Mückenloch sucht den Hausarzt
Zulassungsausschuss hat Bewerbungsverfahren eingeleitet - Eschelbronner Arzt hofft auf Ausnahmegenehmigung

Von Nicolas Lewe
Neckargemünd-Mückenloch. "Super kompetent", "freundlich" und "hilfsbereit" – so wird der Eschelbronner Arzt Dr. Alard von Rohr von seinen Patienten beschrieben. Gerne würde er seine Dienste und seine fachliche Expertise wie berichtet zusätzlich zu Eschelbronn auch den Mückenlocher Bürgern als Nachfolger des verstorbenen Dr. Konstantin Knauf zur Verfügung stellen. Doch das gestaltet sich trotz allen guten Willens aufgrund bürokratischer Hürden schwieriger als gedacht. Auch der Neckargemünder Gemeinderat beschäftigte sich in seiner jüngsten Sitzung mit der offenen Arztnachfolge.
Grund dafür ist die weiter fehlende Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) für eine Arztsitz-Übernahme durch Dr. Alard von Rohr. Dieser hätte dann nämlich einen vollen Arztsitz in Eschelbronn und einen weiteren in Mückenloch. Diese im korrekten Bürokratendeutsch als planungsbereichsübergreifende Anstellung bezeichnete Variante sehen die Statuten der KV vermeintlich nicht vor.

In einem Schreiben an die Erbengemeinschaft von Dr. Knauf, das der RNZ vorliegt, heißt es, von Rohr müsste einen halben Sitz in Eschelbronn abgeben und in Neckargemünd eine halbe Zulassung beantragen. Nur, wenn er an beiden Standorten beispielsweise Irene Nalezinski anstellen würde, könnte von Rohr zwei autarke Praxen betreiben. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin arbeitet bereits aktuell während des sogenannten "Witwenquartals" halbtags in Mückenloch. Geöffnet ist montags, dienstags und freitags vormittags von 8.30 bis 12.30 Uhr sowie donnerstags von 8.30 bis 19 Uhr.
Im Gespräch mit der RNZ macht von Rohr deutlich, dass er von der Variante mit zwei geteilten Arztpraxen eigentlich wenig hält. Seine Praxis in Eschelbronn möchte er auch weiterhin alleine führen. Ihm geht es um eine Vergrößerung seines Patientenstammes, wofür ihm im Übrigen auch eine Genehmigung vorliegt. Nur gilt diese eben nicht über die Planungsbereichsgrenze zwischen Sinsheim und Heidelberg hinweg.
Hintergrund
Auch in der jüngsten Sitzung des Neckargemünder Gemeinderates war der Mückenlocher Hausarzt ein Thema
Anna-Magdalena Oehne-Marquard (SPD) forderte: "Wir müssen uns dafür einsetzen, dass der bestehende Arztsitz in Mückenloch erhalten wird – dafür lohnt
Auch in der jüngsten Sitzung des Neckargemünder Gemeinderates war der Mückenlocher Hausarzt ein Thema
Anna-Magdalena Oehne-Marquard (SPD) forderte: "Wir müssen uns dafür einsetzen, dass der bestehende Arztsitz in Mückenloch erhalten wird – dafür lohnt es sich zu kämpfen."
Bürgermeister Frank Volk sagte, dass es dafür eine Lösung gebe: Der Eschelbronner Arzt könne eine halbe Stelle an seinem bisherigen Sitz nach Mückenloch abgeben. Dadurch würden sowohl in Eschelbronn als auch in Mückenloch jeweils eine halbe Arztstelle fehlen, die dann wieder "aufgefüllt" werden müssten. "Denn sowohl die Eschelbronner als auch die Mückenlocher erwarten zurecht jeweils eine ganze Arztstelle", so Volk. "Es dürfen keine Orte gegeneinander ausgespielt werden." Der Bürgermeister sagte, dass er bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) interveniert habe und die Stadt nun als Vermittler auftrete. Zuerst habe es aber von der KV tatsächlich geheißen, dass ein Arzt nicht in zwei Planungsräumen gleichzeitig tätig sein könne. Dies stimme aber nicht. "Die Lösung ist da, aber es müssen nun die Anträge gestellt werden", sagte Volk. "Der Arztsitz in Mückenloch wird ausgeschrieben und nicht weggekürzt – wir hoffen, dass sich auf jeden Fall ein Arzt findet."
