Aktionsplan soll Verkehrslärm in Nußloch senken
Ingenieur zeigte dem Gemeinderat belastete Gebiete - In der Hauptstraße ist es besonders laut

In der nördlichen Hauptstraße überschreitet der Lärm die Grenzwerte deutlich. Foto: Alex
Von Alexander Werschak
Nußloch. "Der Lärm in der Hauptstraße ist unerträglich." Nur einen Tagesordnungspunkt, nachdem diese Beschwerde in der Bürgerfragestunde vorgebracht wurde, konnten die Gemeinderäte bunt auf Weiß nachlesen, dass der Verkehrslärm in Teilen der Nußlocher Hauptstraße eingedämmt werden muss. Das Ingenieurbüro Koehler und Leutwein ist damit beauftragt, einen Lärmaktionsplan für die Kommune zu erstellen. Und dazu gab es nun detaillierte Karten.
Geschäftsführer Peter M. Koehler stellte den versammelten Bürgern und Bürgervertretern äußerst anschaulich und sachkundig die bisherigen Untersuchungsergebnisse der Karlsruher Ingenieure vor. Diese sogenannte Lärmkartierung soll in einen Lärmaktionsplan münden; zuvor erhalten Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange die Möglichkeit zur Einsicht und Eingabe.
Ab 2007, führte Koehler aus, wurden Hauptverkehrsachsen mit mehr als sechs Millionen Kraftfahrzeugen und Haupteisenbahntrassen mit über 60.000 Zügen pro Jahr lärmkartiert. Fünf Jahre später kamen zur Umsetzung der "EU-Umgebungslärmrichtlinie" Straßen mit mehr als drei Millionen Fahrzeugen per anno und Bahnstrecken mit mehr als 30.000 Zügen an die Reihe.
Wichtig zu wissen: Sämtliche Werte der Lärmkarten stammen nicht aus Messungen, sondern aus Berechnungen. Diese lägen in der Regel aber etwas höher als Messungen, die ohnehin flächendeckend nicht zu realisieren wären, so Koehler. Zudem können in Berechnungen auch Prognosen einfließen und die Schallquellen lassen sich direkt zuordnen.
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Die Schwierigkeit, vor der Kommunen meist stehen, ist ihre fehlende Entscheidungshoheit. Sie sind für Verkehrswege von der Kreis- bis zur Bundesstraße genauso wenig zuständig wie für Eisenbahngleise. Doch genau die überörtlichen Verbindungen sind wie zu erwarten die lautesten. Überdies schreibt die EU-Richtlinie zwar Aktionspläne für Gebiete vor, die mit mehr als 55 Dezibel belastet sind. Konkrete Maßnahmen müssen nach deutschem Recht jedoch erst ab 65 Dezibel ergriffen werden. Dazwischen klafft eine Lücke.
Wie sieht es nun in Nußloch aus? Kurz gesagt geht der meiste Krach von der Bundesstraße B 3 aus - allerdings sind die Wohngebäude in der Nähe recht gut abgeschirmt. Anders stellen sich die Verhältnisse innerorts vor allem entlang des nördlichen Abschnitts der Hauptstraße dar: Hier werden die zulässigen Werte mit stellenweise gut 70 Dezibel merklich überschritten. Auch in Teilen der Massengasse sowie der Walldorfer und der Sinsheimer Straße herrscht Handlungsbedarf. An den westlichen Ortsausgängen und im Zentrum wurden vergangenes Jahr an einem Werktag zwischen 5000 und 6000 Fahrzeuge erfasst.
Die Zahlen der sogenannten Betroffenheitsanalyse basieren auf einem Mittelwert, der Abend- und Nachtstunden besonders berücksichtigt. Demnach werden 938 Einwohner durch vorbeifahrende Autos Geräuschen von mehr als 55 Dezibel ausgesetzt, 735 Bürger sind von mehr als 60 Dezibel betroffen. 314 Nußlocher müssen Verkehrslärm von über 65 Dezibel und 37 weitere von über 70 Dezibel ertragen. Das Quietschen und Grollen des Schienenverkehrs spielt im bewohnten Gemeindegebiet keine Rolle.
Und was kann eine Kommune, was sollte Nußloch jetzt tun? Mögliche Maßnahmen zur Lärmminderung fasste Koehler unter den Stichworten Vermeidung, Minderung, Verlagerung und Schallschutz zusammen. Zum einen sollte eine Gemeinde für eine hohe Nutzungsmischung und -dichte sowie für dezentrale Möglichkeiten zum Einkaufen sorgen. Zum anderen fortschrittliche Mobilitätskonzepte wie Gemeinschaftsautos oder Leihfahrräder und den öffentlichen Personennahverkehr fördern sowie Rad- und Fußwege ausbauen.
Des Weiteren können Kommunen den Strom der Wagenkolonnen so zu steuern versuchen, dass er nicht stockt, sondern kontinuierlich fließt. Dazu zählen auch ein leistungsfähiges Straßenhauptnetz und ein verkehrsberuhigtes Nebennetz. Lastwagen sollten so umgelenkt werden, dass sie weniger stören. Und was selbstverständlich immer hilft: das Verringern der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
Zudem lassen sich zur "Lärmsanierung" Straßen mit Belägen asphaltieren, die den Schall schlucken. Das Schließen von Baulücken hat ebenfalls einen positiven Effekt. Zum Immissionsschutz trägt ferner der Einbau entsprechender Fenster in den betroffenen Wohnhäusern bei - hier kann die Gemeinde mit einem Förderprogramm tätig werden.
Konkret für Nußloch empfahl Koehler eine Reduzierung der Geschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer für zumindest Teile von Hauptstraße, Massengasse, Walldorfer und Sinsheimer Straße. Mittelfristig könnte im nördlichen Abschnitt der Hauptstraße auch ein lärmarmer Fahrbahnbelag aufgebracht werden. Außerdem wären hier Schallschutzfenster günstig. Und grundsätzlich sollte die Kommune umweltschonende und damit auch leisere Mobilität unterstützen und in ihrem Verkehrskonzept vorsehen, das aktuell erarbeitet wird. Oder zusammengefasst: Fenster sanieren, Fahrbahn erneuern, Fahrrad fahren und Fuß vom Gas!



