Gefährliche Krankheit wütet im Leimener Reitstall
Für "Donna" kam jede Hilfe zu spät - Pferde sind an Druse erkrankt

Das Gelände des Leimener Reitsportvereins ist weiträumig abgeriegelt. Foto: Alex
Von Christoph Moll
Leimen. "Es ist tragisch", sagt Ulrich Wiese mit leiser Stimme. Dem Vorsitzenden des Leimener Reitsportvereins ist anzuhören, wie sehr ihm die Situation nahegeht. Vor wenigen Tagen musste die Stute "Donna" eingeschläfert werden. "Sie hat es nicht geschafft", berichtet der 60-Jährige. Das etwa sieben Jahre alte Pony war an Druse erkrankt. Auch die anderen 14 Pferde im Stall des Vereins in der Nähe des Bäderparks sind infiziert. Sie alle sind unter Quarantäne gestellt.
Vor etwa zwei Wochen kam der erste Verdacht einer Erkrankung auf, erzählt Ulrich Wiese. Sofort sei der Stall abgeriegelt worden, seither kommen keine Pferde mehr raus und rein. Außerdem wurde der Kreis jener Personen reduziert, die Zutritt zum Stall haben. Sie "kochen" ihre Kleidung nach jedem Besuch, um eine weitere Verbreitung des gefährlichen Bakteriums zu verhindern.
Das Tückische: Die laut Wiese nicht meldepflichtige Krankheit ist nicht so einfach zu erkennen. Es hat den Anschein, als wären die Pferde "erkältet". Doch Druse ist gefährlicher. Erst ein Labortest mit einer Dauer von einer Woche brachte die Gewissheit, dass es sich um die Krankheit handelt. Wie diese in den Stall kam, ist unklar. "Das können sich Pferde überall einfangen - zum Beispiel bei Turnieren", erklärt Wiese.
"Wir haben einen Verdacht, den wir aber nicht äußern." Die Bakterien können über Tröpfchen direkt von Pferd zu Pferd oder auch indirekt vom Mensch über die Kleidung oder von anderen Tieren auf Pferde weitergegeben werden. Menschen können sich nicht anstecken.
Hintergrund
Druse ist eine Krankheit, an der ausschließlich Pferde erkranken. Sie wird in Fachkreisen auch als "Coryza contagiosa equorum" oder "Adenitis equorum" bezeichnet. Es handelt sich um eine hochansteckende Infektionskrankheit, die die oberen Luftwege befällt.
Druse ist eine Krankheit, an der ausschließlich Pferde erkranken. Sie wird in Fachkreisen auch als "Coryza contagiosa equorum" oder "Adenitis equorum" bezeichnet. Es handelt sich um eine hochansteckende Infektionskrankheit, die die oberen Luftwege befällt. Neben Nasenausfluss, Husten und hohem Fieber kommt es oft auch zu einer Vereiterung der Lymphknoten am Kopf. Es kann sich auch eine Lungenentzündung entwickeln, selten können auch andere Organe wie Leber, Milz, Niere und Gehirn mit Abszessen befallen sein. Wird die Krankheit rechtzeitig erkannt und mit Antibiotika behandelt, ist die Prognose gut. Denn Druse wird durch das Bakterium "Streptococcus equi" verursacht. Ohne Behandlung kann Druse tödlich sein, eine vorbeugende Impfung ist möglich. Die Ansteckung erfolgt durch direkten Kontakt mit dem Maul- oder Nasenbereich eines infizierten Pferdes oder indirekt zum Beispiel über Futtertröge oder auch Menschen. Die Krankheit bricht nach drei bis 14 Tagen aus. Früher bezeichnete man Druse auch als Kehlsucht, Stränglige oder Pferderotz. cm
Laut Ulrich Wiese sind derzeit ausschließlich die Pferde im Stall des Leimener Reitsportvereins erkrankt, in umliegenden Ställen seien keine Infektionen bekannt. Von den noch lebenden 14 Pferden gehören sechs dem Verein selbst. Sie sind als sogenannte Schulpferde im Reitunterricht im Einsatz und am stärksten betroffen. Sie wurden im Stall von den anderen Pferden separiert.
"Es sind alle Pferde betroffen, aber die Krankheit äußert sich unterschiedlich", berichtet Wiese. "Bei den meisten Pferden ist der Verlauf mäßig, was aber nicht heißt, dass es nicht ernst und lebensbedrohlich ist." Bei der nun eingeschläferten Stute war hinzu gekommen, dass sie sensibel auf Medikamente reagierte - was die Behandlung mit Antibiotika und Schleimlösern noch erschwerte.
Auch wenn einige Pferde inzwischen wieder langsam munter werden und wieder Auslauf benötigen: Die Pferde brauchen viel Ruhe. Auch deshalb musste der Martinszug im Leimener Stadtteil St. Ilgen in diesem Jahr ohne Pferd des Reitsportvereins auskommen. Und auch die Kleinen des Kindergartens St. Georg konnten dieses Jahr nicht im Stall empfangen werden. Das Weihnachtsreiten wurde bereits gestrichen und an das regelmäßige Bambinireiten sowie Reitunterricht für die rund 40 Schüler ist dieses Jahr wohl nicht mehr zu denken.
Und das ist ein Problem. Denn der Verein beschäftigt eine Reitlehrerin. Deren Gehalt läuft weiter, doch es fehlen die Einnahmen durch Reitstunden. Deshalb wird nun überlegt, ob es auch Theorieunterricht zum Umgang und zur Pflege von Pferden geben kann. Außerdem seien die Kosten für Tierarzt, Medikamente und Laborproben sehr hoch. "Es ist eine schwierige Situation für den Verein", sagt der Bankangestellte aus Sandhausen, der seit dem vergangenen Jahr den etwa 140 Mitgliedern vorsteht. Ohnehin sei es ein schlechtes Jahr für die Pferde gewesen, so Wiese. Diese hätten schon viele "Wehwehchen" gehabt.
Ulrich Wiese hofft nun, dass es kälter wird. "Bislang haben sich die Bakterien wohl gefühlt, weil ihnen es weder zu warm noch zu kalt war", meint er. "Wir werden aber noch einige Wochen damit zu tun haben." In sechs Wochen soll eine weitere Probe zeigen, ob die Krankheit besiegt ist. Vielleicht kommt pünktlich zu Weihnachten eine gute Nachricht.



