Erste Baufahrzeuge am Kompressorenhaus gesichtet
Aber jetzt wartet man die Meinung der Fledermausbeauftragten ab. Ein Förderverein à la IEWS will sich gründen.

Von Micha Hörnle
Schriesheim. Unter den Freunden des Kompressorenhauses herrschte am Dienstag Alarmstimmung: Es waren am Morgen Fahrzeuge von Baufirmen vor Ort – und man befürchtete, es könne jetzt mit dem Abriss ernst werden. Aber noch ist es nicht so weit, wie der Geschäftsführer einer der beiden beteiligten Firmen, C&C-Bau aus Wiesenbach, Claudio Capriglione, auf RNZ-Anfrage mitteilte; die andere ist von Ernst Karolus, ebenfalls aus Wiesenbach. "Wir wollten eigentlich am nächsten Montag anfangen", sagte Capriglione, "und dann wäre das Gebäude innerhalb von 14 Tagen abgerissen." Aber nun stellte sich heraus, dass man noch auf die Stellungnahme der Fledermausbeauftragten warten müsse. Wann es denn nun losgeht mit dem Abriss, "steht noch in den Sternen", so Capriglione. Der Vor-Ort-Termin gestern sei lediglich eine Besprechung gewesen.
Unterdessen ruhen die Schriesheimer nicht, wenn es um den Erhalt des Gebäudes geht, das das Regierungspräsidium Karlsruhe deswegen abreißen will, weil es das Naturschutzgebiet Ölberg stört. Da die Zeit drängt, hat sich die grüne Landtagsabgeordnete Fadime Tuncer direkt an den Umweltstaatssekretär Andre Baumann gewandt, um bei ihm nachzufragen, wie sich Naturschutz und Industriedenkmal zusammenbringen lassen: "Jetzt Briefe an das Regierungspräsidium zu schreiben, braucht zu lange Zeit." Außerdem ist sie der Meinung, dass auch das Schriesheimer Rathaus "hätte anders reagieren müssen" als einfach nur den Abrissplänen der Karlsruher Behörde zuzustimmen.
Unterdessen unterschreiben immer mehr Bürger die Unterschriftenlisten. Sigrid Fuhs hat schon in ihrem Laden Jöst-Mode rund 110 gesammelt: "Tendenz steigend", zumal ja noch eine Liste im Backhaus Höfer liegt. Zumindest hat sie vor, alle Listen auf der nächsten Gemeinderatssitzung (Mittwoch, 23. November, Rathaus, ab 18 Uhr) zu überreichen. Auch Frank Reiner Hornigs am Donnerstag gestartete Internet-Petition haben bereits 215 Personen unterzeichnet – womit das Ziel von 100 Unterschriften weit übertroffen wurde.
Hornig hat auch die Idee, analog zum Waldschwimmbad und der IEWS einen Förderverein ins Leben zu rufen, der mit Mitgliedsbeiträgen und Spenden für den Erhalt des Gebäudes sorgen soll – damit die finanzielle Last nicht an der klammen Stadt hängen bleibt. Momentan hat er fünf Vereinsgründer beisammen, er braucht aber sieben – wer mitmachen will, kann sich bei Hornig melden (Telefon: 0178/1879585, E-Mail: reiner.f.hornig@magenta.de).
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Eigentlich würde er gern vor der Gründung "die Reaktion des Bürgermeisters abwarten" – und ob der sich nicht angesichts des wachsenden Widerstands doch für eine Verschiebung des Abrisses einsetzt (wofür es aber keine Hinweise gibt). Apropos Oeldorf: An ihn richtete Matthias Schilling vom Feldbahnmuseum Steinbruch Dossenheim einen offenen Brief. Seine wichtigste Bitte an den Bürgermeister: "Bitte setzen Sie sich für den Erhalt des ehemaligen Kompressorenhauses ein!" Denn: "Ein Denkmal für die schwere Arbeit der Väter, Großväter und Urgroßväter der Schriesheimer soll erhalten bleiben. Sie verdienten im Steinbruch ihren Lebensunterhalt in einem ehemals bedeutenden Industriezweig. Das Kompressorenhaus ist eines der letzten Überbleibsel." Schilling höre oft von Schriesheimern und Dossenheimern, dass sie dieses Häuschen liebten – und er fragt Oeldorf: "Wollen Sie da der Bürgermeister sein, in dessen Amtszeit solch ein beliebtes Industriedenkmal abgerissen wurde?"
Für Schilling sind die Argumente des Regierungspräsidiums für den Abbruch "längst widerlegt: Der angebliche Müll von Partys ist stattdessen seit Jahrzehnten eingelagertes Material eines Jagdpächters". Er hat auch eine Idee, wie das Gebäude genutzt werden könne: "Ein Unterstand für Wanderer könnte im Erdgeschoss entstehen, mit einigen Schautafeln zur Geologie und Geschichte des Gesteinsabbaus. Das Obergeschoss ist prädestiniert als Fledermausquartier und muss das auch bleiben."
Eine erste Sicherung des Gebäudes sei "aufgrund der robusten Bauweise" vom Aufwand her "überschaubar": "Vordringlich ist zu entrümpeln und die Dachpappe des Hauptgebäudes an einigen undichten Stellen zu ersetzen. Die beiden Anbauten könnten als Ruine stehen bleiben, wenn Metallteile entfernt sind, an denen man sich verletzen könnte. Dies lässt sich mit der Hilfe von Freiwilligen bewerkstelligen, es gibt für mögliche Arbeitseinsätze schon erste Zusagen. Für alle Maßnahmen, die dem Erhalt dieses Industriedenkmals dienen, können beim Geopark Fördermittel beantragt werden."
Gegenüber dem Kompressorenhaus stehe, so Schilling, jetzt schon eine Infotafel zum Naturschutzgebiet, da sei es "merkwürdig, warum dann eine weitere Infotafel zum Kompressorenhaus nach der Argumentation des Regierungspräsidiums eine ,Störung’ wäre". Dass das auch anders geht, beweise Mauer: In der Sandgrube Grafenrain könne man sich auf Schildern über die Geologie und den Fund des Urmenschen "Homo Heidelbergensis" informieren.
Bauunternehmer Capriglione hat schon vom Widerstand der Schriesheimer gehört und sagt im Scherz, er brauche für die Abrissarbeiten "wohl Geleitschutz". Mit heiklen Aktionen kennt er sich aus: Im Mai 1987 musste er als Lehrling "in einer Nacht- und Nebelaktion" ausrücken, um auf Geheiß des damaligen Neckargemünder Bürgermeisters Oskar Schuster das selbstverwaltete Jugendzentrum widerrechtlich abzureißen. Tags drauf kam es zu heftigen Demonstrationen, auf der die sofortige Absetzung Schusters gefordert wurde.