Ziehen Flüchtlinge in der Schmerzklinik Schönau ein?
Nach Jahren des Stillstandes könnte sich auch auf dem ehemaligen Freudenberg-Areal wieder etwas tun

Stück für Stück erobert sich die Natur das frühere Gelände der Firma Freudenberg zurück - zuletzt war dort bis 2003 eine Klinik. Foto: Alex
Von Christoph Moll
Schönau. Das Gerücht hält sich hartnäckig im ehemaligen Klosterstädtchen: Die frühere Schmerzklinik auf dem alten Freudenberg-Areal am Ortsausgang Richtung Neckarsteinach soll zu einer Flüchtlingsunterkunft werden. Kürzlich machte sogar das Gerücht in Schönau die Runde, dass dort bereits die ersten Asylbewerber eingezogen seien und nun orientierungslos im Ort herumirrten. Die RNZ ging dem nach und fand heraus: Das stimmt nicht. Die Gerüchte um die Umwandlung in eine Flüchtlingsunterkunft kommen aber auch nicht von ungefähr.
Hintergrund
> Die ehemalige Schmerzklinik auf dem alten Freudenberg-Gelände war nur vier Jahre lang in Betrieb - und zwar von 1999 bis 2003: Das Objekt war in finanzielle Schieflage geraten. Seither herrscht Stillstand auf dem 150 Ar großen Areal, durch das die Steinach fließt und auf
> Die ehemalige Schmerzklinik auf dem alten Freudenberg-Gelände war nur vier Jahre lang in Betrieb - und zwar von 1999 bis 2003: Das Objekt war in finanzielle Schieflage geraten. Seither herrscht Stillstand auf dem 150 Ar großen Areal, durch das die Steinach fließt und auf dem sich ehemalige Fabrikgebäude und ein Wohnhaus befinden. Nachfolgeprojekte scheiterten. Seitdem holt sich die Natur allmählich das Gelände zurück. Die Firma Freudenberg hatte Schönau bereits im Jahr 1974 verlassen. Ein Gutachter hatte zuletzt Möglichkeiten für das dreigeschossige Gebäude an der Neckarsteinacher Straße mit seinen 3800 Quadratmetern Nutzfläche für Altenpflege, Behinderte oder Nachtpflege bis hin zu einem Hospiz gesehen. Das Problem: Dafür muss man einen Investor finden.
Zuletzt konnten Besucher nach der Zwangsversteigerung im letzten Jahr einen Blick in die Gebäude werfen. Und feststellen: Die Zeit im alten Schmerztherapiezentrum scheint stillgestanden zu haben. Im Eingangsbereich glänzt noch der dunkle Marmor. In einem Raum finden sich noch die Gymnastikbälle, das Magnetresonanz-Tomografiesystem und das MRT-Gerät müssen nur angeschaltet werden. Räume für Physiotherapie, Praxen, eine Saunalandschaft, Massageräume mit Wannen und Untersuchungsräume sind vorhanden. Empfangstresen, mehrere Arztzimmer und Warteräume weisen heute noch auf die einmal angestrebte und nur kurzzeitig in Betrieb gewesene Klinik hin. Der Übergang in die Chefarztetage ist unverkennbar: Holzvertäfelung und aufwendige Innenausstattung finden sich dort. cm/fi
Dass der für die Erstunterbringung zuständige Rhein-Neckar-Kreis das Gebäude schon angemietet hat und bereits zur Flüchtlingsunterbringung nutzt, ohne die Öffentlichkeit zu informieren, wäre äußerst ungewöhnlich. Denn informiert wurden die Einwohner der jeweiligen Orte immer - zumal es sich bei der ehemaligen Schmerzklinik um ein Gebäude handelt, in dem mehrere Hundert Menschen unterkommen könnten. "Das hätten wir mitbekommen müssen", sagte auch Tanja Ehrhard, die in den letzten Tagen den im Urlaub weilenden Bürgermeister Marcus Zeitler vertrat. Trotzdem schaute sie sich wegen der Gerüchte vor Ort um - und entdeckte niemanden.
Das könnte sich aber tatsächlich ändern. Das Land, ergab eine RNZ-Anfrage, hat zwar kein Interesse an dem Gelände für eine Flüchtlingsunterbringung wie in Heidelberg. Der Rhein-Neckar-Kreis hingegen schon. Wie Landratsamtssprecherin Silke Hartmann kurz und knapp auf Anfrage der RNZ mitteilte, habe der Landkreis "aufgrund der immens hohen Flüchtlingszugänge großes Interesse" am ehemaligen Freudenberg-Gelände. "Es müssen jedoch noch mit dem Eigentümer detaillierte Gespräche geführt werden", betonte Hartmann. "Weder sind die Planungen abgeschlossen, noch ist ein Vertrag geschlossen." Mehr könne sie im Moment nicht sagen.
Dies bestätigte auch der Eigentümer des Areals, der aus dem Kraichgau kommt, aber namentlich nicht genannt werden möchte. Er hatte das Gelände vor über einem Jahr bei einer Zwangsversteigerung für rund eine Million Euro erworben, was als "Schnäppchen" galt. Denn der Verkehrswert lag bei über drei Millionen Euro. Damals war noch eine Nutzung als Pflegeheim angedacht. Es sei auch eine sogenannte Pflegebedarfsanalyse für den Raum Schönau erstellt worden. "Wir haben bei vielen Trägern von Pflegeheimen angefragt, es ist aber zu keinen konkreten Vertragsverhandlungen gekommen", sagte der Eigentümer. "Es ist schwierig, eine Nutzung für eine so große Immobilie zu finden." Die Nutzfläche liegt bei knapp 3000 Quadratmetern.
Es gebe zum einen das Interesse, das Gebäude wieder als Klinik zu nutzen, und zum anderen eben als Flüchtlingsunterkunft. "Der Rhein-Neckar-Kreis ist auf uns zugekommen", so der Mann aus dem Kraichgau. Man habe Gespräche geführt, "faktisch aber noch keine Vertragsverhandlungen". Man sei erst in der "Anfangsphase". Er sei sich auch noch unschlüssig, ob er eine solche Nutzung überhaupt wolle, so der Eigentümer. "Dass das Gebäude leersteht, ist aber auch kein guter Zustand." Wenn man sich mit dem Landkreis einig werde, stehe man aber auch hinter der Nutzung. "Das wäre keine Notlösung", betonte der Mann. Die Gespräche mit weiteren potenziellen Investoren würden aber weitergeführt.