Flüchtlingsdorf Meckesheim ohne Flüchtlinge
Baustopp sorgte für ungewissen Belegungszeitpunkt: Kreis wird aufgebaute Containerunterkunft in der Dieselstraße nicht anmieten

Die Containeranlage ist fast fertig. Flüchtlinge werden aber keine einziehen. Foto: Alex
Von Manuel Reinhardt
Meckesheim. Die Flüchtlingscontainer in der Dieselstraße sind nahezu einzugsbereit. Doch kein Flüchtling wird die Anlage im Industriegebiet je betreten: Nach dem Baustopp durch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) Mannheim in der letzten Woche hat der Rhein-Neckar-Kreis nun beschlossen, von dem Projekt Abstand zu nehmen. Es ist das Aus für die umstrittene Anlage.
Am Freitagmorgen um 8.09 Uhr wurde vom Landratsamt die Pressemeldung verschickt, es war offiziell: Es werden keine Flüchtlinge in die Gemeinschaftsunterkunft kommen. Denn der Baustopp führte dazu, dass der Übergabetermin am 30. November, an den der Vertrag mit dem Investor gekoppelt war, nicht eingehalten werden konnte. Und da die Zeit drängt und nicht absehbar ist, ob und wann die Container genutzt werden können, entschloss sich der Kreis nun, die Anlage nicht anzumieten. "Natürlich ist es schade, wie es gelaufen ist", sagt Kreissprecherin Silke Hartmann. "Aber wir brauchen jetzt die Plätze und nicht in sechs Monaten."
Der Kreis hält sich, das betont Silke Hartmann, an die gemeinsam mit dem Investor getroffenen vertraglichen Absprachen. Möglich rechtliche Schritte sieht sie daher nicht auf den Kreis zukommen. "Wir haben unsere Entscheidung dem Investor gegenüber in einem persönlichen Gespräch ausführlich erläutert", sagt Ordnungsdezernent Christoph Schauder. Der unanfechtbare Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim war dafür der Stein des Anstoßes. "Die Entscheidung kam für uns absolut überraschend", so Christoph Schauder.
Rückblick: Die Nachbarn der Anlage hatten gegen die Baugenehmigung des Kreises Widerspruch erhoben. Da dies im Baurecht keine aufschiebende Wirkung hat, wurde mit den Arbeiten an der Anlage begonnen. Ein Eilantrag der Nachbarn auf Aufschub wurde vom Verwaltungsgericht Karlsruhe zunächst abgewiesen, in zweiter Instanz dann aber vom VGH bestätigt. "Der unanfechtbare Beschluss bindet alle Beteiligten und ist daher zu akzeptieren", sagt der Ordnungsdezernent und betont nochmals den Faktor Zeit: "Die Räumung der Notunterkünfte hat aktuell höchste Priorität." Bis Jahresende sollen die provisorischen Unterkünfte geräumt werden. So auch die in Sinsheim, von wo die rund 200 männlichen Flüchtlinge nach Meckesheim hätten kommen sollen. "Wir werden sie jetzt dezentral auf den Landkreis verteilen", erläutert Silke Hartmann die neue Strategie des Kreises.
Auswirkungen hat die Entscheidung des Kreises natürlich auch für Meckesheim. Denn da hier keine 200 Flüchtlinge kommen werden, wird sich 2017 die Zahl der Asylsuchenden in Anschlussunterbringung - für die die Gemeinde verantwortlich ist - von 30 auf rund 45 erhöhen. "Wir waren vorbereitet", sagt Bürgermeister Maik Brandt, den die Nachricht gestern früh erreichte. So sei man schon dabei, die Räume des "Blauen Hauses" zu sanieren, um es als Unterkunft für Flüchtlinge zu nutzen. Auch weitere Gebäude habe man schon ins Auge gefasst. Und ob die angestrebte Stelle eines Integrationsbeauftragten besetzt wird, hänge von der Landesförderung ab, über die die Stelle hätte finanziert werden sollen. Der Antrag darauf war nämlich an die Ankunft der 200 Flüchtlinge gekoppelt.
Zwiegespalten sieht Edith Wolber vom Asylkreis die Entscheidung des Kreises. "Dieser Platz war ungeeignet", sagt sie. Doch: "Das Thema ist für Meckesheim gelöst, aber nicht prinzipiell." Die Frage sei, wo die Flüchtlinge nun hinkommen, sie kritisierte dabei die aktuell hohe Zahl an Abschiebungen. Auch verwies sie auf die höhere Quote der Anschlussunterbringung. "Uns als Freundeskreis wird die Arbeit nicht ausgehen."
Apropos Arbeit: Trotz des Baustopps war noch wenige Tage an der Containersiedlung weiter gearbeitet worden, bis der Bürgermeister vor Ort war und die Verfügung verlesen hatte. Es könnten aber noch kleinere Maßnahmen folgen: "Die Baustelle darf in Absprache mit dem Bauamt noch winterfest gemacht werden", so Maik Brandt. Wie es hier weiter geht, ist ungewiss. Sollte das Regierungspräsidium Karlsruhe irgendwann den Widerspruch der Nachbarn zurückweisen und sollten alle möglichen Klagen dagegen gerichtlich abgewiesen werden, könnte an der Anlage weitergebaut werden. Das ist aber wohl obsolet - denn die Baugenehmigung gilt nur, wenn die Wohnanlage als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird. Der Bauherr war für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen. "Wenn der Investor hier etwas anderes machen will, muss er eine neue Genehmigung beantragen", sagt Christoph Schauder.



