Plus von 6,45 Prozent

In Wiesloch steigt der Umsatz im Einzelhandel

Die Industrie- und Handelskammer nennt die Weinstadt "unauffällig auffällig". Die Kaufkraftbindungsquote stagniert in Walldorf.

23.08.2023 UPDATE: 23.08.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 32 Sekunden
Nicht nur beim verkaufsoffenen Sonntag beim Stadtfest Anfang Juli kauften viele Menschen in der Wieslocher Innenstadt ein. Laut Industrie- und Handelskammer nimmt der Umsatz im Einzelhandel in der Weinstadt überdurchschnittlich zu. Foto: Jan A. Pfeifer

Von Timo Teufert

Wiesloch/Walldorf. Der Umsatz im Einzelhandel nimmt in Wiesloch überdurchschnittlich zu. Das ist eines der Ergebnisse der Kaufkraftanalyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar. Während der Umsatz pro Einwohner im Durchschnitt im IHK-Bezirk um 4,73 Prozent steigt, sind es in Wiesloch 6,45 Prozent, in Walldorf nur 3,3 Prozent.

Die Kaufkraftbindungsquote, die angibt, wie viel einzelhandelsrelevante Kaufkraft im Ort gebunden wird, liegt in Wiesloch bei 93 Prozent und ist damit im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozentpunkte gestiegen. Die Quote in Walldorf hingegen stagniert – wenn auch mit 155 Prozent auf konstant hohem Niveau, in Heidelberg liegt sie bei 97 Prozent.

Viele Menschen aus der Region kommen zu Ikea nach Walldorf, um dort einzukaufen. Dieser Magnet sorgt dafür, dass die Astorstadt eine hohe Kaufkraftbindungsquote hat. Foto: Teufert

Grundsätzlich prognostiziert die IHK für 2023 steigende Einzelhandelsumsätze vor Ort, während die Anteile im Onlinehandel wieder zurückgehen. "Die Menschen kaufen wieder mehr im stationären Handel – meist ganz bewusst", sagt André Trendl, der bei der IHK die Auswertung betreut hat. Wiesloch bilde da keine Ausnahme: Schwetzingen und Hockenheim hätten ähnliche Steigerungsraten wie die Weinstadt.

Wiesloch gehört für Trendl zu den "unauffälligen auffälligen Orten" im Vergleich, für den die IHK die Kaufkraftkennzahlen der Michael Bauer Research GmbH verwendet: "Wiesloch liegt meist über den Durchschnittswerten des Kammerbezirks und teilweise über denen Baden-Württembergs, nimmt aber nie eine Spitzenposition ein", so Trendl. Dies sei beispielsweise beim Einzelhandelsumsatz je Einwohner und bei der Kaufkraftbindungsquote der Fall.

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In der Weinstadt gebe es im Vergleich zu anderen Städten eine gute Ausgangslage: "Es gibt eine überdurchschnittlich hohe Kaufkraft, die die Kaufkraft von Walldorf bei Weitem übersteigt", so Trendl. Die allgemeine Kaufkraft liegt in der Weinstadt bei 771,94 Millionen Euro, in der Astorstadt Walldorf bei 499,07 Millionen Euro.

Nun gehe es darum, die Kaufkraft in Wiesloch stärker zu binden. Auch hier sieht Trendl gute Chancen: Denn "in Wiesloch finden sich sowohl starke Handelsunternehmen entlang der Zufahrtsstraßen als auch ein vielfältiges Angebot in der Innenstadt mit seiner lang gestreckten Fußgängerzone". Außerdem sei die Innenstadt größer als die in Walldorf.

Doch die Walldorfer müssen sich keineswegs verstecken: Die Kommune belegt in vielen Bereichen Spitzenpositionen im IHK-Vergleich: Bei der allgemeinen Kaufkraft pro Einwohner liegt sie mit 31.233 Euro auf Platz drei, hinter Ladenburg (31.657 Euro) und Weinheim (31.571 Euro). Die gleiche Reihenfolge gilt auch bei der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft je Einwohner: In Walldorf sind es 8181 Euro, in Weinheim 8201 Euro und in Ladenburg 8227 Euro. In der Region Wiesloch folgt nach Walldorf auf Platz 2 die Stadt Rauenberg mit 8065 Euro und Malsch auf Platz 3 mit 8047 Euro.

