Wegen Gema-Unstimmigkeiten

Jähes Ende für den Nußlocher Kultursommer

Racket-Center-Geschäftsführer ist sauer – Bis auf Weiteres keine Konzerte – Kammerorchester reagiert überrascht auf Absage

02.07.2018 UPDATE: 03.07.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 56 Sekunden

Matthias Zimmermann. Foto: privat

Von Nicolas Lewe

Nußloch. Zarte Geigenklänge, liebliche Flöten- und Klarinettentöne, untermalt vom tiefen Timbre des Kontrabasses im harmonischen Zusammenspiel mit Oboe und Fagott. Das alles hätte die Besucher am Mittwoch beim Konzert des Nußlocher Kammerorchesters im Rahmen des Kultursommers im Racket Center erwartet. Hätte.

Die harte Realität hingegen ist eine andere, denn: Aufgrund von Unstimmigkeiten mit der Gema hat der Veranstalter sich schweren Herzens dazu entschlossen, bis auf Weiteres keine Konzerte in dem Sport- und Gesundheitszentrum stattfinden zu lassen. Erster Leidtragender dieser Entscheidung ist das Kammerorchester, das von der kurzfristigen Absage überrascht wurde. Einen Ersatztermin für das geplante Konzert, bei dem das Programm des Brunnenfeld-Festes vom Mai wiedergegeben werden sollte, gibt es bisher nicht.

Hintergrund

Die Gema, also die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, vertritt Komponisten und Textdichter als Urheber von Musikwerken sowie Musikverleger. Sie versteht sich selbst als "Schutzorganisation für den schöpferischen Menschen" und

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Die Gema, also die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, vertritt Komponisten und Textdichter als Urheber von Musikwerken sowie Musikverleger. Sie versteht sich selbst als "Schutzorganisation für den schöpferischen Menschen" und setzt sich dafür ein, dass Musikschaffende von ihrer Arbeit leben können. Die Gema verwaltet die Nutzungsrechte von über 65.000 Mitgliedern im Inland sowie über zwei Millionen ausländischen Berechtigten. Für Musiknutzer heißt das: Die öffentliche Musikwiedergabe ist grundsätzlich nur mit Erlaubnis und Honorierung der Musikurheber zulässig. Auch bei Veranstaltungen, die dem guten Zweck dienen oder kostenlos sind, wird eine Vergütung fällig. Zu den wenigen Ausnahmen gehören etwa Schulveranstaltungen, sofern sie der Erziehung dienen und nur einem begrenzten Kreis zugänglich sind. lew

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Matthias Zimmermann, Geschäftsführer des Racket Centers, erläutert auf RNZ-Nachfrage die Gründe für die Absage. Er sagt: "Aufgrund von zunehmenden Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Gema ist es uns nicht mehr möglich, Konzertveranstaltungen in einem vernünftigen, rechtssicheren Rahmen durchzuführen." Konkret bezieht sich Zimmermann auf eine Ende Februar erhaltene Rechnung von rund 820 Euro für zwei Veranstaltungen aus dem Jahr 2016. "Zwei Jahre danach!", betont der Geschäftsführer.

"Hochnachdenklich" mache ihn, dass nun - ohne vorherige Ankündigung - 611 Euro für ein Muttertagskonzert mit dem Pianisten Prof. Bernhard Maier vom Konto des Racket Centers abgebucht wurden. Diese Konzerte, die es auch 2017 und 2018 gab, finden zugunsten eines äthiopischen Kindertennisprojekts statt und verfolgen keinen kommerziellen Zweck. Für die Gema spielt Letzteres keine Rolle.

Die plötzliche Rechnung werfe bei ihm die Frage auf, was noch an unkalkulierbaren Kosten im Verborgenen schlummert. Zimmermann kritisiert: "Damit werden Veranstaltungen dieser Art zu einem Vabanquespiel." Und weiter: "Weil ich nicht weiß, was beim Konzert mit dem Kammerorchester auf mich zukommt, ist meine Bereitschaft, hier ein wirtschaftliches Risiko zu tragen, nicht vorhanden."

Er bedauere diesen Schritt zutiefst. Denn Zimmermann ist auch davon überzeugt: "Ein Haus wie unseres steht in einer gewissen gesellschaftlichen Verantwortung." Er stehe weiter voll hinter der Idee, mit den Konzerten im Racket Center die beiden Gesellschaftssparten Musik und Sport zusammenzuführen. Zimmermann verspricht, sich "nach einer Phase der inneren Einkehr und Sammlung" wieder wie gewohnt "mit hoher Motivation" ins Zeug zu legen. Für diese Motivation sei das "Marktgebaren" der Gema aber "äußerst abträglich".

Und wie sieht man diese Haltung beim Kammerorchester? Die Vorsitzende Christine Bier erklärt gegenüber der RNZ, "total überrascht" von der Absage gewesen zu sein. Die Musiker hätten gehofft, mit dem Konzert im Racket Center ein anderes Publikum ansprechen zu können. Oder wie Bier es formuliert: "Sportler sind der Kunst nicht abhold."

Sie äußert zwar Verständnis für Zimmermanns Entscheidung, betont aber auch, dass das Thema der Gema-Gebühren beim Auftritt des Kammerorchester lediglich in zwei Fällen eine Rolle gespielt hätte: bei den Ragtime-Stücken des 1917 verstorbenen Scott Joplin - wegen der nachträglichen Bearbeitung durch Franz Beyer.

Für alle anderen Komponisten im Programm - egal, ob Franz Schubert, Camille Saint-Saëns oder Giovanni Gastoldi - gelte, dass sie alle seit 70 und mehr Jahren tot und ihre Urheberrechte damit erloschen sind. "Die Ragtime-Stücke hätten wir notfalls weggelassen", meint Bier.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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