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Schließungen wegen Corona stoßen auf Verständnis

Die RNZ hat sich bei Schulen, Kindertagesstätten und Tagesmüttern umgehört – Leimen schließt auch Schwimmbad und Hallen

13.03.2020 UPDATE: 14.03.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 40 Sekunden
Der Spielplatz im Nikolaus-Lenau-Kindergarten in Leimen ist verwaist – und wird dies vorerst in den kommenden Wochen auch bleiben. Foto: privat

Von Nicolas Lewe und Benjamin Miltner

Region Heidelberg. Die Folgen der sich ausbreitenden Coronavirus-Pandemie haben auch die Region rund um Heidelberg im Griff. Inzwischen kommt wirklich niemand mehr an dem Thema vorbei. Spätestens, seit das Land Baden-Württemberg am gestrigen Freitag beschlossen hat, dass ab dem kommenden Dienstag alle Schulen, Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegen bis zum Ende der Osterferien geschlossen bleiben sollen. In Alten- und Pflegeheimen herrscht ab sofort ein Besuchsverbot. Die RNZ hat sich bei verschiedenen Einrichtungen umgehört, wie dieser Entschluss dort aufgenommen wird.

> Bei der Geschwister-Scholl-Schule im Leimener Stadtteil St. Ilgen war man darauf vorbereitet, dass es zur "von oben" auferlegten Schulschließung kommen kann. "Das hat sich abgezeichnet", sagt Konstanze Stöckermann-Borst auf Nachfrage der RNZ. Die Schulleiterin hat gemeinsam mit ihrem Kollegium in weiser Voraussicht bereits am Freitag dafür gesorgt, dass die Schüler der Gemeinschaftsschule in den kommenden Wochen mit Arbeits- und Lernmaterialien versorgt sind. "Wir haben allen Schülern von der ersten bis zur zehnten Klasse Bücher, Hefte und Aufgabenpläne mit nach Hause gegeben." Am Montag sei dann noch einmal "ganz normal" geöffnet. Dann soll auch das Kollegium zusammenkommen, um über das weitere Vorgehen zu sprechen. Die Schulschließung bezeichnet Stöckermann-Borst als "notwendigen Schritt": "Er ist wichtig, um die Infektionsrate zu verringern."

> Im Elisabeth-Ding-Kindergarten in Leimen kommt dessen Leiterin Claudia Neininger-Röth zu einem ähnlichen Schluss: "Im Hinblick auf die Osterferien ist das sicher sinnvoll." Allerdings findet sie, dass diese Entscheidung viele Fragezeichen aufwirft. Die Eltern seien gezwungen, sich anderweitig zu orientieren. "Man will nicht, dass Kinder möglicherweise die Großeltern anstecken", sieht die Kita-Leiterin ein großes Problem für berufstätige Eltern. Dass sich Elternbeiräte absprechen, um die Kinder zu Hause in Gruppen zu betreuen, sei aus ihrer Sicht "nicht zielführend". Ob die Maßnahme der Schließung übertreiben ist, wolle sie sich nicht anmaßen zu bewerten: "Ich bin keine Virologin." Von den Behörden erhoffe sie sich einen besseren Informationsfluss. Sie habe das Gefühl, einiges vorenthalten zu bekommen.

> Die Tagesmütter und -väter in Eppelheim reagieren gemischt auf die Maßnahme. "Wir müssen jetzt alle in den sauren Apfel beißen", sagt Anne-Mareike Liken, die zurzeit fünf Kinder betreut. Ihre Meinung: "Lieber jetzt einmal konsequent schließen, als nur halbherzig handeln, sodass alles noch länger dauert." Die persönlichen wirtschaftlichen Konsequenzen könne sie noch nicht absehen. Ähnlich ist das bei der "Kükenstube" von Tagesmutter Brigitte Rack und Tagesvater Engelbert Rack. Sie kümmern sich um die Betreuung von derzeit vier Kindern. "Auch wir müssen ab Dienstag schließen", meint Engelbert Rack. Dies sei den betroffenen Eltern bereits mitgeteilt worden. Zum Coronavirus habe es ein Rundschreiben des Jugendamtes gegeben. "Im Grunde genommen fühle ich mich aber allein gelassen", wünscht sich auch Tagesvater Rack einen bessere Informationspolitik der Behörden. Er und seine Frau seien beide über 65 Jahre alt und würden daher bei einer Infektion mit dem Coronavirus zur Risikogruppe gehören.

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> Die Stadt Leimen hat über die Vorgaben der Landesregierung hinaus weitere Maßnahmen beschlossen. Nicht nur städtischen Veranstaltungen werden ausgesetzt, sondern auch die "Hallen oder sonstige Räumlichkeiten" werden nicht mehr vergeben, hieß in einer Mitteilung am Freitag. Bedeutet: Städtische Jugendtreffs, Musikschule, Stadtbücherei und Hallenbad werden mit sofortiger Wirkung geschlossen, auch alle Sportangebote, VHS-Kurse und Veranstaltungen entfallen. "Wir müssen alles in unserer Macht stehende tun, um die Verbreitungskette des Virus möglichst zu unterbrechen", betont Oberbürgermeister Hans Reinwald. "Dazu gehören leider auch unpopuläre Maßnahmen." Am Montag werde dann eine Notfallbetreuung für Kinder organisiert, deren Eltern in medizinischen, pflegerischen oder zur öffentlichen Ordnung gehörenden Berufen tätig sind.

> Das Seniorenheim Föhrenbach in Bammental hat bereits am gestrigen Freitag ein Besuchsverbot umgesetzt. "Wir haben uns mehr oder weniger eingeschlossen", berichtet Einrichtungsleiterin Silvia Föhrenbach. Wenn Leute vorbeikommen und klingeln, weise man sie freundlich daraufhin, von ihrem Besuch abzusehen. "Unsere Bewohner sind aufgrund ihres Alters und der Vorerkrankungen sehr gefährdet, darauf müssen wir Rücksicht nehmen", betont sie. Viele Angehörige hätten bereits angerufen und zeigen Verständnis für die Maßnahme. Verunsicherung war zu verspüren. "Viele waren erleichtert, dass ihnen durch die klare Regelung die schwere Entscheidung abgenommen wird", so Föhrenbach. Trost gebe ihnen wie auch den Bewohnern, dass weiter per Telefon Kontakt gehalten werden könne.

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