Bürger stimmen mit großer Mehrheit gegen Tiefengeothermie
Bei dem Bürgerentscheid am Sonntag stimmten fast 73 Prozent gegen ein Kraftwerk und weitere Tiefbohrungen.

Waghäusel. (RNZ/rl) Der Bürgerentscheid zur Tiefengeothermie in Waghäusel am gestrigen Sonntag ergab ein klares Votum. Auf die gestellte Frage "Sind Sie dafür, dass stadteigene Grundstücke zur Errichtung eines Tiefengeothermiekraftwerks oder für andere Unternehmungen mittels Tiefbohrungen überlassen werden?" antworteten rund 6000 Stimmberechtige mit "Nein". Das entspricht rund 73 Prozent.
Hintergrund
Bürgerentscheid Tiefengeothermie
Ja: 2239 Stimmen (27,12 Prozent)
Nein: 6018 Stimmen (72,88 Prozent)
Gültige Stimmen: 8257 (99,69 Prozent)
Ungültige: 26 (0,31
Bürgerentscheid Tiefengeothermie
Ja: 2239 Stimmen (27,12 Prozent)
Nein: 6018 Stimmen (72,88 Prozent)
Gültige Stimmen: 8257 (99,69 Prozent)
Ungültige: 26 (0,31 Prozent)
Die "Deutsche ErdWärme" zeigte sich nach dem Ergebnis des Bürgerentscheids enttäuscht. In ihrer Stellungnahme sprach sie von einem Rückschlag für die Klimaziele der Region: "Die Signale, die von einer solchen Entscheidung ausgehen, sind extrem bedauerlich. Die Position der Städte und Gemeinden als Vertragspartner ist deutlich geschwächt", sagte Erdwärme-Geschäftsführer Herbert Pohl.
"An unserem übergeordneten Ziel, die Energie- und Wärmewende am Oberrhein mit tiefer Geothermie voranzubringen, halten wir fest. Denn wenn der Bürgerdialog eines sehr deutlich gemacht hat, dann dass es gar keine Alternative zur tiefen Geothermie gibt, um die Wärmewende in der Region zu bewältigen."
Der Stadt Waghäusel sei die Möglichkeit genommen worden, sich am Projekt zu beteiligen, stärker davon zu profitieren und als eine der ersten im Landkreis die Klimaziele zu erreichen.
Zudem scheine die Angst vor dem Eintritt induzierter Seismizität, den alle am Bürgerdialog beteiligten Experten für unwahrscheinlich halten, größer zu sein als die Ängste vor den realen Gefahren des Klimawandels wie Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren.
Auch interessant
Der Bürgerentscheid in Waghäusel spiegele damit ein zentrales Problem vieler Erneuerbarer-Energien-Projekte wider. Die breite öffentliche Zustimmung zum Ausbau erneuerbarer Energien bröckele, wenn es um deren konkrete Umsetzung vor Ort gehe.
Update: Montag, 27. März 2023, 16.15 Uhr
Die Angst vor Erdbeben ist präsent
Von Marco Montalbano
Waghäusel. Wenn es um Tiefengeothermie geht, scheiden sich oft die Geister. Gerade mal 42 solcher Anlagen gibt es derzeit, verteilt über das gesamte Bundesgebiet. ...
Waghäusel. (RNZ/rl) Der Bürgerentscheid zur Tiefengeothermie in Waghäusel am gestrigen Sonntag ergab ein klares Votum. Auf die gestellte Frage "Sind Sie dafür, dass stadteigene Grundstücke zur Errichtung eines Tiefengeothermiekraftwerks oder für andere Unternehmungen mittels Tiefbohrungen überlassen werden?" antworteten rund 6000 Stimmberechtige mit "Nein". Das entspricht rund 73 Prozent.
Hintergrund
Bürgerentscheid Tiefengeothermie
Ja: 2239 Stimmen (27,12 Prozent)
Nein: 6018 Stimmen (72,88 Prozent)
Gültige Stimmen: 8257 (99,69 Prozent)
Ungültige: 26 (0,31
Bürgerentscheid Tiefengeothermie
Ja: 2239 Stimmen (27,12 Prozent)
Nein: 6018 Stimmen (72,88 Prozent)
Gültige Stimmen: 8257 (99,69 Prozent)
Ungültige: 26 (0,31 Prozent)
Die "Deutsche ErdWärme" zeigte sich nach dem Ergebnis des Bürgerentscheids enttäuscht. In ihrer Stellungnahme sprach sie von einem Rückschlag für die Klimaziele der Region: "Die Signale, die von einer solchen Entscheidung ausgehen, sind extrem bedauerlich. Die Position der Städte und Gemeinden als Vertragspartner ist deutlich geschwächt", sagte Erdwärme-Geschäftsführer Herbert Pohl.
