kann".

Eines der Beispiele dafür ist der Arbeitskreis Asyl, der sich 2016 über die Eröffnung des Begegnungshauses im ehemaligen evangelischen Pfarrhaus freuen durfte, aber weiter aktive Mitstreiter in den unterschiedlichsten Bereichen sucht. "Wir müssen schauen, dass diese Arbeit verstetigt wird, um die Flüchtlinge in Arbeit und Gesellschaftsleben zu integrieren", sagt die Bürgermeisterin. Geräumt werden konnte die Notunterkunft im Gewerbegebiet, die nun in eine reguläre Gemeinschaftsunterkunft umgebaut wird. Dass die Zahlen der Neuankömmlinge deutlich zurückgegangen sind, "hilft uns, diejenigen, die schon da sind, gut zu integrieren". Auch in der Anschlussunterbringung sei man in Walldorf zuversichtlich, die geforderten Quoten erfüllen zu können.

Ein Thema, das schon beim Neujahrsempfang am Sonntag, 15. Januar, im Mittelpunkt stehen wird, ist Walldorfs Weg zur "Fair-Trade-Stadt". Christiane Staab sieht "eine der großen Zukunftsaufgaben" darin, sich stärker damit zu beschäftigen, "welche Folgen es hat, wie Dinge produziert und transportiert werden". Nach ihrer Überzeugung ist ein großer Teil der Flüchtlingsproblematik der Tatsache geschuldet, "dass wir die Menschen in der Dritten Welt aus den Augen verloren und nicht über unser Konsumverhalten nachgedacht haben".

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.