Metropolink-Festival Walldorf

Open-Air-Arbeitsplatz mit Spraydose und Atemschutz

Künstler Matthias Mross gestaltete Wandgemälde - Auf den Hahn gekommen

01.08.2018 UPDATE: 02.08.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 36 Sekunden

"Lottogewinn" bei der Hitze: Nachbarn versorgten Künstler Matthias Mross bei der Arbeit mit kühlen Getränken.

Walldorf. (kvs) "Cock in, Cock out" - "Hahn rein, Hahn raus" - ist der Titel des neuen Wandgemäldes in der Walldorfer Zimmerstraße. Zum zweiten Mal war die Astorstadt Teil des "Urban Art"-Festivals "Metropolink". Zur offiziellen Eröffnung hatten sich auf dem kleinen Parkplatz an der Ecke der Heidelberger Straße und der Zimmerstraße neben einigen Schaulustigen und Kunstinteressierten auch Bürgermeisterin Christiane Staab, der Kunstbeauftragte der Stadt, Hartmuth Schweizer, der Festivalleiter Pascal Baumgärtner sowie der Künstler Matthias Mross eingefunden.

"Es ist am Anfang immer wie ein Ritt ins Ungewisse und man fragt sich: Was kommt dabei raus?", beschrieb Staab die Ausgangssituation einer jeden Festivalbeteiligung. Die Stadt sei sich bewusst, so Staab weiter, dass es stets auch eine Herausforderung für die Nachbarschaft bedeutet, die ja genauso wenig wie die Stadt weiß, was da eigentlich entsteht.

Ihr besonderer Dank ging an die Familie Rittmüller, die in diesem Jahr die Hauswand zur Verfügung gestellt hatte, und an Heike Schweizer vom Kulturamt sowie den Ersten Beigeordneten Otto Steinmann, die sich mit viel Elan und Überzeugung um die Realisierung gekümmert hätten.

Eröffneten in Walldorf das neue Wandkunstwerk im Rahmen des Metropolink-Festivals: Künstler Matthias Mross, Festivalleiter Pascal Baumgärtner, Bürgermeisterin Christiane Staab, Erster Beigeordneter Otto Steinmann und Heike Schweizer vom Kulturamt. Foto: Pfeifer

"Es geht dem Festival vor allem darum, Räume zu gestalten und neue Perspektiven zu eröffnen", erklärte Pascal Baumgärtner die Zielsetzung des nun schon seit fünf Jahren stattfindenden Kunstereignisses. In diesem Jahr war es eine ganz spezielle Herausforderung, da es nicht nur galt, 31 internationale Künstler der verschiedensten Richtungen zu koordinieren, sondern auch der Ehrgeiz bestand, ein Kunstprojekt auf den Konversionsflächen von Patrick-Henry-Village zu realisieren.

Baumgärtner, der selbst am Walldorfer Gymnasium Schüler war, verfolgt seine Pläne mit viel Biss und Engagement. "Es ist nicht immer leicht, die Eigentümer der zur Verfügung gestellten Wände davon zu überzeugen, sich nicht in die künstlerische Arbeit einzumischen", merkte Baumgärtner mit einem vielsagenden Lächeln an.

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Matthias Mross hingegen bedankte sich ganz speziell sowohl bei der Familie Rittmüller als auch bei den Nachbarn, die ihn tatkräftig bei seiner Arbeit unterstützt hätten. Er konnte, so berichtete er, frei arbeiten und wurde mit aufmunternden Worten und kalten Getränken versorgt. Was an einem Open-Air-Arbeitsplatz mit Sprayflasche und Atemschutz bei mehr als 30 Grad Hitze fast einem Lottogewinn gleichkomme.

Hartmuth Schweizer war sichtlich gehobener Stimmung bei seinen Erklärungen zum Kunstwerk. Seine Begeisterung über die erneute Beteiligung der Stadt Walldorf am Metropolink-Festival wurde spürbar. "Den öffentlichen Raum mit Kunst gestalten, auch in kleineren Gemeinden und nicht nur in den Großstädten, das verstehe ich unter Demokratisierung der Kunst", so Schweizer.

Die moderne Wandmalerei sei eine Kunst, die in dieser Art vor 20 bis 30 Jahren in Orten der Walldorfer Größenordnung nicht möglich gewesen seien, meinte er. Street Art ist laut Schweizer ein Kunstgenre, das aus einer Protestbewegung entstand, die unter anderem in Graffiti Ausdruck fand. Kunst und Künstler wollten Teil der Gesellschaft und des öffentlichen Lebens sein.

Und das gelingt dem fotorealistisch gemalten Hahn in der Zimmerstraße ganz gut. Wer daran vorbei fährt, meint, das Tier laufe mit ihm mit, um dann am Ende der Wand zu verschwinden. Eine Interpretation seines Werks wollte Matthias Mross den Betrachtern ganz bewusst nicht mit auf den Weg geben.

Seine Faszination für Hähne hat in Indonesien ihren Ursprung, erklärte er: Dort hätten diese vitalen Lebewesen vor allem bei Hahnenkämpfen eine große Bedeutung; wobei die Tiere nicht im wilden Blutrausch geopfert, sondern als Geldanlage gehegt und gepflegt würden.

Matthias Mross ist zum ersten Mal beim Metropolink-Festival dabei. Für den Münchner Künstler ist es fast wie ein Heimkommen zu seinen Wurzeln, auch wenn er nicht aus dem Rhein-Neckar-Kreis ist; sein großes Vorbild als jugendlicher Graffitisprayer waren die Stieber-Twins, Zwillingsbrüder aus Heidelberg, die Mitte der 90er Jahre zu den Pionieren des deutschen Hip-Hop und Rap zählten. "Und Heidelberg ist bis heute das innerdeutsche Mekka der Hip-Hop-Szene geblieben", sagte Mross.

Im Anschluss diskutierten die Gäste bei kühlen Getränken und bei Urban-Country-Soul-Musik von Hank Philipps, alias Martin Schmidt aus Rot, über Kunst im Allgemeinen und natürlich im Speziellen das neue Kunstwerk in der Astorstadt.

Wer auch nach dem Festival die einzigartigen Kunstwerke erkunden will, dem steht mit der "Metropolink-App" ein Verzeichnis aller Kunstwerke übers Smartphone zur Verfügung.

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