Nichts zu beschönigen
Die Verlagsgruppe Beltz fördert ein Forschungsprojekt der Uni Frankfurt – Begutachtet werden Veröffentlichungen während der NS-Zeit

Das Haus der heutigen Beltz-Gruppe im Weinheimer Weschnitz-Tal. Bereits in den 1930er-Jahren war Beltz ein wichtiges Verlagsunternehmen. Foto: Kreutzer
Weinheim. (keke) Die Verlagsgruppe Beltz fördert das Projekt "Beltz in der NS-Zeit" an der "Forschungsstelle NS-Pädagogik" an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Leiter des im August gestarteten Projekts ist Professor Benjamin Ortmeyer. Der Erziehungswissenschaftler wird mit der Forschungsstelle eine Übersicht über die Publikationstätigkeit in der NS-Zeit erstellen und bewerten. "Die Ergebnisse des Gutachtens werden im Frühjahr 2018 erwartet", heißt es in einer Pressemitteilung der Verlagsgruppe.
Auf Seiten von Beltz übernimmt Nils Rübelmann, ein Mitglied der siebten Generation der Verlegerfamilie, die Koordination. Der 1841 gegründete Beltz-Verlag zählte bereits Anfang der 1930er-Jahre zu den wichtigsten pädagogischen Fachverlagen Deutschlands. Das Programm umfasste 16 Zeitschriften und weit über 1000 Fachbücher, Ganzschriften und Lesehefte. Im Verlauf des Forschungsprojekts werden diese Publikationen aus den Jahren 1932 bis 1945 geprüft.
"Soweit noch vorhanden, fließen auch Dokumente und Briefwechsel der damaligen Verlagsleitung mit dem Nationalsozialistischen Lehrerbund ein", teilt der Verlag mit. Ortmeyer erhofft sich nicht nur einen besseren Einblick in die Publikationstätigkeit des Verlags während des Nationalsozialismus, sondern auch darüber hinaus gehende Erkenntnisse. "Das Projekt ist ein Beitrag zur Aufklärung über die oft unterschätzte Rolle der NS-Pädagogik bei der durchaus nicht völlig erfolglosen Zurichtung einer ganzen Generation im Sinne von Krieg, Rassismus und Judenfeindlichkeit", so der Wissenschaftler. Die Veröffentlichungen von Beltz stünden exemplarisch für die Arbeit vieler pädagogischer Verlage während dieser Zeit.
Die Verlagsgruppe will sich mit der Unterstützung des Projekts ihrer geschichtlichen Verantwortung stellen. Dazu gehört es auch, die Zeitspanne von 1932 bis 1945 nicht zu beschönigen. Soweit das anhand der existierenden Dokumente möglich ist, soll die eigene Verlagsgeschichte aufgearbeitet werden. Dafür arbeitet mit Nils Rübelmann ein Vertreter der Unternehmerfamilie direkt mit der Forschungsstelle zusammen. Als Auslöser für das Projekt gibt Rübelmann das 175-jährige Verlagsjubiläum im vergangenen Jahr an. Dieses habe dazu geführt, dass sich die junge Generation der Familie mit der Verlagsgeschichte eingehender befasste.
Rübelmann: "Beltz hat in seiner Vergangenheit viel erlebt. Die Firmenhistorie ist eng mit der deutschen Geschichte verwoben." Es liege im besonderen Interesse der nachfolgenden Generation des traditionsreichen Familienunternehmens, auch dieses Kapitel aufzuarbeiten. "Aufklärung ist ein Wert an sich. Es geht darum, aus der Vergangenheit zu lernen, um die Zukunft zu verbessern."
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Die 1841 von Julius Beltz (1819-1892) als Druckerei im thüringischen Langensalza in der Nähe von Erfurt gegründete heutige Verlagsgruppe Beltz (Julius Beltz GmbH & Co. KG) Weinheim und Campus Verlag GmbH Frankfurt hat ihre Schwerpunkte in Pädagogik, Aus- und Weiterbildung, Sozialarbeit, Psychologie ("Psychologie Heute") sowie Programmen im Kinder- und Jugendbuch ("Beltz & Gelberg"). 1868 hatte Julius Beltz den Verlag Adolph Büchting in Nordhausen übernommen. Daraus wurde das "Verlagsgeschäft Julius Beltz", ein Verlag für Lehrbücher mit regionaler Verbreitung. 2016 erarbeiteten etwa 120 Mitarbeiter einen Umsatz von 35 Millionen Euro.