Gehen Senioren ohne Internet baden?
Tickets in Freibädern müssen online reserviert werden

Region Heidelberg. (cm) Diesen Sommer ist alles anders. In den Freibädern in Bammental, Leimen und Neckargemünd müssen die Badegäste über ein Online-Buchungssystem ein Ticket reservieren, da die maximale Besucherzahl wegen Corona begrenzt ist. Als das eine 74-jährige Rentnerin aus Leimen las, meldete sie sich bei der RNZ. "Senioren ohne Internet werden ausgeschlossen", kritisierte sie. "Das ist ungerecht." Es gebe viele ältere Menschen, die morgens abseits des Trubels schwimmen gehen möchten. Eine Jahreskarte für knapp 100 Euro – wie sie in Leimen für Rentner angeboten wird – lohne sich oft nicht und könnten sich viele nicht leisten. "Viele Senioren halten sich seit Monaten wegen Corona zurück und werden nun benachteiligt", meinte die Frau. "Ich empfinde das als Diskriminierung und Entmündigung."
"Es gibt keine Alternative zur Online-Buchung", betont Leimens Stadtsprecher Swen Bauer auf RNZ-Nachfrage. "Nur so können wir Warteschlangen an der Kasse vermeiden." Hintergrund sei, dass die Badegäste ihre Daten zur "Nachverfolgung" hinterlassen müssen für den Fall, dass ein Corona-Infizierter unter den Besuchern war. "Es ist notwendig und geht leider nicht anders", so Bauer. Bei allen Alternativen würde es zu Wartezeiten kommen. Und diese seien zu vermeiden. Deshalb rät die Stadt Senioren ohne Internet, Familie oder Freunde zu bitten, ihnen ein Ticket zu reservieren. Noch ist das Freibad im Leimener Bäderpark nur für Jahreskarteninhaber geöffnet, voraussichtlich ab 1. Juli aber auch für Tagesbesucher.
Anders wird es in Bammental gehandhabt. "Wir halten ein Kontingent für Bürger ohne Internetzugang frei", sagt Bürgermeister Holger Karl. Das Waldschwimmbad werde von vielen treuen, älteren Stammgästen besucht. "Diese wollen wir nicht ausschließen, sondern sie sind herzlich willkommen", so der Rathauschef. Eine andere Lösung wie eine Reservierung per Telefon sei zu aufwendig. Spontanbesucher müssen ihre Daten vor Ort angeben. Die Lösung gelte aber nur für ältere Stammgäste. "Wir empfehlen die Anmeldung über das Internet", ergänzt Schwimmmeister Carsten Kresser.
Stadt setzt auf helfende Nachbarn
In Neckargemünd diskutierte der Gemeinderat vor der Öffnung am 29. Juni über das Thema. "Das ist eine schöne Idee", war Heike Geißler (Grüne) begeistert von der Bammentaler Lösung. "Wir haben uns Gedanken über eine Sonderbuchungsmöglichkeit gemacht", sagte Bürgermeister Frank Volk. "Aber wenn das Kontingent dann erschöpft ist, gibt es am Freibadeingang eine Enttäuschung." Eine Buchung über das Bürgerbüro habe man verworfen: "Wir wollen den Leuten nicht zumuten, zuerst ins Rathaus zu kommen", so Volk. "Wir müssen aber sicherlich nachsteuern." Auch Marco La Licata (Linke) setzte sich dafür ein, Badegäste ohne Internet nicht auszuschließen. Petra Groesser (Grüne) schlug vor, Ticketreservierungen in möglichst vielen Anlaufstellen wie in der Stadtbücherei und den Ortsverwaltungen anzubieten. Volk wollte diesen Hinweis aufnehmen, Jens Hertel (SPD) auch Gewerbetreibende und das Büro des Campingplatzes einbinden.



