Weinheim

So entstand der Film über Kurfürstin Elisabeth Augusta (plus Video)

Als ein Freiherr in "verliebte Raserei" geriet: Unter der Regie von Lehrer und Filmemacher Uwe Bergmeier entstand der Film.

17.01.2022 UPDATE: 18.01.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 20 Sekunden
Susanne Beier und Matthias Langholz von der Theater-Initiative Ladenburg als Kurfürstin und Obristhofmeister. Repro: Kreutzer

Von Günther Grosch

Weinheim. Von Staub auf den Buchdeckeln keine Spur. Im Gegenteil: In die von dem Journalisten Heinz Keller Ende der 1990er Jahre veröffentlichten "Weinheimer Schlossgeschichten" kommt neues Leben. Uwe Bergmeier, Deutschlehrer an der Dietrich-Bonhoeffer-Schule und begeisterter Zauberkünstler sowie Videofilmer, nimmt sich verschiedener Persönlichkeiten an, die über die Jahrhunderte hinweg in dem ehemaligen kurfürstlichen Schloss und heutigen Rathaus wohnten und der Stadtgeschichte ihren Stempel aufdrückten.

Bereits vor zwei Jahren hatte Bergmeier mit einer gut 20-minütigen Dokumentation seiner "2 B"-Filmproduktion unter dem Titel "Im Schatten des Krieges" von sich reden gemacht. Er hatte betagte Bürger interviewt, um deren Erinnerungen an die Zeit des NS-Regimes in seinen Unterricht einzubauen und für die Nachwelt zu erhalten.

Unter den Zeitzeugen war der langjährige Chefredakteur der Lokalzeitung "Weinheimer Nachrichten", Heinz Keller. Er hatte 1930 das Licht der Welt erblickt. Von seinen Erfahrungen mit der Nazi-Diktatur berichtete zudem der ehemalige Stadtverwaltungsdirektor und Vater von Alt-OB Heiner Bernhard, Heinrich Bernhard (Jahrgang 1928). Auch der damalige städtische Wassermeister Bernhard Junghans (1928) sowie die Hausfrau Gertrud Klein (1929) teilten ihre Erinnerungen.

Inspiriert von Kellers fast 200 Seiten starkem Buch und unterstützt von der Stadt Weinheim mit Pressesprecher Roland Kern sowie Mitgliedern der Schauspieltruppe der Theater-Initiative Ladenburg (TIL) hat Bergmeier jetzt die Geschichte und das letzte Lebensjahr von "Fürstin Elisabeth Maria Aloysia Augusta von der Pfalz" nachgezeichnet. Die 1721 geborene lebens- wie liebeslustige Gattin von Kurfürst Karl Theodor (1724-1799) hatte fernab ihres von Mannheim, Heidelberg und nicht zuletzt München aus regierenden Ehemanns ein knappes Jahr in den Räumen über dem Obertor gelebt.

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Dort starb sie im August 1794. Ihr Sterbebett stand vermutlich im heutigen Dienstzimmer von OB Manuel Just im Barockflügel. Das Pikante an der Geschichte: Die kurfürstliche "First Lady" nahm es mit der ehelichen Treue nicht so genau. Ebenso wie der vier Jahre jüngere Karl Theodor war die "erste und liebste Bürgerin" Weinheims galanten Abenteuern, Affären und Seitensprüngen nicht abgeneigt. Sie bezahlte einen hohen Preis. "Als 1760 bekannt wurde, die inzwischen 38-jährige Kurfürstin sei schwanger, jubelte die ganze Kurpfalz mit", schreibt Heinz Keller: "Am Hof und im Land wusste man um die vielen Kuren und Pilgerfahrten, mit denen Elisabeth Augusta die ihre Ehe stark belastende Kinderlosigkeit überwinden wollte."

Doch die Stunden der Geburt, die mit so großen Erwartungen verbunden war, gerieten zur Tragödie. Das Kind drohte im Mutterleib zu ersticken. Beim Einsatz einer Zange war der kleine Schädel des Kindes eingedrückt worden. Der noch halb im Mutterleib steckende Kurprinz wurde eilig auf den Namen Franz Ludwig Joseph getauft. Er starb wenig später. Die schrecklichen Stunden hat Elisabeth Augusta nie vergessen. Sie verweigerte Karl Theodor fortan den Vollzug der Ehe. Zusammen mit dem Kurfürsten gründete sie 1765 in Mannheim ein Hebammenhaus, das unverheirateten Frauen in ihrer "schwersten Stunde" beistehen sollte.

