Der Austritt kostet - mal mehr, mal weniger

Region Heidelberg. Die Verwaltungsgebühr für Kirchenaustritte beträgt in den Kommunen zwischen 20 und 50 Euro. Dabei ist der Verwaltungsaufwand entscheidend.

26.03.2013 UPDATE: 26.03.2013 23:22 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden
50 Euro werden in Neckargemünd für den Austritt aus der Kirche fällig. Foto: Alex
Von Ute Teubner

Region Heidelberg. Eigentlich ist es ein Kinderspiel: Wer hierzulande aus der Kirche austreten möchte, braucht nur aufs nächste Standesamt zu gehen und das Formular für den Austritt auszufüllen - nicht einmal eine Voranmeldung ist nötig. Natürlich muss man den Personalausweis oder Reisepass parat haben. Und: Verheiratete sollten vorsichtshalber auch ihre Heiratsurkunde dabei haben.

Was viele jedoch nicht wissen: Auch eine gefüllte Geldbörse gehört in diesem Fall in die Tasche, denn bekanntlich ist nichts umsonst. Zwischen 20 und 50 Euro müssen in der Region rund um Heidelberg im Schnitt für die "Kirchenaustrittserklärung" berappt werden. "Der Austritt ist gebührenpflichtig, denn er erfolgt ja beim Staat, nicht bei der Kirche", erläutert Markus Zappe.

Aber warum sind besagte Gebühren eigentlich nicht einheitlich? Der Mann vom Spechbacher Standesamt weiß: "Die hierfür erhobene Verwaltungsgebühr wird durch die jeweilige Gemeinde je nach kommunalem Verwaltungsaufwand festgesetzt." Dies sei zumindest seit einiger Zeit so. Genauer gesagt: Seit die Verwaltungsgebührensatzung, korrekt "Satzung über die Erhebung von Gebühren für öffentliche Leistungen", 2010 in Kraft getreten ist. Hätten früher viele Gemeinden einfach die Mustersatzungen des Gemeindetages mit pauschalen Gebührensätzen übernommen, so seien sie nun verpflichtet, ihre Verwaltungsgebühren entsprechend der individuellen Personal- und Sachkosten selbst zu kalkulieren. Und so ist man im kleinen Spechbach mit 30 Euro dabei, will man der Kirche den Rücken kehren.

In Leimen wiederum kommt der konfessionelle Ausstieg noch günstiger: Die Große Kreisstadt verlangt lediglich 20 Euro für das Ausstellen des Formulars. Bevor die Verwaltungsgebührensatzung erlassen wurde, habe der Kirchenaustritt in Leimen aber etwas mehr gekostet, so Standesbeamtin Ulrike Götz - nämlich 30 Euro, und davor sogar 50 Mark.

Martin Kral vom Rechnungsprüfungsamt Leimen, der einst den kommunalen Verwaltungsaufwand für die Große Kreisstadt kalkuliert hat, kann genau erklären, wie die Gebühr von 20 Euro für den Kirchenaustritt zustande gekommen gekommen ist: "Zum einen habe ich ermittelt, wie lange die zuständigen Mitarbeiter für die Tätigkeit brauchen, zum anderen wurden neben den Personalkosten noch die anfallenden Sachkosten zugrunde gelegt." Konkret: Für die Bearbeitung eines Falls, so wurde es dokumentiert, benötigen die Leimener Ordnungsamtsmitarbeiter im Schnitt 23 Minuten. Bei einem Stundensatz von knapp 55 Euro, so Kral, komme man dann auf besagte 20 Euro.

Immerhin 50 Euro müssen hingegen auf dem Neckargemünder Standesamt im Austrittsfall gezahlt werden. Hier kommt die Aufkündigung der staatlich registrierten Mitgliedschaft in der Kirche den steuerzahlenden Bürger in der Region mit Abstand am teuersten zu stehen. Wie Bürgermeister Horst Althoff erläuterte, habe der Verwaltungsaufwand de facto zwischen 25 und 50 Euro gelegen, also "einen gewissen Spielraum zugelassen". "Die Stadt Neckargemünd hat sich bewusst dazu entschlossen, diesen Rahmen voll auszuschöpfen", räumt der Rathauschef ein. Und das nicht nur wegen des "aufwendigen Verwaltungsvorganges". Vielmehr gelte es klar zu machen: "Ein Kirchenaustritt ist etwas anderes als der Austritt aus dem Fußballverein."

Ob nun die unterschiedliche Höhe der Verwaltungsgebühr letztlich in der Tat einen Einfluss auf die Zahl der Kirchenaustritte in den jeweiligen Gemeinden hat, das mag bezweifelt werden. Zwar hat das "kostengünstige Leimen" laut Ulrike Götz aus ungeklärten Gründen einen "außergewöhnlich austrittsintensiven Februar" erlebt, infolgedessen bis dato für das laufende Jahr bereits 30 Kirchenaustritte registriert wurden. Und das "teure Neckargemünd" hat für 2013 aktuell lediglich 22 Austritte zu verzeichnen. Doch hat die Große Kreisstadt eben auch doppelt so viele Einwohner wie das Städtchen am Neckar. Entsprechend nehmen sich die Kirchenaustrittszahlen für 2012 aus: 98 in Leimen und 47 in Neckargemünd.

Klar auch, dass es im beschaulichen Spechbach immer nur "eine Handvoll" Austrittswilliger gibt, wie Standesbeamter Markus Zappe sagt. In dem Dorf traten im Jahr 2011 insgesamt sechs Christen aus der Kirche aus, im Folgejahr waren es lediglich zwei und in diesem Jahr sind es bislang drei. Übrigens: Ob Katholik, ob Protestant - beim Kirchenaustritt geht's ganz ökumenisch zu. Die Konfessionszugehörigkeit scheint nämlich bei der Entscheidung, sich von der Kirche abwenden zu wollen, keine Rolle zu spielen.

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