Freibad-Eintritt müsste vervierfacht werden
Jahresrechnung sorgte für Diskussion um Kostendeckung im Gemeinderat - Realistischere Planung eingefordert

Symbolbild: dpa-Archiv
Neckargemünd. (cm) Die Stadt hat schlecht geplant. So schlecht, dass es am Ende gut wurde. Wobei schlecht hier nicht als fehlerhaft zu verstehen ist, sondern als zurückhaltend: "Wir fahren gut mit unserer defensiven Planung", sagte Bürgermeister Frank Volk. Das zeigte sich auch in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Gemeinderats, als die Jahresrechnung und der Beteiligungsbericht, also der Rechenschaftsbericht 2015, einstimmig festgestellt wurde. Die "kaufmännische Vorsicht" hat auch 2015 wieder dazu geführt, dass sich die Finanzen im Vergleich zur Planung besser entwickelt haben und auch wieder kein Nachtragshaushalt notwendig war. "Das sind wir schon gewohnt, sollten uns aber nicht immer darauf verlassen", warnte Volk.
Ursache waren unter anderem die deutlich höheren Gewerbesteuereinnahmen. Geplant waren 1,7 Millionen Euro, am Ende wurden es 2,2 Millionen Euro. Im Verwaltungshaushalt gab es außerdem Mehreinnahmen bei Zuweisungen und Zuschüssen sowie Minderausgaben bei den Bewirtschaftungs- und Unterhaltungskosten, sodass es unterm Strich statt einer geplanten negativen Zuführungsrate von 924.000 Euro vom Vermögens- in den Verwaltungshaushalt eine positive Zuführungsrate von 1,5 Millionen Euro vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt wurde. Durch diese Verbesserung von 2,45 Millionen Euro konnte auf die geplante Kreditaufnahme von 1,9 Millionen Euro verzichtet werden und die Entnahme aus der Rücklage fiel um 500.000 Euro geringer aus.
Jürgen Rehberger (Freie Wähler) unterstützte die vorsichtige Planung der Gewerbesteuer, da immer wieder Unvorhergesehenes passieren könne. "Dann lieber etwas weniger einplanen und sich im Rechenschaftsbericht freuen", meinte er. Rehberger sprach die Realisierungsquote im Baubereich von nur 53 Prozent an. Eingeplante Gelder seien nicht ausgegeben worden, was positive Auswirkungen auf den Haushalt hatte. "Aber Vorsicht: Hier wurden, wie auch im Verwaltungshaushalt bei den Unterhaltungskosten, notwendige Sanierungen und Renovierungen nicht durchgeführt beziehungsweise verschoben, die uns dann in der Zukunft teuer zu stehen kommen können", so Rehberger. "Eine realistischere Planung wäre hier sinnvoll, um zum einen keine Begehrlichkeiten zu wecken und zum anderen die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu berücksichtigen." Der gute Rechnungsabschluss sei kein "Freibrief für die Zukunft".
Christian Rupp (CDU) meinte, dass der Rechenschaftsbericht eigentlich wichtiger sei als der Haushalt. "Planen ist wichtig, aber was man tatsächlich ausgibt, ist noch wichtiger", meinte Rupp. "Wir haben wieder mehr eingenommen als geplant und sollten vorher nicht so viel pienzen." Dann könne man mit weniger Druck lösungsorientiert an Probleme rangehen. Rupp ging davon aus, dass durch Firmenansiedelungen auf dem Ortho-Areal künftig mehr Gewerbesteuer sprudeln wird.
Winfried Schimpf (SPD) unterstützte die vorsichtige Planung. Die Gewerbesteuer liege noch immer auf "Dorfniveau", meinte Schimpf. "Für eine Stadt mit Ortsteilen ist das viel zu wenig." Eine Erhöhung sei "dringend geboten". Bei Firmenansiedelungen müsse die Gewerbesteuer ein wichtiges Entscheidungskriterium sein. Bei den sogenannten "kostenrechnenden Einrichtungen" sah Schimpf wenig Spielraum, auch tatsächlich die vorgeschriebene Deckung der Kosten durch Gebühren zu erreichen. Bei den Friedhöfen waren 46 Prozent der Kosten gedeckt, bei den Kindergärten zwischen 36 und 54 Prozent und beim Freibad 25 Prozent. Das Freibad sah Schimpf jedoch als "Teil der Tourismusförderung". "Was haben wir sonst noch? Eine schöne Landschaft alleine reicht nicht."
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Petra Groesser (Grüne) kritisierte die niedrige Realisierungsquote: "Es ist viel liegen geblieben", meinte sie. "Wir schleppen viele Vorhaben schon seit Jahrzehnten mit uns herum - und es wird dadurch nicht billiger und besser, sondern teurer." Ganz so toll seien die Zahlen deshalb in der Realität nicht. Die niedrige Kostendeckung beim Freibad bezeichnete sie als "heftig". Hier müsse man prüfen, wo man Kosten einsparen könne. Dass der Bauhof für die Durchführung von Veranstaltungen auf dem Marktplatz und im Menzerpark sowie beim Bohrermarkt 1284 Stunden - Weihnachtsmarkt und Kerwen seien hier noch gar nicht berücksichtigt - eingespannt sei, sei einerseits positiv. Andererseits fehle die Arbeitskraft an anderer Stelle.
Bürgermeister Frank Volk sagte, dass der Kostendeckungsgrad bei kostenrechnenden Einrichtungen im Landesschnitt bei 57 Prozent liege. "Da sind wir nicht weit weg." Beim Freibad müsste man die Eintrittspreise vervierfachen, um eine Kostendeckung zu erreichen. "Wir leisten uns aber gerne das schönste Schwimmbad weit und breit."



