Weinheim

Ratsmehrheit setzt Mindestgröße von Fraktionen herauf (Update)

Künftig benötigen Parteien und Gruppierungen drei statt zwei Mandatsträger. Grüne, FDP, WMD und "Die Linke" kritisierten Beschluss.

31.01.2024 UPDATE: 01.02.2024 19:46 Uhr 3 Minuten, 44 Sekunden
Der Weinheimer Gemeinderat vor der Sitzung am Mittwoch. F.: Dorn

Weinheim. (web) Voraussichtlich ab Juli müssen sich drei statt bisher zwei Stadträte zusammenschließen, um eine Fraktion bilden zu können. Eine entsprechende Änderung der eigenen Geschäftsordnung hat der Gemeinderat am Mittwoch beschlossen. Zuvor hatte die CDU beantragt, die Mindestgröße einer Fraktion auf mindestens drei Mandatsträger heraufzusetzen. OB Manuel Just, die Freien Wähler und die SPD unterstützten die CDU. Die Grünen, die Wählervereinigung "Mehr Demokratie Weinheim" (WMD), die FDP und Linken-Einzelstadtrat Carsten Labudda hielten dagegen. Die Abstimmung endete mit 17:11 im Sinne der Antragssteller.

Derzeit gibt es zwei Zweierfraktionen: die FDP und die aus Matthias Hördt (ehemals "Die Linke") und Susanne Tröscher (früher CDU) bestehende WMD. Dabei wird es auch bleiben – für den Rest der laufenden Wahlperiode. Sobald sich nach der Kommunalwahl am 9. Juni ein neuer Gemeinderat konstituiert, gilt die neue Regelung. Voraussichtlich wird dies ab Juli der Fall sein. Obwohl WMD und FDP damit zunächst alle Rechte als Fraktionen behalten, stand die Vermutung im Raum, dass der Antrag der CDU eine Reaktion auf Tröschers Fraktionsbildung mit Hördt war. Entsprechenden Vorwürfen – nicht zuletzt aus den Reihen von FDP und WMD – widersprach CDU-Stadträtin Carola Meyer jedoch vehement. Schon als der Gemeinderat 2017 die Mindestgröße einer Fraktion von drei auf zwei Stadträte herabgesetzt hatte, habe die CDU für die Beibehaltung der Dreier-Regelung gestimmt.

Doch was sind die Rechte von Fraktionen? Sie dürfen die zeitnahe Aufnahme einer Angelegenheit auf die Tagesordnung des Gemeinderats veranlassen, spätestens zur jeweils übernächsten Sitzung. Außerdem haben sie ein Recht auf Unterrichtung durch die Verwaltung, und zwar in allen Angelegenheiten. Und sie können Angelegenheiten, deren Entscheidung dem Gemeinderat vorbehalten ist, zur Vorberatung in einen beschließenden Ausschuss überweisen.

Grundsätzlich genießen die Fraktionen bei der Besetzung der beschließenden und beratenden Ausschüsse keine besonderen Rechte. Aber in der Praxis sind sie es, die bei der Besetzung dieser Gremien Vorschläge machen. So war es übrigens auch am Mittwoch, als die neue WMD-Fraktion in die Ausschüsse aufgenommen wurde (weiterer Bericht folgt).

Die Befürworter einer Erhöhung der Fraktion-Mindestgröße wiesen darauf hin, dass Einzelstadträte ein Sechstel des Gesamtgemeinderats auf sich vereinen müssten, um dieselben (Antrags-)Rechte wahrnehmen zu können wie heute die Zweierfraktionen. Minderheiten müssten gehört werden. Aber gerade mit Blick auf rechtsradikale Kreise und eine zunehmende Fragmentierung der politischen Landschaft müsse man beim Ausbau ihrer Rechte vorsichtig sein. Die CDU führte zudem an, dass die vielen Fraktionsstellungnahmen die vorberatenden Sitzungen in den Ausschüssen und Beiräten ausufern ließen. Auch die Kosten liefen durch die vielen Fraktionsgelder aus dem Ruder. Es sei befremdlich, dass sich nur zwei Ratsmitglieder auf einen Wertekanon verständigen müssten, um eine Fraktion zu sein, so die SPD. Nicht allzu geschickt war sicherlich, dass ausgerechnet die zuletzt deutlich geschrumpfte CDU-Fraktion auch noch die "Instabilität" der Zweierfraktionen ins Feld führte.