"An unserem übergeordneten Ziel, die Energie- und Wärmewende am Oberrhein mit tiefer Geothermie voranzubringen, halten wir fest. Denn wenn der Bürgerdialog eines sehr deutlich gemacht hat, dann dass es gar keine Alternative zur tiefen Geothermie gibt, um die Wärmewende in der Region zu bewältigen."
Der Stadt Waghäusel sei die Möglichkeit genommen worden, sich am Projekt zu beteiligen, stärker davon zu profitieren und als eine der ersten im Landkreis die Klimaziele zu erreichen.
Zudem scheine die Angst vor dem Eintritt induzierter Seismizität, den alle am Bürgerdialog beteiligten Experten für unwahrscheinlich halten, größer zu sein als die Ängste vor den realen Gefahren des Klimawandels wie Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren.
Auch interessant
Der Bürgerentscheid in Waghäusel spiegele damit ein zentrales Problem vieler Erneuerbarer-Energien-Projekte wider. Die breite öffentliche Zustimmung zum Ausbau erneuerbarer Energien bröckele, wenn es um deren konkrete Umsetzung vor Ort gehe.
Update: Montag, 27. März 2023, 16.15 Uhr
Die Angst vor Erdbeben ist präsent
Von Marco Montalbano
Waghäusel. Wenn es um Tiefengeothermie geht, scheiden sich oft die Geister. Gerade mal 42 solcher Anlagen gibt es derzeit, verteilt über das gesamte Bundesgebiet. Zusammen leisten sie etwa 360 Megawatt, so viel Leistung wie ein größeres Kohleheizkraftwerk.
Nach dem Willen der Politik sollen noch viele solcher Kraftwerke folgen – die angestrebte CO₂-Neutralität und größere Unabhängigkeit von Energieimporten aus dem Ausland fest im Blick. So auch in Waghäusel durch die Deutsche Erdwärme GmbH, Deutschlands größtem privaten Entwickler und Betreiber von Erdwärmeanlagen. Schon 2019 hatte das Unternehmen vor Ort eine 3-D-Seismik durchgeführt und die Eignung des Untergrunds festgestellt.
Das Projekt sorgte aber in Teilen der Bevölkerung für Befürchtungen und Ängste: Der Betrieb löst seismische Aktivität aus, die für Gebäudeschäden sorgt. Daher hatte die Stadt zu einem Expertengespräch in die Wagbachhalle eingeladen, auch hinsichtlich des kommenden Bürgerentscheids Ende März, in dem alle wahlberechtigten Einwohner darüber abstimmen dürfen, ob die Gemeinde ein geeignetes Grundstück dafür zur Verfügung stellen soll.
von Youtube
Nur mit Ihrer Zustimmung wird dieser Inhalt angezeigt. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Weitere Informationen finden Sie hier
Rund 500 Personen hatten in der bestuhlten Halle Platz genommen, darunter auch Mitglieder des Stadtrats und Oberbürgermeister Thomas Deuschle. Mit Stefan Baisch von der Q-con GmbH aus Bad Bergzabern und Joachim Ritter vom Karlsruher Institut für Technologie bat Moderator Christoph Ewen vom Forum Energiedialog zwei Kapazitäten auf ihrem Gebiet nach vorne.
Wie kann es zu Erdbeben, zu induzierter Seismizität, kommen, die durch äußere Einwirkung entstehen? Baisch, Ersteller eines Gefahrengutachtens für den möglichen Standort im Auftrag der Deutschen Erdwärme, erläuterte, der von Rissen durchzogene Untergrund sei verzahnt. Durch den Pumpvorgang könnten sich diese Verzahnungen ruckartig lösen und so Erdbeben auslösen. Ein Ampelsystem sorge aber für Sicherheit: Bei Aktivität über 1,3 auf der Richterskala würde abgeschaltet. Die Gefahr für Waghäusel sei aber sehr gering.