Eine Sache, die "seinerzeit nie ganz aufgeklärt wurde, aber immer ein Thema war, über das sich trefflich reden und schreiben ließ", war ein angebliches Liebesverhältnis der Kurfürstin mit dem Freiherrn Karl Christian von Eberstein, so Keller. Darauf geht in dem Film eine Szene ein, in der die Darstellerin der Kurfürstin, die TIL-Schauspielerin Susanne Beier, von dem Freiherrn (Bahattin Korkmaz) umgarnt wird. Aber auch der Obristhofmeister Carl Ludwig Freiherr von Rodenhausen (Matthias Langholz) machte Elisabeth Augusta den Hof.

Der Lehrer und Zauberkünstler „Schmittini“ alias Volker Schmidt-Bäumler moderiert die Szenen und ordnet sie geschichtlich ein. Repro: Kreutzer

Andreas Neumann von der Theatergruppe des Heimat- und Kerwevereins Alt-Weinheim tritt als preußischer Offizier auf. Moderiert und zusammengefügt werden die sechs Szenen des in zwei Tagen abgedrehten, gut zwölfminütigen Films von dem Weinheimer Lehrer und Zauberkünstler "Schmittini" alias Volker Schmidt-Bäumler. Gefilmt wurde an den Originalschauplätzen: im heutigen Trauzimmer, im Schlossparkrestaurant sowie weiteren Räumen mit historischem Ambiente. Gefilmt wurde zudem im Gewölbekeller sowie in den Räumen des benachbarten früheren Karmeliterklosters.

Hier war von Eberstein 31 Jahre lang gefangengehalten worden. Heute leben in dem Gebäude die Pfarrer der katholischen Seelsorgeeinheit Weinheim-Hirschberg in einer Wohngemeinschaft der "Fokolar"-Bewegung. Ebersteins von dem Heidelberger Landgerichtspräsidenten Gustav Christ 1916 in einem Beitrag für die "Mannheimer Geschichtsblätter" beschriebene "mutmaßliche Schandtat": Der Freiherr hatte der Kurfürstin nicht nur Liebesbriefe geschrieben, sondern auch ein Liebesverhältnis mit ihr unterhalten.

Dies habe Ebersteins Frau entdeckt und aus Eifersucht dem Kurfürsten gemeldet. Allerdings könne die lebenslange Freiheitsstrafe nicht nur mit Briefen begründet werden, so Christs Schlussfolgerung: "Ebersteins viel schwerere Verfehlung bestand offenbar darin, dass er mit einer Pistole bewaffnet in die Gemächer Augustas eindrang und in verliebter Raserei die Kurfürstin, die sich bisher seinen Anträgen gegenüber ablehnend verhalten hatte, zur Erfüllung seiner Wünsche zwingen wollte." Wäre es so gewesen, habe es sich um ein Attentat gehandelt und würde die Schwere der Strafe erklären, meinte Christ.

Bergmeiers Ziel ist es, im Laufe der kommenden Monate weitere Schlossgeschichten zu verarbeiten. Es treibt ihn an, jungen Menschen die lokale Geschichte ins Bewusstsein zu rücken: "Eine Identifizierung mit der regionalen Historie steigert bei Jugendlichen wie Erwachsenen das Engagement für die eigene Kommune." So hat er auch eine Doku über das in der Kunsthalle Mannheim hängende Bild von Edouard Manet "Die Erschießung Kaiser Maximilians I. von Mexiko" angefertigt und ein Interview mit Paul von Preußen, Ururenkel von Kaiser Wilhelm, geführt.

Info: Der Streifen über Kurfürstin Elisabeth Augusta wurde rund 1000 Mal aufgerufen. Der Film sowie alle anderen Videos von Uwe Bergmeier sind unter anderem auf YouTube, unter www.2b-film.com sowie über die Medien der Stadt abrufbar.

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