Neubaustrecke Mannheim-Karlsruhe

Eppelheim und Plankstadt wollen sich "mit allen Mitteln wehren"

Die beiden Gemeinden positionieren sich in ihrer gemeinsamen Ratssitzung gegen die Bahn-Neubautrasse.

20.07.2022 UPDATE: 20.07.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 16 Sekunden
Verlieren Eppelheim und Plankstadt ihre letzte Freifläche? Foto: Geschwill

Von Felix Hüll

Eppelheim. Eine klare Ansage erhielt Stefan Geweke: Sollte die DB Netz AG den letzten verbleibenden Freiraum zwischen Eppelheim und Plankstadt für ihre Schienenneubaustrecke nutzen wollen, muss sie sich auf massiven Widerstand einstellen. Bürgermeisterin Patricia Rebmann: "Wir werden uns mit allen Mitteln dagegen wehren. Mir ist das wichtig, dass Sie das heute mitnehmen. Das macht Ihr Projekt auch teuer. Das können Sie gleich in Ihre Berechnungen mit aufnehmen."

In gemeinsamer Tagung hörten die Räte Infos der Bahn zur geplanten Neubaustrecke. Foto: Geschwill

In einer gemeinsamen Sitzung der Gemeinderäte von Plankstadt und Eppelheim hörten die Bürgervertreter die Ausführungen des Bahn-Projektverantwortlichen Geweke zum Planungsstand (siehe unten).

"Zwischen Eppelheim und Plankstadt passt kein Jota. Vor allem passt keine Bahntrasse dazwischen!", sekundierte Plankstadts Bürgermeister Nils Drescher seiner Eppelheimer Amtskollegin. "Ich bitte: Prüfen Sie die Varianten an der bestehenden Bahnlinie."

Die Sitzung verfolgte auch Oftersheims Bürgermeister Jens Geiß und hörte etwa die Wortmeldung des Eppelheimer CDU-Faktionssprechers Trud­bert Orth: "Als ich das zum er­sten Mal gehört habe, bin ich erschrocken. Wir leben hier im am dichtesten besiedelten ’Raum von Baden-Württemberg. Und in Richtung Plankstadt ist das die einzige freie Fläche, die wir noch haben."

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Orth forderte von der Bahn, Tunnellösungen zu prüfen. "Bitte sorgen Sie dafür, dass schon bestehende Trassen genutzt werden. Die Menschen, die hier wohnen, sind die Kosten dafür wert." Orth versetzte dem Bahn-Planer zudem einen Seitenhieb mit seiner Kritik am späten Planungsbeginn.

Jens Geiß (v.l.), Stefan Geweke, Patricia Rebmann und Nils Drescher vor der Debatte. Foto: Geschwill

Bernd Binsch als Sprecher der Eppelheimer Liste fasste deren Argumente gegen die östliche Güterbahntrasse zusammen, verwies auch auf mehr Lärm und dass man keine meterhohen Lärmschutzwände zwischen Eppelheim und Plankstadt wolle. "Dass es Sie auf dem freien Feld weniger Geld kostet, ist uns schon klar. Das kann aber doch nicht das einzige Kriterium sein!" Auch Horst Fießer (CDU) fragte: "Warum muss man immer neu bauen?" Die Landwirtschaft müsse geschützt werden. Fießer: "Warum muss die Trasse hier verlaufen? Wieso nicht in anderen europäischen Ländern?" Für die SPD gab Sprecherin Renate Schmidt Stefan Geweke mit auf den Weg, die Bahn möge auch die Folgekosten beim Variantenprüfen mit einpreisen, etwa erforderliche Brückenbauwerke.

Eppelheims Grünen-Fraktionssprecherin Christa Balling-Gündling erklärte, es sei sinnvoll, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen – ein Ziel, das Grüne befürworteten. Aber beim Abwägen neuer Bahntrassen dürften jedoch andere wichtige Punkte nicht aus dem Blickfeld geraten: Gegen die geplante östliche Variante sprächen der geplante Radschnellweg Heidelberg-Schwetzingen, die Gas-Wasserstoffleitung, die Straßenbahnverbindung bis nach Schwetzingen ("Wenn Plankstadt hier mal seinen Widerstand aufgibt") sowie die Gemeindeverbindungsstraße zwischen Eppelheim und Plankstadt. Vor allem aber sei das unbebaute Areal wichtig als Naherholungsgebiet. Balling-Gündling verwies auch auf den neuen Heidelberger Stadtteil Patrick-Henry-Village, dessen Bewohner hier bald auch zu den Nutzern zählen werden: "Es zählt ja auch der Mensch!"


