Mückenloch ist nun Windkraft-Standort
Die Grünen installierten ein Kleinwindrad auf Wohnhaus. Damit haben sie die Windkraft-Leistung im Rhein-Neckar-Kreis verdoppelt.

Neckargemünd-Mückenloch. (cm) An vielen Orten der Region wird gerade über mögliche Standorte für Windräder diskutiert, doch noch dreht sich im ganzen Rhein-Neckar-Kreis kein einziger Rotor. In Mückenloch ging nun alles ganz schnell. Hier wurde zuletzt ein Windrad errichtet. Es handelt sich aber dabei um ein sogenanntes Kleinwindrad – und um eine symbolische Aktion der Grünen.
Zum weltweiten Klimaaktionstag im März hatte Kreisrat Stefan Geißler im Neckargemünder Stadtteil Dilsberg eine Minianlage präsentiert, die die bisher installierte Windkraftleistung im Rhein-Neckar-Kreis verdoppelte. Denn bislang befinden sich im Landkreis laut Marktstammdatenregister nur zwei winzige Windkraftanlagen im "Spielzeugformat" mit zusammengenommen zehn Kilowatt Leistung – das entspricht etwa dem Verbrauch von zehn Tauchsiedern oder fünf elektrischen Heizgeräten. Mit der symbolischen Aktion machten die Grünen auf die aus ihrer Sicht desolate Situation im Bezug auf die Windkraft im Rhein-Neckar-Kreis aufmerksam.
Nun wurde das Kleinwindrad im benachbarten Mückenloch auf einem Haus dauerhaft installiert. Konkret: auf der alten Schmiede, die Mitte Juni als neuer Begegnungs- und Bürgertreff eröffnet werden soll. Hierfür mussten ein Loch ins Dach gemacht, ein Metallmast aufgestellt und ein Kunststoffziegel eingesetzt werden. Zudem musste abgedichtet werden. Das Windrad sei "eine Neuheit für Mückenloch und immer noch leider eine Rarität im ganzen Landkreis", so die Grünen.
Geißler hatte das Kleinwindrad im Internet bestellt. "Es gibt an dem Standort keine Erfahrungen, wie viel Wind weht", so Geißler, der betont, dass das Gerät voraussichtlich keinen substanziellen Beitrag zur Energiewende leisten werde. Diese Bauart sei in der Regel für Berghütten, Schrebergärten und ähnliche Einsatzgebiete gedacht, bei denen es keine sonstige Netzanbindung gibt. Derzeit speise das Rad eine kleine Batterie und werde zur Beleuchtung der Fassade beitragen, an der Jutta Münch Informationen zu ihrem geplanten Begegnungszentrum anbringen werde. Erfahrungswerte zur Einspeiseleistung werde es wohl erst in einigen Monaten geben.
Eine Abordnung der Neckargemünder Grünen, die die Aktion initiiert hatten, übergab das Windrad der Eigentümerin Jutta Münch und freute sich mit ihr über einen weiteren kleinen Schritt auf dem Weg zur Energiewende. Denn Münch machte sich mit ihrem Gebäude auf den Weg: Nach dem Kleinwindrad kommt nächstes Jahr eine PV-Anlage; das Gebäude wird heute schon durch eine Wärmepumpe geheizt und wo es finanziell Sinn macht, wird gedämmt.
Im Kellergeschoss soll ab Juni ein Raum für Begegnungen und Schulungen entstehen. Ein Bürgertreff soll allen Interessierten Gelegenheit bieten zum Austausch und für Treffen, zum Gespräch und zur Planung an gemeinsamen Projekten. So sei ein Repair-Café ebenso geplant wie eine regelmäßige Anlauf- und Beratungsstelle zu Fragen rund um die Energieversorgung im Privathaushalt.
In dem Gebäude von 1936 läuft laut den Grünen eine Wärmepumpe im täglichen Betrieb – und sie sei rentabel. Das neue Windrad sei dabei nur ein weiterer und zugegeben kleiner Baustein auf dem Weg. Seine Maximalleistung werde das Gerät wohl nur an Tagen mit ausnehmend starkem Wind erreichen. Als sichtbares Zeichen auf dem Dach sei die Botschaft klar: Hier möchte jemand anpacken bei der dringend nötigen Energiewende.
Kreisrat Stefan Geißler stellte am Rande der Aktion die Verbindung zur Lage in der Region her: "Derzeit haben wir einen großen Nachholbedarf bei der Erzeugung der erneuerbaren Energien: Windenergie wird derzeit in der Region praktisch noch überhaupt nicht genutzt", kritisierte er. Der Neckargemünder Grünen-Landtagsabgeordnete Hermino Katzenstein, der sich selbst seit langem intensiv für die vermehrte Nutzung der Erneuerbaren Energien in seinem Wahlkreis einsetzt, freut sich. "Solarenergie hier, Biomasse dort, und eben Wind, wo immer es passt: Das ist echte Technologieoffenheit", merkt er an.
Das Kleinwindrad sei vergleichbar mit Balkonsolaranlagen. Hier gelte das Prinzip: Kleinvieh macht auch Mist. "Wir sollten alle bei der Energiewende anschieben, wo wir können", findet Geißler. "Insofern ist das Kleinwindrad gleichzeitig funktionsfähig wie auch ein sichtbares Symbol!"