Weinheim

Vier Straßen stehen vor Tempo-30

Der Ausschuss beriet über zwingende Maßnahmen zum Lärmschutz. Zudem werden die Fahrbahnen neu markiert und mobiles Blitzgerät geht in den Einsatz.

15.10.2022 UPDATE: 15.10.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 30 Sekunden
Weinheim hat eine neue Art von „Blitzer“: Dieser neu angestellte „Kollege“ kann jederzeit den Ort wechseln, braucht dann aber kein menschliches Personal, um arbeiten zu können. F.: Dorn

Von Philipp Weber

Weinheim. Erster Bürgermeister Torsten Fetzner appellierte an die Vernunft der Stadträte: "Wir sind es den Anwohnern unserer Straßen schuldig, dass wir ihre Gesundheit höher gewichten als ein bisschen mehr Tempo beim Autofahren", sagte er am Mittwoch im Ausschuss für Technik, Umwelt und Stadtentwicklung (ATUS).

Dieser setzte sich mit weiteren Maßnahmen zu Lärmschutz und Verkehrsberuhigung auseinander. Den rechtlichen Rahmen bildete die dritte Stufe des Lärmaktionsplans.

Dass der Gemeinderat am Mittwoch, 19. Oktober, den Empfehlungen des Ausschusses (fünf Enthaltungen, sonst nur Ja-Stimmen) folgt, gilt als sicher. Vieles ist bereits beschlossene Sache und rechtlich kaum verhandelbar. Darunter fallen vier Straßenabschnitte, in denen noch 2022 Tempo-30 kommen soll.

Wo wird in Zukunft langsamer gefahren? Bereits im September 2021 hatte der Gemeinderat für Tempo 30 auf der Bundesstraße 3 zwischen Stadthalle und Langmaasweg plädiert, ebenso auf der Birkenauer Talstraße zwischen der Stadthalle und dem Ende der Wohnbebauung. Die Zustimmung der Höheren Straßenverkehrsbehörde liegt hier bereits vor.

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Einzuholen ist diese noch für die Sulzbacher Ortsdurchfahrt (B 3) und die Grundelbachstraße, wo zwischen der Einmündung in die Birkenauer Talstraße und der Hauptstraße ebenfalls Tempo 30 kommen soll.

Auf den vier Straßenabschnitten soll die erlaubte Höchstgeschwindigkeit "voraussichtlich noch im Jahr 2022" von 50 auf 30 Kilometer pro Stunde gesenkt werden.

Wie werden die neuen Spielregeln durchgesetzt? Wo es räumlich möglich ist, will die Stadt neue Markierungen aufbringen. Diese sollen dafür sorgen, dass sich die Straße für Autofahrer optisch verengt, sodass diese den Fuß vom Gaspedal lassen.

Ein konkretes Beispiel sind die Pläne für die B3 zwischen Nibelungenstraße und Langmaasweg. Hier entfällt der Mittelstreifen, dafür werden Radschutzstreifen auf beiden Seiten markiert. Die entsprechenden Arbeiten sollen im ersten Halbjahr 2023 erfolgen.

Die Verkehrsabteilung des Bürger- und Ordnungsamts empfiehlt ähnliche Maßnahmen für die Grundelbachstraße (zwischen Birkenauer Talstraße und Kreisverkehrsplatz). Außerdem werden – als flankierende Maßnahme – Geschwindigkeitskontrollen empfohlen.

Hierfür hat die Stadt einen neuen "Mitarbeiter" engagiert, der den Ausschussmitgliedern am Mittwoch auf einem der Stadthallen-Parkplätze vorgestellt wurde. Weinheim besitzt nun einen mobilen Blitzer (Enforcement Trailer; Kostenpunkt: 150.000 Euro). Es ist die mit Abstand teuerste Maßnahme des Lärmschutz-Pakets.

Warum waren sich die Fraktionen nicht einig? Wenn die errechnete Lärmbelastung an Straßen ein Niveau erreicht, das als gesundheitsgefährdend gilt, müssen Kommunalpolitik und Behörden reagieren. So sehen es die Gesetze vor. Dennoch ließen es sich die Fraktionsredner nicht nehmen, ihre Haltungen kundzutun.

Während GAL, SPD und "Die Linke" die Maßnahmen begrüßten und sich für weitere "30er-Zonen" aussprachen, überwog bei Freien Wählern, CDU und FDP die Skepsis. Denn es gibt Gegenargumente: So bremsen Tempo-30-Abschnitte den Öffentlichen Nahverkehr aus, freiwillige Feuerwehrleute kommen nicht mehr so schnell von ihren Wohnungen in die Feuerwehrhäuser – und die Pendler zieht es auf Schleichwege.

In einigen Teilen der Stadt geraten Maßnahmen, die Autofahrer betreffen, zudem zur Farce, weil dort die Güterzüge der Bahn Lärmursache Nummer eins sind. Hier kann die Stadt mangels Zuständigkeit jedoch nicht direkt reagieren.

Und dann gibt es ja noch passive Lärmschutzmaßnahmen, sprich: die finanzielle Förderung von Schallschutzfenstern. Fetzner hielt dem entgegen, dass Hauseigentümer solche Maßnahmen trotz allem zum Teil selber zahlen müssen, was nicht jeder will.

Der vom Menschen wahrgenommene Lärm sinke bei Tempo-30 (und nicht etwa Tempo-40) um die Hälfte, stressbedingte Erkrankungen wie Herz- und Hirninfarkte würden seltener, die Straßen sicherer.

Weshalb ging es um mehr als Tempo-30? Bei der debattierten Beschlussvorlage handelte es sich um eine ganzheitliche Betrachtung des Themas. Die Verwaltung hatte im Vorfeld zu weiteren Aspekten recherchiert: darunter passiver Lärmschutz, eine längere Lärmschutzwand an der A5 und weitere stationäre Blitzer.

Dabei zeigte es sich, dass an der A5 passiver Lärmschutz mehr bringt als eine erweiterte Lärmschutzwand. Und dass Schallschutzfenster bei älteren Gebäuden förderfähig sind, auch abseits von Autobahnen und Bundesstraßen.

Beim Thema "Stationäre Blitzer" bittet die Verwaltung die Fraktionen noch um Zurückhaltung, um keinen der infrage kommenden Standorte ungerechtfertigterweise zu bevorzugen.

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