Im Herbst soll "Antrags-Trasse" feststehen

Voraussichtlich Ende 2023 soll feststehen, auf welcher Trasse die Deutsche Bahn ihre Fernverbindung Rotterdam-Genua im Raum Eppelheim/Plankstadt hindurchführen will. Das Auswahlverfahren dazu umfasst sehr viele Einzelschritte. Ausführlich stellte sie Stefan Geweke jetzt in einer gemeinsamen Gemeinderatssitzung den Bürgervertretern von Eppelheim und Plankstadt in der Rudolf-Wild-Halle vor.

"Der nächste Schritt im September ist die ernsthafte Betrachtung der Varianten, aus der die ,Antragvariante’ ausgewählt wird", formulierte es Geweke. Er ist Leiter des Bahnprojekts für den Abschnitt Mannheim–Karlsruhe und bei der DB Netz AG der Mann, der empörten Bürgern darlegt, wie die Bahn beim Auswählen neuer Verbindungen vorgeht.

Im Raum Eppelheim/Plankstadt untersucht die Bahntochter DB Netze mögliche Trassenvarianten in diesen farbigen Bereichen. 

Noch steht nicht fest, wo genau die Gleise wirklich verlaufen sollen. Beim bereits 2020 gestarteten Vorplanungsverfahren haben die Bahnstrecken-Scouts nach Erfassen von "Raumwiderstandsklassen", Grobkorridoren", "Linienkorridoren", Segmentvergleichen" und anderen Planer-Parametern 50 verschiedene "Linienvarianten" entwickelt.

Geweke: "Eine detaillierte, tiefer gehende Untersuchung ist in diesem Umfang nicht möglich." Ziel der Bahn ist deswegen, bis zum Herbst daraus als handhabbare Zahl durch "Abschichtung" etwa 15 Varianten auszuwählen.

Geweke versuchte den Räten zu erläutern, nach welchen Kriterien dies erfolgen soll: Getrennt nach den Bereichen Umwelt, Raumordnung und Verkehr/Wirtschaft erstellen die Planer Rangfolgen: Wo und wie sind welche Güter zu schützen? Welche Rangfolge gilt? Die Planer vergleichen Anforderungen der Raumordnung und bemühen sich, Belange des Verkehrs, der Wirtschaft, des (Bahn-)Betriebs sowie der Technik einzustufen. Aus sämtlichen Kriterien entsteht für die Varianten eine "Bewertungsmatrix". Je mehr Minuspunkte eine Variante erhalten hat, desto unwahrscheinlicher ist ihre Verwirklichung.

Für Mittwoch, 21. September, plant die Bahn ihr siebtes Dialogforum, nach dem dann in drei Workshops zwischen 27. und 30. September ausgewählt werden soll, welche Strecke den Behörden für ein Raumordnungsverfahren als konkreter Antrag vorgelegt werden soll.

Für den in Eppelheim und Plankstadt interessierenden Abschnitt der Fernverbindung Rotterdam-Genua mit dem Bahn-Zwischenprojekt Mannheim-Karlsruhe ist das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig. Dieser Teilabschnitt soll mit dann zwei Gleisen die Lücke schließen zwischen der Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim und der Verbindung Karlsruhe-Basel, die aus- oder ebenfalls neu gebaut werden soll. Das ganze Vorhaben ist Teil des "Bedarfsplans Schiene" im Bundesverkehrswegeplan 2030 im "vordringlichen Bedarf".

Geweke nannte diesen Auswahlgewinner die "Antrags-Trasse". Nicht auszuschließen ist, dass es die schon jetzt als besonders aussichtsreich gewichtete Variante 1007 ist: Sie biegt von Mannheim-Friedrichsfeld her kommend nach Südosten ab und führt zwischen Eppelheim und Plankstadt hindurch östlich vorbei an Oftersheim und südlich vorbei am Patrick-Henry-Village in Richtung Autobahntrasse. Dort mündet sie westlich von Sandhausen in die Schwetzinger Hardt.

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