Rauenberg

Mountainbiker fühlen sich zu Unrecht beschuldigt

Als Ersatz für die Trails im Naturschutzgebiet Galgenberg fordern sie legale Strecken in der Region - "Jeder ist mit dem Rad da oben"

03.06.2020 UPDATE: 04.06.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 35 Sekunden
In einem Routenplaner für Radfahrer und Wanderer wird der Galgenberg als „Singletrails und Bikepark“ ausgewiesen. Auch ein „Naturbikepark“ ist dort verzeichnet.An eben dieser Stelle wurde das obige Foto aufgenommen. Problem: Die Strecken liegen alle im Naturschutzgebiet. Foto: Sabine Hebbelmann/Komoot.de Foto: heb

Von Sabine Hebbelmann

Rauenberg. Sind Mountainbiker egoistische Rowdys, die ohne Rücksicht auf die Natur und andere Waldnutzer ihrem Vergnügen nachgehen? Nachdem sich Spaziergänger bei der Stadt Rauenberg beschwert hatten, hat diese illegale Strecken im Naturschutzgebiet Altenbachtal und Galgenberg gesperrt und droht mit Kontrollen und hohen Strafen. Eine 23-jährige Mountainbikerin aus Bad Schönborn sieht die betroffenen "Biker" zu negativ dargestellt. Dabei handle es sich um eine Gruppe von Menschen mit einer großen Altersspanne, die höflich miteinander umgingen, sich gegenseitig unterstützten und sich auch rücksichtsvoll mit Spaziergängern und Wanderern verständigten, versichert sie. "Wir sammeln jeden Müll auf, den wir finden, gerade weil es im Naturschutzgebiet ist", betont die junge Frau und schickt hinterher: "Dieser Müll stammt jedoch nicht nur von den ,bösen’ Radfahrern, sondern vor allem von Fußgängern."

Den Hinweis des Gemeindeverwaltungsverbandes auf die ausgewiesenen Trails im Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald findet sie wenig hilfreich. Es sei ein großer Unterschied, sich erst verabreden und in den Odenwald fahren zu müssen, um auf Trails Spaß zu haben, oder nach der Arbeit noch schnell eine Runde zu fahren und dabei im Gebiet Freunde zu treffen. Für Kinder und Jugendliche ohne Führerschein seien die Strecken im Odenwald kaum erreichbar.

Zum Vergrößern der Karte bitte klicken. Screenshot Komoot.de

Außerdem gebe es im Gemeindewald auch einfache Strecken, auf denen man ohne Sprünge durchrollen könne. "Das macht es für Kinder deutlich schöner und einfacher als auf den großen entfernten Trails, die häufig anspruchsvoller sind", sagt sie und meint, anstatt Verbote und Strafen zu verteilen, wäre ein Entgegenkommen von beiden Seiten schön, um eine Einigung zu erzielen.

Auch ein 19-Jähriger aus Mühlhausen wagt sich vor und bricht eine Lanze für die Mountainbiker. Er selbst nutze die Trails vor der Haustür mit zwei bis drei Freunden jeden Tag – und das seit drei Jahren. "Jeder ist mit dem Rad da oben, Familien mit Kindern, Jugendliche, Rentner", sagt er. Er berichtet auch von einem Rauenberger Mountainbike-Verein mit zwei Trainern, die mit Kindern gelegentlich am Galgenberg unterwegs seien.

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Daran, dass der Boden stellenweise stark verdichtet ist, trügen die Radfahrer keine Schuld. "Der ist schon die ganze Zeit so hart, dass man da locker drauf fahren kann." Der Jugendliche berichtet, dass die Aktivitäten im Wald mit zwei oder drei Trails klein angefangen haben. Mitte 2015 seien sie abgerissen und mit Hilfe von quergelegten Baumstämmen und Holzstapeln gesperrt worden. Doch zwei Jahre später fanden die Biker ihren Weg zurück in den Wald.

Dass Mountainbiker, die oft nahezu lautlos durch den Wald huschen, Vögel und andere Tiere verscheuchen, lässt er nicht gelten. Zudem achteten die Radfahrer darauf, dass dort, wo Wildwechsel sind, keine Trails gebaut würden. Wie die junge Frau widerspricht auch er der Darstellung, eine Lehmgrube im Gebiet werde für den Trail-Bau genutzt: "Das sehe ich als Laie, dass die Grube von Wildschweinen stammt."

Die gesteigerte Nutzung des Naturschutzgebietes und den Ausbau der Trails leugnet der junge Mann dagegen nicht. Die Ursachen liegen für ihn auf der Hand: In der Corona-Krise sind für Sportbegeisterte viele Betätigungsmöglichkeiten weggefallen. Radfahren wird immer beliebter und dass das gepflegte und landschaftlich reizvolle Gebiet gut zu befahren ist, hat sich herumgesprochen. Er weist darauf hin, dass zu der Beliebtheit auch ein professioneller Routenplaner für Radfahrer und Wanderer im Internet beigetragen haben könnte. Hier wird das Gebiet angepriesen und es sind "Singletrails" und ein "Naturbikepark" verzeichnet. Dabei fehlt der Hinweis, dass es sich um ein Naturschutzgebiet und illegal angelegte Trails handelt und nicht um einen offiziellen Geländeparcours. Der Mühlhausener hat nach eigenem Bekunden bereits Kontakt zu der Seite aufgenommen und gefordert, dass der Eintrag gelöscht werde.

Alternativen für geeignete Strecken sehen die jungen Mountainbiker in der Region nicht. Sie könnten sich aber gut vorstellen, dass man einen Teil des Gebietes auf dem Galgenberg abteilt und dort legale Trails ausweist. Dass die beiden mit ihrer Sichtweise und ihren Bedürfnissen nicht allein sind, zeigen die Kommentare auf der Internetseite der RNZ. Einer davon, so der Jugendliche, stamme von dem Vater eines Trailfahrers, der sich an die Gemeinde wenden will und seine E-Mail-Adresse hinterlassen hat, unter der sich Unterstützer melden können.

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