Auf Nachfrage aus dem Publikum spezifizierte er: "Die Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten fünf Minuten hier ein Meteorit einschlägt und uns alle tötet, ist auch gegeben, aber extrem gering."
Gefahr bestehe außerdem kaum, bezeichnete Ritter das Gefährdungsgutachten als valide und den Schwellenwert für eine Abschaltung als niedrig. Beide mussten aber eingestehen, dass man beim Bohren immer mit Überraschungen rechnen müsse - trotz Voruntersuchung.
Was in Waghäusel vermieden werden solle und gleichzeitig weiter das Risiko minimiere, ist, dass das sogenannte Grundgebirge angebohrt wird. Man wolle darüber bleiben, nur bis zur Buntsandsteinschicht gehen. Vorgaben, wie tief gebohrt werden darf, gebe es allerdings nicht, sondern nur, bis zu welcher Schicht.
Neben kritischen Wortmeldungen aus dem Publikum wurden eine Reihe von Negativbeispielen genannt. Auch der Moderator stellte fest: "Das Ampelsystem hat nirgendwo funktioniert."Doch Ritter warf ein: "In einem Fall schon." Immer müsse ein Mensch abschalten. Und nach dem Abschalten sei ein stärkeres Beben zu erwarten als zuvor – auch Nachbeben Jahre danach.
"In Basel hat man trotz Rot-Warnung einfach weiterlaufen lassen, was Beben bis 3,9 zur Folge hatte", so Ewen. Dem Vorschlag eines Teilnehmers, die Abschaltung zu automatisieren, sagte Baisch ab: "Es gibt natürliche Beben, die mit der Tiefengeothermie nicht zusammenhängen. Das kann automatisch nicht unterschieden werden." Aber es gebe ein engmaschiges Monitoring mit kürzesten Reaktionszeiten.
Im zweiten Teil der Veranstaltung sprach Achim Fischer-Erdsiek von der NW-Assekuranz, tätig für die Deutsche Erdwärme, mit Claudia Wuttke. Sie ist von der wave-ing Ingenieurwerkstatt in Kehl und selbst Schadensbetroffene. Sie fragte sich, warum es keine Landesbürgschaft für Schäden bei Bürgern gebe, denn für die Betreiber gelte ja auch Schutz. Wuttke riet daher allen Betroffenen, den Zustand ihrer Gebäude im Vorfeld genau zu dokumentieren.
So ließen sich spätere Diskussionen mit Versicherungen vermeiden. Fischer-Erdsiek verneinte aber die staatliche Absicherung und stellte einen Vergleich zu Frankreich an: "Wenn sie dort ins Trockene bohren und 30 Millionen in den Sand setzen ja. Hier nicht."
Ein Ombudsmann könne meist gut Schäden an Immobilien von 100.000 bis 250.000 Euro in der Summe abdecken. Höhere Schäden müsste dann aber ein unabhängiger Sachverständiger klären. "Hinsichtlich dessen Auswahl sind wir zum Dialog bereit. Gerne können Bürgerinitiativen Vorschläge machen."
Die Akzeptanz der Geothermie sei eine Sache des Vertrauens. "Im Grunde haben wir als Versicherer das gleiche Anliegen: Es soll nichts passieren. Hat etwa ein Unternehmen vor, das Grundgebirge anzubohren, sind wir raus."
Die Meinungen zum Abend gehen auseinander: Während Besucherin Marita Bauer aus Kirrlach die Veranstaltung als "aufklärend und transparent" ansieht, fand es Nina Hoffmann aus Landau nicht passend, dass "alle weg wollen von Atomkraft und Braunkohle, aber niemand hin zur Geothermie".
Ihre Freundin Caroline B. ergänzte: "Als Geophysikerin sage ich: Die Leute sollen bitte die Experten ihre Arbeit machen lassen und nicht mit unbegründeten Ängsten ein gutes Projekt blockieren."
Info: Am 26. März können alle Wahlberechtigten in Waghäusel abstimmen stimmen, ob stadteigene Grundstücke zur Errichtung eines Tiefengeothermie-Kraftwerks oder für andere Unternehmungen mittels Tiefenbohrungen überlassen werden sollen.