Platz 2 belegt Walldorf mit 202,1 Millionen Euro beim Einzelhandelsumsatz gleich hinter Schwetzingen mit 291,07 Millionen Euro. In Wiesloch liegt der Wert bei 193,75 Millionen Euro. Und auch bei der Kaufkraftbindungsquote belegt Walldorf mit 155 Prozent Platz zwei, hinter Schwetzingen mit 165 Prozent und vor Mosbach mit 141 Prozent.

Doch während die Quote in Schwetzingen um sieben und in Mosbach um drei Prozentpunkte gestiegen ist, stagniert sie in Walldorf. Diese Entwicklung ergebe sich dadurch, dass in Walldorf sowohl der Umsatz als auch die einzelhandelsrelevante Kaufkraft in einem ähnlichen Verhältnis steigen, wohingegen in Schwetzingen der Umsatz um etwa fünf Prozent mehr zunimmt als das Einkommen, das für den Einzelhandel verwendet wird.

Ein ähnliches Phänomen beobachtet die IHK in Ladenburg und Weinheim. "Die vorhandenen Sortimente sorgen offenbar aktuell dafür, dass in Schwetzingen mehr Umsatz gemacht wird", analysiert Trendl. Über die genauen Gründe könne man nur mutmaßen, so der IHK-Experte.

Maßgeblichen Einfluss auf die hohe Kaufkraftbindungsquote mit 155 Prozent ist das Ikea-Möbelhaus im Gewerbegebiet mit seinem umsatzstarken Angebot. Das verhilft Walldorf seit vielen Jahren in dieser Kategorie zu guten Platzierungen im IHK-Vergleich. "Viele Menschen kommen von überall aus der Region nach Walldorf, um dort einzukaufen", erläutert Trendl die guten Zahlen. Demnach fließe auch viel Geld von außerhalb in die Astorstadt. "Das führt dazu, dass Walldorf eine gewisse Strahlkraft hat." In Schwetzingen sei es mit "Möbel Höffner", dem "Hornbach"-Baumarkt oder dem Sportartikelhändler "Decathlon" ähnlich.

"Die Zahlen in Walldorf sind zwar positiv, diese werden aber primär von Ikea begünstigt, nicht von der Innenstadt", betont Trendl. Deshalb nehme Walldorf – wie auch Wiesloch – die Innenstadt im Rahmen des Förderprogramms "Innenstadtberater" verschärft in den Blick. Es gehe in Walldorf unter anderem darum, wie die Einzelhändler in der Innenstadt vom Magneten am Stadtrand profitieren können und wie man die Kunden in die Innenstadt lockt.

Die bisherigen Ergebnisse des Innenstadtchecks wurden in Wiesloch und Walldorf im Juli bereits im Steuerungskreis vorgestellt, von September bis November soll es jetzt Workshops geben, "um für die Innenstadt förderliche Maßnahmen herauszuarbeiten, die man kurzfristig, aber auch langfristig angeht", erklärt Trendl. Mit dabei sind neben den Stadtverwaltungen und Gemeinderatsmitgliedern auch alle relevanten Innenstadtakteure. Für detaillierte Ergebnisse sei es im Moment noch zu früh: "Wir sind in beiden Orten noch früh im Prozess", so Trendl.



Online-Handel bleibt stark, verliert aber

Während der Corona-Pandemie stiegen die Umsätze im Online-Handel, nun im stationären Handel: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) spricht von einer Trendumkehr. "Die Menschen kaufen nach der Corona-Pandemie wieder mehr vor Ort ein, doch Unsicherheiten und Inflation dämpfen die Kauflust", so IHK-Präsident Manfred Schnabel.

Lag der Online-Anteil an der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft im gesamten Kammerbezirk Rhein-Neckar 2022 noch bei 17,9 Prozent, so wird er für dieses Jahr mit 15,6 Prozent prognostiziert. Laut IHK fließt mehr als eine Milliarde Euro der vorhandenen einzelhandelsrelevanten Kaufkraft an Standorte außerhalb der Region oder in den Online-Handel. "Es ist eine leichte Erholung in Sicht, das Einkaufserlebnis steht wieder im Vordergrund und die Umsätze nähern sich dem Vor-Corona-Niveau", so Schnabel. Es hänge stark vom einzelnen Standort ab, ob sich der Einzelhandel gut oder schlecht entwickle, so Schnabel.

Deshalb mahnt er Politik und Verwaltung, die Standorte zu pflegen: "Anders als vielfach behauptet, ist der stationäre Einzelhandel vital sowie zukunftsfähig aufgestellt und wächst wieder, auch in den Innenstädten." (tt) 

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