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Das bekam die CDU in den Gegenreden zu hören. Die Zweierfraktionen hätten ihre Rechte seit 2017 nicht überstrapaziert, so Wolfgang Wetzel (FDP). Bei den von der CDU angemahnten Kosten gehe es um nur 6000 Euro im Jahr, betonten andere. Im Bundestag reichten fünf Prozent aus, um eine Fraktion zu bilden. Müsste in Weinheim eine Fraktion künftig aus drei Räten bestehen, läge die Latte ausgerechnet in der bürgernahen Kommunalpolitik deutlich höher. Und: Im Gemeinderat selbst verlängere sich die Sitzungszeit, weil dann mehr Einzelstadträte Rederecht "und Rededrang" hätten, da sie ja zumeist nicht in den Ausschüssen sitzen. Irgendwie überzeugten beide Argumentationslinien. Doch wie machen es andere Städte in Weinheim-Größe? Laut Just müssen in Rastatt, Bruchsal und Lahr drei Räte zusammenkommen, um eine Fraktion sein zu dürfen.

Update: Donnerstag, 1. Februar 2024, 19.46 Uhr


CDU will keine Zweier-Fraktionen

Weinheim. (web) Der Gemeinderat soll die Verwaltung in seiner Sitzung am Mittwoch (Beginn: 19 Uhr, im Rathaus) beauftragen, einen Vertrag mit der Deutschen Giga-Netz abzuschließen. Es geht um einen Glasfaseranschluss für 33 kommunale Liegenschaften wie Rathäuser, Schulen und weitere Gebäude. Die Deutsche Giga-Netz räumt der Stadt Sonderkonditionen ein – aber nur bis zum 31. Januar.

Des Weiteren beschäftigt sich der Gemeinderat überwiegend mit der eigenen Geschäftsordnung. Dies ist erforderlich, weil es personelle Veränderungen innerhalb der Fraktionen gegeben hat – so müssen Ausschüsse neu besetzt werden. Außerdem hat die CDU beantragt, den Fraktionsstatus künftig erst ab drei Gemeinderatsmitgliedern zu vergeben; im Moment können zwei gewählte Personen eine Fraktion gründen. Diese Änderung würde aber erst nach den Kommunalwahlen im Juni in Kraft treten.

In dem CDU-Antrag heißt es: "Vor wenigen Jahren wurde die Mindestgröße einer Fraktion von drei auf zwei Personen reduziert. Dies hat sich nicht bewährt. Wie sich gezeigt hat, sind Zweier-Fraktionen instabiler als größere Fraktionen. Ebenfalls hat es, gerade im Bereich der Ausschüsse, dazu beigetragen, dass die Sitzungen ineffektiver geworden sind. Auch die Anzahl der Mitglieder der Ausschüsse hat sich erhöht, was zu unnötigen Kosten geführt hat."

Momentan gibt es im Gemeinderat zwei Zweier-Fraktionen: die FDP und die neue Fraktion der Wählergemeinschaft "Mehr Demokratie in Weinheim". FDP-Fraktionschef Wolfgang Wetzel erklärte auf RNZ-Anfrage, dass man das Thema schon vor rund sieben Jahren im Gemeinderat diskutiert habe. In der Abwägung von Für und Wider habe man die Mindestgröße auf zwei Mandatsträger herabgesetzt. Das sei bis heute richtig.

Die WMD-Fraktion wehrt sich per Pressemitteilung: "Nachdem sich zum 1. Januar die WMD-Fraktion mit Susanne Tröscher und Matthias Hördt gebildet hatte, stellt die CDU-Fraktion reflexartig den Antrag auf Änderung zur Bildung einer Fraktion." Die CDU-Argumentation sei paradox. "Hatte die CDU 2003 noch zwölf Stadträte, sind es heute nur noch sechs.

Das beweist, wie fragil diese große CDU-Fraktion aufgestellt ist." Bei derzeit sechs Fraktionen und zwei Einzelstadträten sei die Rednerliste im Rat acht Stellungnahmen lang. "Bei einer Erhöhung der Mindestfraktionsstärke würde sich die Anzahl auf mindestens zehn erhöhen." Auch die Begründung mit den Kosten sei ein Flop. "Laut Verwaltung entstehen im Jahr bei der derzeitigen Konstellation Mehrkosten von gerade einmal 6100 Euro."

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