Im Ausschuss hat’s wieder "geprankelt"
Offenlage für Satzungen zur Erhaltung und Gestaltung der Innenstadt beschlossen. Gegenstimmen gab es bei "Prankel" und beim "Steinwegviertel Nord".

Rathaus im Weinheimer Schloss. Foto: Reinhard Lask
Weinheim. (cis) Der nächste Schritt ist vollbracht: Der Ausschuss für Technik, Umwelt und Stadtentwicklung hat am Mittwoch die Offenlage für die Gestaltungssatzung, die künftig in der Innenstadt gelten soll, wie auch die Erhaltungssatzungen für insgesamt acht Gebiete beschlossen. Frei von Diskussionen war das nicht. Der Ausschuss spiegelte wider, was sich in der Bevölkerung zeigte – vor allem mit Blick auf die angestrebte Erhaltungssatzung für das Gebiet "Prankel".
Die Erhaltungssatzung soll das Quartier, das in den Fraktionen als "Eintrittskarte nach Weinheim" bezeichnet wurde, in seinem Gesamtbild bewahren. Sichtbare bauliche Veränderungen müssen sich in den Charme einfügen, für die von der Straßenseite abgewandte Seite gelten weniger restriktive Ansätze. Kritische Stimmen aus der Bevölkerung beurteilten die Satzung, deren Bestimmungen über das grundsätzlich zu beachtende Baurecht hinausgehen, zum Teil als zu strikt, ja sogar als Gängelung. Für Verwaltung und GAL ist das jedoch die Minderheit. "Die breite Mehrheit ist für eine Erhaltungssatzung", zeigte sich Frieda Fiedler (GAL) überzeugt. CDU und SPD sehen das anders. "Es ist eine generelle Frage: Wie viel soll geregelt werden?", warnte Heiko Fändrich (CDU) vor Überregulierung. Auch von Daniel Schwöbel (SPD) kam Kritik am "engen Korsett": "Ich glaube, dass wir über das Ziel hinausschießen." Ablehnend zeigte sich auch "Die Linke": Bei einer mobilen Einschränkung der Bewohner könnte die Satzung der Barrierefreiheit im Wege stehen. "Barrierefreiheit hat Vorrang vor Erhaltung", so Carsten Labudda.
FDP und Freie Wähler bestärkten hingegen die Stimmen der Satzungsbefürworter. Günther Bäro (Freie Wähler) verwies auf viele positive Rückmeldungen: "Das Recht der Stadt hat Vorrang vor dem Recht des Eigentümers." Das Baurecht reiche nicht aus, "eine Satzung macht Sinn", zeigte sich auch Wolfgang Wetzel (FDP) überzeugt. Die FDP stellte zudem den Antrag auf Einbeziehung der südlichen "Prankel"-Spitze. Die war ursprünglich nicht enthalten und wurde erst im Laufe der Beratungen aufgenommen. Für den an diesem Abend diskutierten Offenlagebeschluss hatte die Verwaltung sich aber wieder auf die ursprüngliche Gebietsvariante zurückgezogen. Der FDP-Antrag wurde klar angenommen.
Deutlich fiel auch die Mehrheit für den Offenlagebeschluss für die Erhaltungssatzung "Prankel" mit zehn Ja- zu sechs Nein-Stimmen bei einer Enthaltung aus. Auf Antrag der SPD waren alle Abstimmungen geheim erfolgt. Auf Anregung der CDU soll nun geprüft werden, ob in strittigen Fragen zu einem Bauvorhaben externe Vermittler eingeschaltet werden. Das könnten auf Vorschlag von Fraktionschef Fändrich Fachleute aus einer Architektenkammer sein. Ein Vorschlag soll dem Gemeinderat zum Termin des Satzungsbeschlusses unterbreitet werden.
Gab es beim "Prankel" Diskussionen, passierte der Offenlagebeschluss zur Erhaltungssatzung für sechs andere Gebiete in der Kernstadt das Gremium ohne große Aussprache. Lediglich zum "Steinwegviertel Nord" gab es unterschiedliche Auffassungen. Thomas Ott (CDU) sah hier einen weit fortgeschrittenen Umbruch: "Auf dieses Gebiet können wir verzichten." Man solle im Diskurs "Stadtbild bewahren versus Stadtentwicklung erlauben" den Kompromiss anstreben, indem man sich aufs Notwendigste beschränkt. Labudda pflichtete Ott bei. Auch die SPD sah in einer Erhaltungssatzung für das Viertel "keinen Mehrwert", so Schwöbel.
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Am Ende fiel aber auch hier der Beschluss zur Offenlage bei nur sieben Gegenstimmen. Keine Gegenstimme gab es beim Offenlagebeschluss zur Gestaltungssatzung für die Innenstadt. Diese soll zum Beispiel Orientierung für die Verwendung von Baumaterialien oder Türformen geben, aber auch die Fassadenfarbe in verschiedenen Gebieten regeln. Die GAL sah darin einen Schutz vor "egoistischen Bauherren". Die Freien Wähler erachteten die Satzung als "vernünftig", beantragten aber eine Ausnahme bei Dachterrassen und Loggien: Sie sollen zulässig sein – ausgenommen ist das Gerberbachviertel –, so sie von der Straßenseite nicht einsehbar sind. Die Ausnahme wurde einstimmig beschlossen.
Die Gestaltungssatzung öffnet die Kernstadt zudem für Fotovoltaikanlagen an Fassaden und auf Dächern. Allerdings sind hier Vorgaben zu beachten – nicht zu vergessen der Denkmalschutz. Für die FDP war diese grundsätzliche Öffnung ein Punkt, um Klimaschutz und Energiewende voranzubringen, die CDU sah das ähnlich, fand den Regelkorridor aber zu eng, um wirklich voranzukommen. Man liebäugelte mit einem "atmenden Werk".
Die Satzungen ersetzen teils alte Regulierungen. OB Manuel Just wirbt dafür. Man erhalte Transparenz, Verständlichkeit, Spielraum. Mit Blick auf den "Prankel" hatte er gesagt: "Wenn die Widerstände groß werden, werden wir gern prüfen, ob wir auf dem richtigen Weg sind."