Die Fastnachter haben sich selbst übertroffen
Mit Schirm, Charme und Masken trotzten die Nußlocher dem Regen - 36 Umzugsgruppen zog es in alle Winkel des Universums

Eine gigantische Rakete samt Mond hatten die "Freunde Schmudo"-Astronauten im Schlepptau, die "Gigglsburg Weiwa" glichen ihre Hexen-Streiche mit Süßigkeiten aus, die "Durstigen Amigos" waren zu durstigen Kumpels geworden und die Gajemänndl hatten trotz Regen gut lachen. Fotos: Alex
Von Anja Hammer
Nußloch. Die Nußlocher geben sich nicht mehr damit zufrieden, die Mondspritzer zu sein. Seit dem gestrige Dienstag können sie sich Mond-Eroberer nennen! Die "Freunde Schmudo" sind 50 Jahre nach der ersten Mondlandung mit einer gigantischen Rakete auf den Himmelskörper geflogen, haben ihn "eingefangen" und zusammen mit ihrem ausfahrbaren Raumschiff einmal quer durch Nußloch gekarrt. Dafür waren drei aneinandergekoppelte Wagen nötig. Ein wahrer Triumphzug, könnte man sagen. Oder: Die 36 teilnehmenden Gruppen des Faschingsumzugs "Südliche Bergstraße" haben sich selbst übertroffen.
Dabei stand der Höhepunkt in der fastnachtsliebenden Gemeinde unter gar keinem guten Stern: Es regnete. Entsprechend war die Zuschauerzahl mit rund 3000 geringer als sonst und die Zahl der Schirme am Straßenrand höher als sonst. Aber einen echten Fastnachter können ein paar Tropfen vom Feiern nicht abhalten.
Das Nußlocher Prinzenpaar, Prinzessin Hanuta und Prinz DeBeukelaer, ließ sich einfach chauffieren - in einer überdachten Rikscha. Das Büttenrednerpaar "Karl un Trudche" direkt dahinter wählte die bodenständige Variante: durchsichtige Capes. Und zweifelsohne am besten dran waren die Gajemänndl: Schlapphüte und Filzumhänge sind ohnehin ihr Markenzeichen und so mussten sie keinen Gedanken an den Regen verschwenden.
Die freundlichen Waldgeister des Karneval-Clubs Nußloch (KCN) hatten aber noch ganz andere Gesellen angelockt: Gruselige Dämonen mit langen Zotteln, schaurige Hexen mit Hakennasen und Warzen oder Gutsel verteilende Trolle mit freundlichem Grinsen waren angereist - die Schlegerhexen aus Heimsheim sogar 95 Kilometer. Heimvorteil hatten dagegen die Hexe vum Grobrunn und die Giggelsburg Waiwa. Je nach Laune - oder Zuschauer - verpassten sie den Fastnachtern am Straßenrand entweder eine Konfettidusche oder drückten ihnen eine Blume in die Hand.
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Die "Jedermänner" der SG wussten derweil ebenfalls einen Vorteil zu nutzen: Als "Jedermeister" hatten sie einen der besten Plätze im Tross ergattert - nämlich direkt hinter einer der drei angereisten Guggenmusikgruppen. Und da konnten selbst Hirsche nicht still halten und mussten tanzen. Ähnlich gut hatte es die Sänger-Karawane erwischt, die vor dem Musikzug Nußloch lief. Die arabischen Scheichs hatten Straßenschilder à la "Vorsicht, Kamel" auf ihren Wagen geklebt. Ob sie damit wohl auf die Zirkustiere anspielten, die wenige Tage zuvor in der Nachbarstadt Leimen ausgebüxt waren?
Hintergrund
"Dich kenn ich, du aldi Hex!", meinte ein Zuschauer zu einer der "Hexe vum Grobrunn". Ihre Antwort: "Stimmt, ich kenn dich a!" Dumm nur, dass er sie wegen der Maske gar nicht erkennen konnte. Sie ihn hingegen durch ihre Augenschlitze sehr wohl. Lektion: Erst
"Dich kenn ich, du aldi Hex!", meinte ein Zuschauer zu einer der "Hexe vum Grobrunn". Ihre Antwort: "Stimmt, ich kenn dich a!" Dumm nur, dass er sie wegen der Maske gar nicht erkennen konnte. Sie ihn hingegen durch ihre Augenschlitze sehr wohl. Lektion: Erst nachdenken, bevor man eine Hexe anspricht.
