Neckargemünd: Wenn der Notruf in der Warteschleife landet
Bei einem Notfall in Mückenloch wurde der Hilferuf zur Odyssee - Das DRK rät: Bei akuten Fällen immer die 112

Ob Feuerwehr oder Rettungsdienst: Die wichtigste Nummer im Notfall ist die 112. Fotos: dpa
Von Manuel Reinhardt
Neckargemünd-Mückenloch. "Bitte bleiben Sie in der Leitung, Sie werden so schnell wie möglich verbunden." Was etwa bei Servicenummern die Nerven strapaziert, kann im Notfall lebensgefährlich werden: Wenn der Notruf nämlich in der Warteschleife landet. So ist es jüngst einer 31-jährigen Frau geschehen. Deren Großmutter in Mückenloch hatte einen Schlaganfall erlitten. Bis zum erfolgreichen Notruf brauchte es jedoch drei Telefonnummern und fast 30 Minuten.
Gegen 20 Uhr meldete sich die Mutter der jungen Frau. Der Oma ginge es nicht gut. Und als sie ihre Großmutter sah, war ihr klar: Das ist ein Schlaganfall. Da sie die Lage aber als nicht so ernst einschätzte, wählte sie die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116.117. Und landete prompt in der Warteschleife.
Die Zeit verstrich, erst nach zwei weiteren Versuchen meldete sich eine Notruf-Mitarbeiterin. Doch die konnte nur mitteilen, dass man in nächster Zeit keinen Arzt nach Mückenloch schicken könne. Sie riet, den Hausarzt direkt anzurufen, die 112 oder die 19.222. Das tat die Enkelin - und erreichte überhaupt niemanden. Also doch die 112, dachte sich die junge Frau. Und kaum hatte sie die Nummern eingetippt, da war sie auch schon bei der Leitstelle gelandet.
Aber nicht bei der eigentlich für Mückenloch zuständigen Leitstelle in Ladenburg, sondern bei der Leitstelle Bergstraße im hessischen Heppenheim. Das nächste Abenteuer in der langen Notruf-Odyssee? Zum Glück nicht, denn von dort wurde die Rettungswache in der Kriegsmühle in Bammental verständigt. Zehn Minuten später war der Rettungswagen in Mückenloch und die 86-Jährige auf dem Weg ins Krankenhaus nach Heidelberg.
Doch wie ist das nun genau mit den Notrufnummern? Die 112, erklärt ein Sprecher des Kreisverbandes Heidelberg des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) gegenüber der RNZ, ist die europäische Notrufnummer für Feuerwehr und Rettungsdienst. Letzterer setzt sich aus Rettungswagen und Notarzt zusammen. Und die 112 ist dann die richtige Nummer, wenn ein Fall "zeitkritisch" ist. Also beispielsweise ein Herzinfarkt, Atemstillstand - oder auch Schlaganfall. "Ein Schlaganfall ist ein Notfall, bei dem wir ein dünnes Zeitfenster haben", so der DRK-Sprecher. Man müsse Patienten mit Medikamenten behandeln, das gehe nur in der Klinik. Und schließlich könne man in so einem Fall äußerlich nicht feststellen, ob vielleicht mehr, etwa eine Hirnblutung, dahinter stecke. Die 112 ist rund um die Uhr erreichbar.
Die 116.117 ist die Nummer für weniger akute Fälle wie Fieber oder Bauchschmerzen. Kurz gesagt: Für alles, was der Hausarzt behandeln würde - aber eben außerhalb dessen Sprechzeiten wie am Abend, Wochenende oder an Feiertagen. "Das ist die Hausarztvertretung, da ist keine Dringlichkeit dabei", sagt Peter Müller, Leiter der Leitstelle in Ladenburg. Und obwohl genügend Mitarbeiter im Einsatz seien, könne es da schon Mal vorkommen, dass sich alle in Gesprächen befinden und kurze Wartezeiten entstehen. "Wichtig ist aber: Nicht auflegen", so Peter Müller. "Die Anrufer werden trotzdem richtig vermittelt." Er selbst ist froh über diese Nummer: Die im April 2012 eingeführte Nummer entlaste den Rettungsdienst sehr. Die zu Jahresbeginn geschlossene Notfallpraxis in Neckargemünd mache sich zumindest statistisch nicht bemerkbar: "Die Wartezeiten und die Anrufermenge haben sich nicht verändert."
Schließlich bleibt noch die 19.222 : Dies ist die Nummer für Krankentransporte. Hier kann man nicht dringende Fahrten oder Termine anmelden, die man Tage zuvor ausmacht. Beispielsweise kann über diese Nummer eine Fahrt einer ans Bett gebundenen Person zur Untersuchung im Krankenhaus organisiert werden.
Dass der Mückenlocher Notruf aber plötzlich in Hessen landete, hänge mit der Nähe zum nördlichen Nachbarland zusammen. Da könne der Router durchaus in ein anderes Netz eingebucht sein. Dies sei, so der DRK-Sprecher, aber auch kein Problem: "Dort nehmen sie den Fall auf und geben ihn gleich weiter." Wie in Mückenloch geschehen.
In der Regel werden darüber hinaus bei medizinischen Notfällen die Helfer vor Ort des DRK informiert. Die waren an jenem Abend aber schon im Einsatz ... Die Oma hatte dennoch Glück im Unglück - ihr geht es schon besser, bleibende Schäden hat sie keine erlitten.



