Vorfall im Weinheimer Miramar

"Die Aufsichtspflicht wurde nicht verletzt"

Verantwortliche der Wiesbadener Jugendhilfe wehren sich gegen Vorwurf von Miramar-Chef - 17-jähriger Afghane hatte Kind belästigt

10.10.2018 UPDATE: 11.10.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 52 Sekunden

Spaßbäder gehörten zu den Freizeitaktivitäten dazu, auch für Jugendliche mit Fluchterfahrungen, erklärte die zuständige Behördenchefin. Foto: Dorn

Von Philipp Weber

Weinheim/Wiesbaden. Der Fall zieht weite Kreise: Nachdem ein 17 Jahre alter Mann afghanischer Herkunft ein zwölfjähriges Mädchen im Weinheimer Freizeitbad Miramar unsittlich berührt hatte, ist eine kirchliche Jugendhilfeeinrichtung in Wiesbaden in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Der Tatverdächtige und drei weitere junge Männer leben dort. Sie hatten am Samstag einen Ausflug ins Miramar gemacht. Ein Betreuer hatte sie begleitet. Der Vorfall ereignete sich am frühen Samstagabend.

Auf RNZ-Anfrage bezogen am gestrigen Mittwoch sowohl die zuständige Leiterin der kirchlichen Einrichtung, Beate Mayer, als auch die Leiterin des Amtes für Soziale Arbeit in Wiesbaden, Christa Enders, Stellung. Hintergrund ist eine Pressemitteilung des Miramar, in der Geschäftsführer Marcus Steinhart mit folgenden Worten zitiert wurde: "Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass die Aufsichtspflicht für diese Jugendlichen verletzt worden ist."

Einrichtungsleiterin Mayer und Behördenchefin Enders bedauern den Vorfall außerordentlich. Den Vorwurf des Miramar-Chefs weisen sie allerdings zurück: "Der gesetzliche Hintergrund sieht so aus, dass Jugendliche ihrem Alter angemessen zu beaufsichtigen sind", so Mayer. Das zahlenmäßige Verhältnis - vier Jugendliche, ein Betreuer - liege im grünen Bereich. Zumal Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren Schwimmbäder prinzipiell betreten dürfen, auch ohne Aufsichtsperson: "Die Aufsichtspflicht wurde nach meinem Kenntnisstand nicht verletzt. Ich kann die Empörung des Geschäftsführers aber gut verstehen", so Mayer.

"Wenn 16- und 17-Jährige beaufsichtigt werden, bedeutet das nicht, dass ständig ein Erwachsener danebensteht", ergänzt Amtsleiterin Enders. Ein Ziel der Jugendhilfe bestehe ja darin, junge Menschen zur Selbstständigkeit zu erziehen - gerade wenn das Erreichen der Volljährigkeit bevorstehe. "Das heißt aber nicht, dass wir das Verhalten des jungen Mannes rechtfertigen wollen", so Enders: "Er muss die Konsequenzen deutlich zu spüren bekommen." Dass die Wiesbadener Gruppe nach Weinheim gereist war, sei nichts Außergewöhnliches, so die Amtsleiterin: "Bei uns in Hessen sind Herbstferien. Jugendhilfeeinrichtungen bieten den Kindern und Jugendlichen dann Freizeitaktivitäten an." Spaßbäder gehören dazu, auch für Jugendliche mit Fluchterfahrungen.

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Und das sollte aus Sicht von Mayer und Enders so bleiben - auch wenn das keineswegs jeder Nutzer sozialer Netzwerke so sieht: "Es ist uns sehr bewusst, dass dies ein sensibles Thema ist", sagt die Einrichtungs-Verantwortliche Mayer. Sie und Enders können bestätigen, dass sich die kulturellen Hintergründe in Ländern wie Afghanistan deutlich von denen in Europa unterscheiden. Gerade beim Thema Körperlichkeit. "Aber wir reden von einem Jugendlichen, der schon seit über einem Jahr hier lebt." Der Tatverdächtige habe an Gruppenstunden zu Themen wie Sexualität, Frauenrechten und "grenzwahrendem Verhalten" teilgenommen - ebenso wie die anderen Mitglieder der Ausflugsgruppe. Es sei noch nicht abschließend geklärt, warum diese Maßnahmen offenbar nicht fruchteten. "Wir werden dieses Verhalten aber nicht dulden", stellt Mayer klar. Die zuständigen Behörden seien informiert - auch intern werde der Vorfall aufgearbeitet.

Beide halten es jedoch für falsch und kontraproduktiv, ganze Personengruppen unter Generalverdacht zu stellen und von gesellschaftlicher Teilhabe auszuschließen - wie dem Besuch von Bädern.

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