Kindergarten wird für 2,8 Millionen Euro saniert
Einstimmiger Beschluss zu "St. Josef" - Eigenanteil der politischen Gemeinde bei 960.000 Euro

Der Kindergarten St. Josef in Mühlhausen wird für 2,8 Millionen Euro saniert und erweitert. Hierfür flossen erhebliche Zuschüsse von Bund und Land, sodass bei der politischen Gemeinde Kosten von 960 000 und bei der Kirchengemeinde von 333 000 Euro verbleiben. Foto: Pfeifer
Mühlhausen. (seb) Der über 110 Jahre alte katholische Kindergarten St. Josef mitten im Ortskern ist historisch bedeutsam und prägt das Stadtbild, darüber herrschte in der jüngsten Gemeinderatssitzung Einigkeit. Und davon sind offenbar auch Bund und Land überzeugt, daher gab es den außergewöhnlichen Zuschuss von 926.000 Euro aus dem Investitionspaket "Soziale Integration im Quartier" für die Sanierung des Gebäudes. Damit wurden Mühlhausens ursprüngliche Überlegungen, die auch Minimalsanierung oder Neubau enthielten, stark erweitert und in eine klare Richtung gelenkt. Jetzt fiel der einstimmige Beschluss, den Kindergarten für insgesamt fast 2,8 Millionen Euro erweitern und sanieren zu lassen. Die Pläne wurden mit Kirchengemeinde, Eltern und Erzieherinnen entwickelt.
2,3 Millionen Euro soll der eigentliche Umbau kosten, hinzu kommen die Inneneinrichtung (250.000 ) und die Container (200.000 ), in denen die Kinder zwischenzeitlich betreut werden. Die politische Gemeinde trägt 70 Prozent der Kosten im Kindergarten- und 90 Prozent im Krippenbereich. Man rechnet außer dem genannten auch mit weiteren Zuschüssen aus dem kommunalen Ausgleichsstock und der Fachförderung des Landes für neue Krippenplätze. Aus Mühlhausens Haushalt fließen also voraussichtlich rund 960.000 Euro, die Kirchengemeinde trägt 333.000 Euro.
Eingangs hatte Bürgermeister Jens Spanberger anhand von Statistiken dargelegt, dass Mühlhausen eine "wachsende Gemeinde" ist und anhaltenden Bedarf an Krippenplätzen und an Gruppen mit verlängerten Öffnungszeiten oder besser noch Ganztagsbetrieb - den es im Teilort Mühlhausen noch nicht gibt - hat. 303 Plätze für Drei- bis Sechsjährige gibt es in der Gesamtgemeinde. Für unter Dreijährige bietet die Gesamtgemeinde 58 Plätze in Kindertagesstätten und 56 durch Tagesmütter, was 42 Prozent aller unter Dreijährigen entspricht. Das ist laut Spanberger "ganz gut, aber wir sind noch nicht am Ziel" - zumal Ganztagsgruppen kleiner als reguläre sind.
Das gesamte Gebäude wird grundlegend modernisiert, wie der von der Kirchengemeinde beauftragte Architekt Eberhard Reiss aus Rettigheim darlegte. Den ohnehin kaum nutzbaren Sandsteinkeller ausgenommen, macht man sich an die Entkernung aller Räume und die Sanierung von Fassade und Dach, sodass das Gebäude den aktuellen Energiestandards entspricht. Der hintere Anbau mit undichtem Flachdach, auf das notdürftig ein Giebeldach gesetzt wurde, wird nach der Renovierung weitere Räume enthalten. Das gesamte Gebäude wird dank Lift, Behinderten-WCs und weiteren Maßnahmen barrierefrei.
Nach der jetzt beschlossenen Variante 2, die den Fokus auf die Krippenbetreuung legt, wächst St. Josef von fünf auf sieben Gruppen, in denen 120 Kinder (statt bisher 110) betreut werden, davon 30 unter Dreijährige. Mehr wäre auch aus organisatorischen Gründen nicht empfehlenswert, hieß es. Dabei werden insbesondere die 400 Quadratmeter genutzt, die nach dem Umzug der Kirchlichen Sozialstation ins neue Seniorenzentrum Letzenberg frei wurden. Drei Krippengruppen, zwei mit verlängerten Öffnungszeiten, eine mit Ganztagsbetreuung, werden neben zwei Kindergarten-Ganztagsgruppen im Erdgeschoss eingerichtet. Im Obergeschoss werden zwei flexibel gestaltbare Gruppen für über Dreijährige untergebracht, beispielsweise altersgemischt oder mit verlängerten Öffnungszeiten. Der Turnraum im Obergeschoss wird erhalten, hinzu kommen weitere Schlafräume sowie Büros und Sprechzimmer für die Erzieherinnen. Mit dem Baubeginn wird im Frühjahr 2018 gerechnet, nach ehrgeizigen 18 Monaten soll im Kindergartenjahr 2019/20 wiedereröffnet werden.
Der nunmehr 20 Jahre alte kommunale Kindergarten "Regenbogen" wurde bei all dem nicht vergessen. Diverse Renovierungsarbeiten und Reparaturen sowie die Überprüfung der elektrischen Anlagen sollen nach einstimmigem Beschluss über die Sommerferien für 15.000 Euro umgesetzt werden. Wobei, da war man sich einig, das nur ein erster Schritt sein kann.
Im Fall von St. Josef freute sich der Rat, dass man mit Erhalt des Gebäudes und Ausbau der Kinderbetreuung "mehrere Fliegen mit einer Klatsche" schlägt. Dankbar zeigte man sich auch gegenüber dem Kindergartenteam und der Kirche für das Entgegenkommen in vielen Fällen. Dennoch sei die Entscheidung "nicht leicht gefallen", so Stephanie Kretz (CDU). Doch dank "guter Kooperation" und "offener, zielführender Gespräche" mit der Kirchengemeinde habe man das Großprojekt schließlich auf den Weg gebracht - eine zukunftsorientierte Entscheidung. "Man kann sich gar nicht vorstellen, dass das ortsbildprägende Gebäude, dass der Kindergarten nicht mehr existiert: Alle Mühlhäuser hier im Saal wurden dort betreut."
Bei aller Freude über die Modernisierung des Kindergartens übte Bruno Sauer (Freie Wähler) Kritik an dem "lebensfremden, mittelalterlich anmutenden Finanzierungsmodell": dass die Gemeinde 70 bis 90 Prozent der Kosten trage, aber "keinerlei Mitspracherechte" habe (Spanberger verwies hier auf die Mustersatzung von Städte- und Gemeindetag). Der Kritik schloss sich Andreas Wirth (SPD) an. Auch wenn er Gebäudemodernisierung und Schaffen weiterer Betreuungsplätze begrüßte: Durch die Höhe der Fördermittel für eine Sanierung könne man durchaus von einer "Gängelung des Gemeinderats" sprechen. Er hätte sich zudem eine detailliertere Durchleuchtung des tatsächlichen Betreuungsbedarfs gewünscht, als Vorbild nannte er da Wiesloch.
Auch Dr. Gerhard Welker (Grüne) meinte, dass "die Investition in ein Gebäude, das einem nicht gehört, weh tut", persönlich falle ihm - der die Trennung von Staat und Kirche als notwendig betonte - das Ja zur Unterstützung kirchlicher Kindergärten schwerer. Die Kooperation Mühlhausens mit der Kirchengemeinde sah er wiederum positiv.



