Lobbacherin kämpft gegen den spritzenden Schneematsch

Verstopfter Schacht: Barbara Smolik sieht ihr Haus bedroht - Sie fühlt sich als "technisches Opfer" - Wasser spritzt an die Fassade

08.01.2017 UPDATE: 09.01.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 4 Sekunden

Wenn es schneit, muss Barbara Smolik mehrmals täglich den Abfluss vor ihrem Haus freistochern, ihre Fenster schützt sie mit Plastik. Foto: Alex

Von Anja Hammer

Lobbach-Waldwimmersbach. In vier Stunden war Barbara Smolik schon viermal draußen. Im Laufe des Tages werden noch einige Male dazukommen. Jedes Mal "bewaffnet" sich die 72-Jährige mit einem Multifunktionsbesen Marke Eigenbau und stellt das Warndreieck auf. Ihre Mission: eines der ältesten Häuser im Ort schützen.

Hintergrund

(aham) Bürgermeister Heiner Rutsch weiß von Barbara Smoliks Problem: "Das ist der tiefste Punkt im Ort", sagt er auf RNZ-Nachfrage. Doch gleichzeitig relativiert er die ganze Angelegenheit: Zum einen habe fast jedes Haus in der Ortsdurchfahrt das Problem mit dem Wasser, das

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(aham) Bürgermeister Heiner Rutsch weiß von Barbara Smoliks Problem: "Das ist der tiefste Punkt im Ort", sagt er auf RNZ-Nachfrage. Doch gleichzeitig relativiert er die ganze Angelegenheit: Zum einen habe fast jedes Haus in der Ortsdurchfahrt das Problem mit dem Wasser, das unter den Autoreifen wegspritzt, und zum anderen habe nunmal jeder Grundstücksbesitzer eine Räumpflicht. "Und wenn man etwas älter ist, muss man sich vielleicht überlegen, jemand Jüngeres zu suchen, der das für einen übernimmt - und notfalls auch dafür bezahlen", so Rutsch. In dem Fall dann auch zum Stochern.

Auch im Straßenbauamt des Rhein-Neckar-Kreises ist der Fall Smolik bekannt, der zuständige Betriebsleiter stehe mit der Gemeinde in Kontakt, berichtet die Sprecherin des Landratsamts, Silke Hartmann. Aber sie macht wenig Hoffnung, dass sich etwas ändert: "Vor diesem Haus gibt es einen ausreichenden Abfluss, der funktioniert, und eine zusätzlich gesetzte Rinne, über die das Schmelzwasser abfließen kann", so Hartmann. Und weiter: "Dass es jetzt in der Winterzeit Schmelzwasser gibt, liegt in der Natur der Sache und lässt sich nicht vermeiden."

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Denn in genau dem lebt die Pensionärin seit ihrer Geburt. Ihre Großeltern hatten bereits 1919 die einstige Dorfmühle in der Hauptstraße gekauft. Damals fuhren lediglich ein paar Ochsenkarren oder Pferdekutschen vorbei. 98 Jahre und zig Tausend Autos später lastet das Erbe ihrer Familie schwer auf Smoliks Schultern. "Ich könnte Ihnen stundenlang Horrorgeschichten erzählen", sagt sie, als sie sich in ihrer Verzweiflung bei der RNZ meldet. Sie sieht sich als "technisches Opfer".

Denn neben ihrem Haus mündet die Alte Haager Straße in die Hauptstraße. Diese ist abschüssig. "Und immer wenn es schneit, läuft das Schmelzwasser herunter", erklärt sie. Hinzukommt, dass die Hauptstraße eine Landesstraße ist, die von vielen Pendlern genutzt wird. Entsprechend oft fährt der Räumdienst bei Schnee an ihrem Haus vorbei. Beides zusammen wird für Smolik zum Problem: "Vor dem Haus gibt es nur einen Ablaufschacht - und der wird zugeschoben", erklärt die Seniorin. Das Wasser könne nicht mehr abfließen und auf der Straße würde sich eine bis zu fünf Meter lange Pfütze bilden. Die Autofahrer fahren hindurch und das Spritzwasser landet an ihrem Haus, "auf dem Sandstein und an den Holzfenstern", wie sie betont. Und wenn die 72-Jährige nach nebenan blickt und die Kirche sieht, die auch das Spritzwasser abbekommt, denkt sie: "Das sieht ganz furchtbar aus."

Und um genau das zu verhindern, geht sie an den kalt-nassen Tagen ständig nach draußen. Mit dem Besenstiel stochert sie dann den Schacht frei und schiebt mit dem Schaumstoff am anderen Besenende das angestaute Wasser in den Kanal. Trotz aufgestelltem Warndreieck am Straßenrand bekommt sie jedes Mal Schneematsch von den Autofahrern ab.

"Ich versuche doch nur, mein Elternhaus in Ehren zu halten", sagt sie. "Es ist eine mühselige Angelegenheit." Würde sie nicht stochern und schieben, dann "müsste sie das ganze Haus einpacken", ist sich Smolik sicher. So stellt sie "nur" ein Holzbrett vor den Sandsteinsockel und eine Plastikplatte vor die Holzfenster.

Seit Jahrzenten geht das so. Nicht nur bei Schnee. Bei starkem Regen staut sich das Wasser ebenfalls vor ihrem Haus. Und seit Jahrzehnten klagt sie den Behörden ihr Leid (siehe Artikel rechts). "Doch da wird der Schwarze Peter nur von einem zum anderen geschoben", berichtet sie. Die Gemeinde würde sich nicht zuständig fühlen, da die Hauptstraße eine Landesstraße sei. "Dabei hat die Gemeinde doch eine Fürsorgepflicht", so die alleinstehende Seniorin. Beim Rhein-Neckar-Kreis würde sie nicht ernst genommen und abgewimmelt werden.

Als vor einigen Jahren die Straßendecke erneuert wurde, wurde sie ebenfalls vorstellig. Denn ihr Problem könnte ganz einfach behoben werden, glaubt sie. Und zwar mit einem längeren Abflussschacht. Diese Idee unterbreitete sie einem Mitarbeiter vom Straßenbauamt, der extra zu ihr gekommen war. Er versprach, die Situation im Auge zu behalten. "Aber da stand er schon kurz vorm Ruhestand", fand Smolik später heraus, als sie den Beamten nicht mehr erreichen konnte.

Und so stochert sie den Schacht weiter bei Schnee frei und deckt Teile ihres Hauses ab.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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