Einen gewaltigen Schreck hat ein kleines Mädchen am Straßenrand bekommen. Eine der furchteinflößenden Dämonen-Hexen aus Karlsruhe war dem Kind so nahegekommen, dass es anfing, lautstark zu weinen. Nur gut, dass die "Daxlander Schlampen" kamen: Entgegen ihres Namens haben sie ganz freundliche Gesichter und offenbar auch ein gutes Herz. Ein von ihnen strich dem Mädchen über den Kopf und reichte ihm eine große Handvoll Süßigkeiten. Lektion: Es gibt auch gute Hexen.
Premiere auf dem hohen Wagen hatte der Nußlocher Bürgermeister. Ob der Elferrat des KCN allerdings eingeplant hat, dass der Bürgermeister das Popcorn in die Menge warf, als ob es kein Morgen geben würde? Lektion: Der "King of Pop" heißt in Nußloch nicht Michael Jackson, sondern Joachim Förster.
Das am meisten gespielte Lied war ganz klar der Lorenz-Büffel-Hit "Johnny Däpp". Ob die Musik dabei vom Band kam oder live von den Musikgruppen gespielt wurde, war egal: Jeder sang mit, tanzte und hatte Spaß. Lektion: Sei nächstes Jahr kein Depp und geh zum Nußlocher Umzug - auch wenn’s regnet. (aham)
Apropos Nachbarstadt: Weil sie den Narrenbaum gestohlen und nach Walldorf vor das Haus des Nußloch Bürgermeisters verfrachtet hatten, mussten die Schorlenasen im Sträflingskostüm den Narrenbaum komplett durch den Ort schieben. Die Waschweiber von den "Korkenknallern" hatten es da besser: Ihre "Last", die mit Süßigkeiten gefüllten Putzeimer, wurde mit jedem Schritt weniger.
Die Nußlocher Gruppen hatte es übrigens in alle Winkel des Universums gezogen. Neben den bereits erwähnten Schmudos auf dem Mond, begab sich die Fußballer-Jugend mit "Star Trek" in die Weiten des Weltraums. Weit unter die Erde waren die "Durstigen Amigos" gekommen. Unter dem Motto "Schicht im Schacht - Kumpel für immer" waren sie als Bergbau-Arbeiter unterwegs und hatten ein riesiges Bergwerk samt Mega-Musikanlage mitgebracht - wovon auch die Nußlocher Garden profitierten und spontane Tanzeinlagen hinlegten. Der farbenprächtigen Unterwasserwelt hatte sich die SG-Schwimmabteilung angenommen - nur schade, dass viele Kostüme unter Regenumhängen verschwanden.
Das Problem hatte die Delegation aus St. Ilgen nicht: Die "Frösche" vom gleichnamigen Karnevalclub waren kurzerhand mit grünen Froschregenschirmen aufmarschiert. Davon abgesehen fühlen sich Frösche im Regen wohl - nicht nur im Tierreich. Kein anderer Wagen wackelte und bebte so sehr wie der der Elferrats-Stimmungskanonen. Neben den Diljemern waren auch Abordnungen der Karnevalsvereine aus Wiesloch und Altlußheim dabei und brachten royalen Glanz - wenn auch die Prinzessinnen den ersten Teil der Strecke wegen des Regens noch im geschlossenen Cabrio zurücklegten.
Dem Regen ein Schnippchen schlug der KCN-Wagen. Die Elferräte ließen es einfach so viel Popcorn regnen, dass die Wassertropfen am Ende gar nicht mehr ins Gewicht fielen ...
























































