St. Leon-Rot

Kann die Höchstspannungsleitung unter die Erde?

Der Rat befasste sich mit der Netzverstärkung im Rahmen des "Ultranet"-Projekts – Leitung verläuft nahe St. Leoner See

02.03.2018 UPDATE: 03.03.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden
Rathaus in St. Leon-Rot

Das Rathaus in St. Leon-Rot. Foto: Reinhard Lask

St. Leon-Rot. (seb) Auf St. Leon-Roter Gemarkung, nahe dem St. Leoner See, verläuft eine 380-Kilovolt-Höchstspannungsleitung. Sie soll im Zug des Ausbaus der erneuerbaren Energien für eine Netzverstärkung genutzt werden, indem an die bestehenden Masten weitere Leitungen gehängt werden. Zuständig sind der private Netzbetreiber Amprion und in der Region zudem Transnet BW, 100-prozentige Tochter von EnBW, die die Inbetriebnahme für 2021 planen. St. Leon-Rot ist am Verfahren beteiligt und daher stand der Gemeinderat in der jüngsten Sitzung vor der Frage, ob das Vorhaben so akzeptiert wird. Bei 17 Ja-Stimmen, zwei Mal Nein und einer Enthaltung folgte man jedoch dem Verwaltungsvorschlag, für ein Erdkabel einzutreten.

Die Aussicht auf Erfolg ist offenbar gering. Doch zeigten sich einige Räte überzeugt, dass den Erdkabeln die Zukunft gehört und man dieses Projekt als Chance nutzen sollte, nach und nach umzustellen. Andere folgten Bürgermeister Dr. Alexander Egers Argument, dass man zumindest eine Stellungnahme in der Anhörung im Rahmen des Antragsverfahrens schriftlich dokumentiert haben und an der Erörterung aller Einwände beteiligt bleiben wolle: So mache man auch den Bürgern deutlich, dass man sich intensiv mit dem Vorhaben auseinandergesetzt habe. Eger hob auch die Sensibilität des Gebiets hervor, die Leitung sei rund 150 Meter vom St. Leoner See entfernt, "einer der größten Erholungsanlagen der Region".

Dass es keine gesetzliche Grundlage für eine Erdverkabelung gibt, legten Projektsprecherin Maria Dehmer von Transnet BW und Dr. Susanne Koss vom Stuttgarter Ingenieurbüro Fichtner dar. "Ultranet" sei speziell für dicht besiedelte Gebiete wie die Region um St. Leon-Rot konzipiert: So wenige Eingriffe in Natur, Landschaft und Siedlungsflächen wie möglich seien das Ziel. Daher setze man auf den insgesamt 340 Kilometern des Netzausbaus generell auf bestehende Stromleitungen.

In ihrer drastischen Schilderung sprachen sie von einer "bis zu 50 Meter breiten Schneise durch den Wald", die fürs Erdkabel notwendig würde. Darauf dürfe nichts mit größeren Wurzeln gepflanzt, geschweige denn etwas gebaut werden und auch der Aufenthalt sei stark eingeschränkt. Schließlich müsse man bei Problemen jederzeit aufs Kabel zugreifen können. "Das wäre eine massive Beeinträchtigung für St. Leon-Rot." Sie verschwiegen auch nicht, dass Erdkabel für Transnet BW bis zu neun Mal teurer als Freileitungen würden und auch die technische Wartung sehr viel aufwendiger wäre, weil natürlich jedes Mal Aushubarbeiten erfolgen müssen.

Eigentlich sei es sogar "eine gute Nachricht für St. Leon-Rot", dass die bestehenden Leitungsmasten genutzt werden können, so Maria Dehmer: Zu den bereits angebrachten drei Stromkabeln auf der einen Mastenseite sollen einfach spiegelbildlich drei weitere hinzukommen. Das sei optisch keine zusätzliche Beeinträchtigung. Und was den Schutz von Mensch und Natur angehe, sei man verpflichtet, die gesetzlichen Grenzwerte für Immissionen durch elektrische oder magnetische Felder einzuhalten, außerhalb des Schutzstreifens ebenso wie direkt unterhalb der Leitung, "sonst wird Ultranet nicht genehmigt". Die Grenzwerte blieben auch dieselben, unabhängig davon, ob bestehende, zu verstärkende oder neue Leitungen, und egal, ob Wohngebiet oder Campinganlage am St. Leoner See.

Susanne Koss verwies zudem auf umfangreiche Untersuchungen der möglichen Auswirkungen auf die Umwelt. Auf St. Leon-Roter Gemarkung gebe es keine Konfliktschwerpunkte, grundsätzlich stünde dem Vorhaben insgesamt nichts entgegen, alle Auswirkungen seien geringfügig, die denkbaren Konflikte überwindbar. "Wir haben die kürzeste und am wenigsten beeinträchtigende Trasse gewählt", betonte Maria Dehmer. Mehrfach verwies sie auf die im Internet einsehbaren Antragsunterlagen, die das seit fast fünf Jahren laufende Verfahren dokumentieren, immerhin gut 1000 Seiten, auf denen unter anderem die prognostizierten Immissionen dargelegt werden. Demnach liegen die zu erwartenden Feldstärken im Fall des Wechselstroms unter 15 Mikrotesla (der Grenzwert liegt bei 100 Mikrotesla) und beim Gleichstrom unter 20 Mikrotesla (Grenzwert: 500 Mikrotesla).

Info: Näheres zum Netzverstärkungsprojekt unter www.transnetbw.de/de/ultranet. Alle Antragsunterlagen sind unter www.netzausbau.de/vorhaben2-b zu finden.

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