Neckargemünd

Stadt holt sich das Stromnetz zurück

Stadtwerke erhielten die Konzession – Vergabe musste wiederholt werden – Neue Gesellschaft wird Eigentümer des Stromnetzes

19.02.2018 UPDATE: 20.02.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 10 Sekunden

Noch gehört das Neckargemünder Stromnetz der Süwag. Am 1. April geht das Eigentum aber in die Hände der Stromnetz Neckargemünd GmbH über. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Neckargemünd. Bürgermeister Frank Volk sprach von einer "geschichtsträchtigen" Entscheidung. Zehn Jahre nach den ersten Bemühungen, das Stromnetz wieder in kommunale Hände zu bekommen, war es in der zurückliegenden öffentlichen Sitzung des Gemeinderates endlich so weit: Die Stadtwerke Neckargemünd, an denen die Stadt zu 45 Prozent beteiligt ist, erhielten den Zuschlag für die Stromkonzession mit einer Laufzeit von 20 Jahren, dürfen also künftig öffentliche Flächen zum Betrieb des Netzes nutzen. Anders als vor sieben Jahren, als die Konzession schon einmal an die Stadtwerke vergeben wurde, ist nun auch geregelt, wie es weitergeht: Das Eigentum am Netz geht in die neu gegründete Stromnetz Neckargemünd GmbH über.

"Herr Weible, haben wir alles richtig gemacht?", fragte Bürgermeister Volk direkt nach dem einstimmigen Votum des Gemeinderats den Rechtsanwalt der Gesellschaft "Baker Tilly Roelfs", der das Vergabeverfahren begleitete. "Ich gehe davon aus", antwortete dieser. Es war eine Frage mit Hintergrund. Denn die Neuvergabe der Stromkonzession beschäftigt die Stadt bereits seit dem Jahr 2008. Damals wurde diese ausgeschrieben. Im Mai 2011 kam es zum Vertragsabschluss mit den Stadtwerken. Im Anschluss verhandelten diese mit dem bisherigen Eigentümer Süwag über die "Überleitung" des Netzes. Und zwar zwei Jahre bis Mitte 2013. Dabei gab es diverse Streitpunkte: Muss das Eigentum übergehen oder reicht ein Pachtmodell? Und was ist der Preis für die Übergabe? Da man keine Einigung fand, wurde Klage auf Herausgabe des Netzes am Landgericht in Frankfurt erhoben, da die Süwag dort ihren Sitz hat. Doch es zeichnete sich ab, dass das Vergabeverfahren nicht korrekt abgelaufen ist. Die Klage wurde zurückgenommen und die Vergabe der Stromkonzession im Jahr 2015 neu gestartet. Die Süwag betrieb das Netz derweil weiter.

Neckargemünd musste also wieder bei Null anfangen. Eine Lenkungsgruppe mit Vertretern aus Stadtverwaltung und Gemeinderat begleitete die Neuvergabe der Stromkonzession. Zunächst habe es vier Interessenten gegeben, berichtete Bürgermeister Volk. Davon seien am Ende nur noch die Stadtwerke Neckargemünd übrig geblieben. Der Durchbruch sei letztendlich durch ein Kooperationsmodell erzielt worden, bei dem die Süwag nach wie vor mit im Boot sei, so Volk. Die Süwag-Tochter Syna wird das Stromnetz nämlich künftig im Auftrag der Stadtwerke Neckargemünd weiterbetreiben. Nach zehn Jahren soll die Süwag aus dem Kooperationsmodell ausscheiden und die Betriebsführung für das Stromnetz an die Stadtwerke Heidelberg GmbH übertragen - diese ist Anteilseigner der Stadtwerke Neckargemünd GmbH. Diese Lösung sei auch vom Landratsamt abgesegnet. Volk dankte der Süwag ausdrücklich für das "tragfähige Modell" und sagte erleichtert: "Damit haben wir eine große Baustelle erledigt."

Holger Arnold von der Stadtverwaltung blickte noch einmal auf das jüngste Vergabeverfahren zurück, das sich wegen "diverser Stolpersteine" über fast drei Jahre in die Länge gezogen habe. Mehrere Gerichtsurteile hätten dazu geführt, dass man Teile des Verfahrens neu bewerten musste. Am 21. September des vergangenen Jahres sei nur noch das Angebot der Stadtwerke übrig geblieben.

"Das Verfahren ist immer komplizierter geworden", stimmte Rechtsanwalt Willi Weible zu. "Wir haben aufgeatmet, als nur noch ein Interessent übrig war." Wären es mehrere gewesen, hätte es sicher wieder Klagen gegeben. "Wir dürfen keine Verfahrensfehler machen", betonte der Anwalt. Weiblen erklärte, dass die Stadtwerke als Konzessionsnehmer künftig die Verantwortung für die Stromversorgung in Neckargemünd tragen. "Wir haben an der Leistungsfähigkeit des Unternehmens keine Zweifel", sagte er. "Aus heutiger Sicht ist kein wirtschaftliches Risiko gegeben."

Wie Stadtsprecherin Petra Polte auf RNZ-Nachfrage sagte, ist die Süwag noch bis zum 31. März Eigentümer des Stromnetzes. Der Verkauf an die Stromnetz Neckargemünd GmbH soll - parallel zum Neubeginn des Stromkonzessionsvertrages - am 1. April vollzogen werden. Die GmbH gehört zu 50,1 Prozent den Stadtwerken und zu 49,9 Prozent der Süwag und hat auch zwei Geschäftsführer, die jeweils aus den Gesellschaften kommen. Der Anteil der Süwag solle, so Polte, in den nächsten Jahren zurückgeführt werden. Ziel sei es, dass die Stadtwerke zu 100 Prozent Eigentümer werden. Hierfür gebe es aber noch keinen Zeitplan. Der ursprüngliche Plan, das Stromnetz mit dem Geld aus der Hanna-Weis-Stiftung zurückzukaufen, sei übrigens nicht mehr verfolgt worden. Für den Stromkunden ändere sich nichts, betonte Polte.

Im Gemeinderat sorgte die Lösung für Aufatmen. "Wir sind froh, dass alles in trockenen Tüchern ist", sagte Winfried Schimpf (SPD). Jürgen Rehberger (Freie Wähler) erinnerte daran, dass die Rekommunalisierung des Stromnetzes ein politischer Wunsch gewesen sein. "Wir sind blauäugig in das Ganze hineingegangen und durch mehrere Fallstricke auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden", meinte er. Nun sei man zufrieden, dass sich die Stadtwerke und die Süwag geeinigt hätten. "Es ist ein Modell, mit dem wir in den Genuss des Stromnetzes kommen, aber die Süwag es weiterhin betreibt", sagte Rehberger. Die Stromkonzession sei ein weiteres Standbein und trage zur Zukunftssicherung der Stadtwerke bei. Mit der Süwag sei man aber in der Vergangenheit auch gut gefahren. Petra Groesser (Grüne) wünschte sich derweil, dass sie sich "nie mehr im Leben mit Konzessionen beschäftigen" muss. "Ich hoffe, dass das Stromnetz irgendwann ganz der Kommune gehört und von ihr betrieben wird", sagte sie.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.