Vorbereitungsklasse für Flüchtlingskinder
An der Kurpfalz-Realschule gibt es seit zwei Wochen die erste Vorbereitungsklasse für Flüchtlingskinder, und zwar nicht nur für ukrainische.

Von Micha Hörnle
Schriesheim. Zum ersten Mal in ihrer 50-jährigen Geschichte gibt es in der Kurpfalz-Realschule eine Vorbereitungsklasse für Flüchtlingskinder. Natürlich hat das vor allem mit dem Zustrom von Ukrainern zu tun, aber es gibt ja noch – was momentan oft vergessen wird – auch noch Flüchtlinge aus anderen Ländern. So geht eine junge Afghanin seit Kurzem in die Realschule – neben acht Ukrainern. Und somit sind es insgesamt neun Kinder und Jugendliche im Alter von neun bis 15 Jahren – und nicht nur vier, von denen Ex-Ordnungsamtsleiter Achim Weitz im Gemeinderat berichtet hatte. Die Zahl ist durchaus wichtig, denn mindestens zehn Schüler gelten als Voraussetzung.
Der Weg zur Vorbereitungsklasse war nicht immer einfach, wie Schulleiterin Petra Carse berichtet. Denn tatsächlich fanden sie und Lehrer Norbert Kotzan mit Anna Deeva-Hug jemanden, der die neue Klasse leitet, zumal die Heidelbergerin erstens fließend Russisch spricht und zweitens mit ihrem Studienabschluss in "Deutsch als Fremdsprache" sehr qualifiziert ist. Doch dann lag Deeva-Hugs Bewerbung erst mal sechs Wochen auf dem Schulamt, die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam. Aber immerhin: Seit zwei Wochen, seit dem 19. Mai, gibt es die neue Klasse mit ihren drei Schulstunden am Tag. Hier wird den Ukrainern und der Afghanin Deutsch beigebracht, "wobei das ja auch immer Kultur beinhaltet", so Carse. Denn bisher können die "Neuen" kein Deutsch und auch kein Englisch, auch mit der lateinischen Schrift tun sie sich noch schwer.
Da helfen zwei Dinge: das Handy und die gespendeten Laptops. Unverzichtbar ist der "Google-Translator", der schon bei der Schriesheimer Flüchtlingshilfe gute Dienste leistete, wie Christiane Haase vom Gesamtelternbeirat berichtet: "Ohne Handy geht da nichts." Kotzan selbst geht mit gutem Beispiel voran und lernt Russisch: "Ich wollte eben mal sehen, wie eine solche Situation für die Schüler ist. 13 Lektionen habe ich schon geschafft. Es macht Spaß!"
Und dann gibt es zum anderen auch noch die von Firmen und Privatleuten gespendeten Laptops, die Peter Mandos und Norbert Kotzan – er auch ist IT-Beauftragter der Realschule – aufbereiten und den Schülern zur Verfügung stellen. Auf denen gibt es nicht nur die mittlerweile üblichen Fernlernprogramme, mit denen man sich auch in den ukrainischen Unterricht einwählen kann, sondern und auch eines zum Sprachenlernen. Das wirkt manchmal Wunder: So berichtet Carse, dass ein ukrainischer Junge völlig fasziniert all das nachsprach, was ihm aus dem Monitor entgegenkam. Die Laptop-Sammelaktion hatte ursprünglich nichts mit dem Ukraine-Krieg zu tun, sie startete vor gut zwei Jahren mit dem Beginn der Pandemie, um auch denjenigen Schülern die Teilnahme am Fernunterricht zu ermöglichen, denen das Geld für ein eigenes Gerät fehlt. Mittlerweile kamen über 100 Geräte zusammen, aber weitere Spenden nehmen Mandos und Kotzan weiter an.
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Denn noch ist es völlig ungewiss, ob es wirklich bei den neun Schülern in der Vorbereitungsklasse bleibt. Denn, wie man heute so schön sagt: Die Situation ist dynamisch. So hatten sich zunächst fast 20 Schüler für die Vorbereitungsklasse gemeldet, wie Carse berichtet. Und auf einmal war mehr als die Hälfte "einfach weg, niemand weiß wohin" – vielleicht näher an die Heimat oder doch gleich wieder ganz zurück.
Was auch gut funktioniert: die Hilfsbereitschaft der Realschüler. Zwar haben sich offizielle "Paten" schon bei der SMV gemeldet, aber im Alltag zählt die praktische Hilfe: So sprechen zwei Mädchen die afghanische Hauptsprache Paschtu und helfen so der jungen Schülerin ganz praktisch. Außerdem, so meint Carse, solle man "jetzt die Vorbereitungsklasse erst einmal sich finden lassen" und nicht mit allzu viel Angeboten überfordern. Und alle sind auch mit der Zusammenarbeit zwischen Realschule und Rathaus zufrieden, "die machen einen Super-Job", findet Haase. Mit der neuen Lehrkraft Deeva-Hug habe man einen guten Fang gemacht, so Carse: "Ihr ist es ein großes Anliegen, zu helfen und den Schülern ein Stück Heimat zu geben."
Und doch gibt es immer wieder unvorhergesehene Probleme: Wie sollen Ukrainer nachweisen, dass sie zweimal gegen Masern geimpft sind, was in Deutschland Pflicht ist? In der Ukraine gibt es keinen Impfausweis, sondern eine Art Familienbuch, in dem das festgehalten ist – was aber nicht jeder auf der Flucht mitgenommen hat. Die Lösung: ein Antigen-Test beim Arzt. Und wer kommt für das Mensa-Essen der neuen Schüler auf? "Da findet sich eine Lösung, zur Not der Freundeskreis", meint Carse. Denn sie findet, dass alle Realschüler hier verpflegt werden sollen. Die Vorbereitungsklasse ist erst mal bis zu den Sommerferien angelegt, eine Fortführung ist beim Schulamt angemeldet. Allerdings: Es wird nur eine einzige geben, so Carse: "Mehr können wir nicht stemmen. Bei den Räumen und beim Personal sind wir jetzt schon Spitz auf Knopf."