SPD-Stadträtin Oehne-Marquard meinte, dass die ärztliche Versorgung auf dem Land ohnehin schwierig sei. "Die KV betrachtet alles vom grünen Tisch aus", kritisierte sie. "So war es auch damals, als die Notfallpraxis in Neckargemünd geschlossen wurde." In anderen Teilen von Baden-Württemberg sehe die Situation viel besser aus als in der hiesigen Region. "Es ist eine Schande, wie es hier läuft", meinte Oehne-Marquard.
"In anderen Teilen von Baden-Württemberg wäre man froh, wenn es dort unsere Versorgung zum Beispiel mit Fachärzten geben würde", entgegnete Bürgermeister Volk. In Neckargemünd gebe es auch Haut- und Augenärzte, was für eine Stadt dieser Größe nicht selbstverständlich sei. "Meiner Ansicht nach fehlt die Attraktivität für die Ansiedelung von allgemeinärztlichen Praxen", meinte der Bürgermeister und ergänzte: "Das ist aber ein politisches Thema."
In Neckargemünd sehe es zwar insgesamt gut aus. "Der Wegfall der Notfallpraxis hat uns aber hart getroffen", räumte Volk ein. "Wir haben aber damals alle Mittel ausgereizt und sogar eine Resolution verabschiedet." (cm)
Die vermeintliche Lösung, beide Praxen zu teilen, bezeichnet auch Nalezinski als "irrwitzig". Sie hoffe, dass es dem Zulassungsausschuss bis zum Ende des "Witwenquartals" Ende März gelingt, einen vernünftigen Vorschlag zu präsentieren. Dass sie selbst die 1965 von Konstantin Knaufs Mutter gegründete Praxis übernimmt, schließt die in Mannheim wohnende Nalezinski aber aus.
Ihr Plan sei es, ab April nur noch montags den ganzen Tag und Dienstagvormittag in der Praxis zu sein. Tätig ist sie nämlich ansonsten bei einem Institut, das sich ästhetischen Belangen widmet. Ihr Spezialgebiet dort ist die dauerhafte Haarentfernung. Zukünftig wolle sie sich wieder vermehrt dieser Tätigkeit widmen.
Doch, was die Arztnachfolge in Mückenloch betrifft, gibt es inzwischen immerhin einen Hoffnungsschimmer: Bei seinem jüngsten Treffen im Ärztehaus in Karlsruhe hatte der Zulassungsausschuss das Nachbesetzungsverfahren in Mückenloch auf der Tagesordnung. Dieses soll nach RNZ-Informationen bis Ende März abgeschlossen sein.
KV-Pressesprecher Kai Sonntag erläutert das weitere Prozedere: "Der Arztsitz wird ausgeschrieben, dann kann sich ein Arzt beim Zulassungsausschuss auf den Sitz bewerben." Sollte es mehrere Bewerber geben, entscheide der Zulassungsausschuss, wem er den Zuschlag gibt. Der KV-Pressesprecher gibt unumwunden zu, dass dies zwar für den neutralen Betrachter "kompliziert und bürokratisch" daherkomme, man sich aber an die gesetzlichen Vorgaben halten müsse.
Alard von Rohr, der seit rund 30 Jahren in Eschelbronn praktiziert, lässt sich von der Bürokratie nicht abschrecken. Er sagt: "Ich habe mich beworben, die Zulassungsstelle hat mein Fax gekriegt." Cornelia Bohn, die Schwester des verstorbenen Konstantin Knauf, hätte auf die bürokratischen Umwege gerne verzichtet.
Auf Nachfrage der RNZ erklärt sie, sie sehe in Alard von Rohr die "Idealbesetzung" für die Nachfolge ihres Bruders. Nun hoffe sie auf eine Ausnahmegenehmigung. Von Rohr sei "ein außergewöhnlicher Mensch", der "als Arzt wunderbar aufs Land passt". Und noch ein weiteres Argument spreche für ihn: "Seine Frau kann perfekt Mückenlocherisch babbeln."



