Zeitlose und mutige Worte zum Aufstand im Iran
Die Grünen-Ortsgruppe hatte in der "Perseria" zu einer öffentlichen Lesung von Texten persischer und iranischer Autoren eingeladen.

Von Volker Knab
Schriesheim. Nicht nur Gedenktag und Ort passten bei dieser Veranstaltung bestens zusammen: Mit einer spannenden Auswahl kurzer Prosatexte und Gedichte führte eine Lesung am "Tag der Menschenrechte", in der "Perseria" in die reiche Literatur und die aktuellen politischen Ereignisse im Iran ein. Ein weiteres Thema war das Leben im deutschen Exil.
Hintergrund
> Sana und Reza Houdeh-Ashtiani sind die wohl bekanntesten iranischen Schriesheimer, die man eigentlich nur bei ihrem Vornamen nennt: Sie betreiben seit 2004 die "Perseria", zunächst in der Römerstraße – die "Kleine Perseria" gaben sie vor vier Jahren ab – und seit zehn
> Sana und Reza Houdeh-Ashtiani sind die wohl bekanntesten iranischen Schriesheimer, die man eigentlich nur bei ihrem Vornamen nennt: Sie betreiben seit 2004 die "Perseria", zunächst in der Römerstraße – die "Kleine Perseria" gaben sie vor vier Jahren ab – und seit zehn Jahren an der Bundesstraße B3; neuerdings sind sie Pächter des Tennisclub-Lokals "Culina 198", das am 6. Januar offiziell eröffnet. Sana (41) stammt aus Teheran, Reza (51) aus Sari am Kaspischen Meer, und beide verließen vor über 30 Jahren ihre Heimat aus politischen Gründen.
> Sanas Vater engagierte sich gegen das Mullah-Regime, deswegen floh die Familie 1990 nach Deutschland, Sana wuchs in Heidelberg auf. Reza kam als junger Mann hierher – nach fünfjährigem "Exil" im Rumänien –, nachdem das Studium im Iran für ihn immer schwieriger geworden war. Für das Ehepaar mit drei gemeinsamen Kindern (Reza hat noch vier eigene), das sich in Heidelberg kennenlernte, ist Schriesheim die "zweite Heimat", aber beide nehmen großen Anteil an den Unruhen im Iran: "Das nimmt mich sehr mit", sagt Sana, "ich bin auf jeder Demonstration." hö
Es gelte, am Tag der Menschenrechte mit einer weltweiten Lesung, "den mutigen Menschen im Iran unsere Unterstützung zukommen zu lassen", so Margrit Liedloff von Bündnis 90/Die Grünen über das mit der Lesung verbundene Anliegen der Veranstalter. Diese folgte einem Aufruf des Internationalen Literaturfestivals Berlin, sich an der globalen Aktion zu beteiligen.
Die Inhaberin des Restaurants "La Perseria Mashti", Sana Houdeh-Ashtiani, habe ihre Räumlichkeiten "spontan zur Verfügung gestellt, als wir über die Lesung gesprochen haben", freute sich Liedloff. "Ich bin im Iran aufgewachsen. Mein Vater war dort politisch sehr engagiert. Deshalb musste er den Iran verlassen", erzählte die Inhaberin der "Perseria" der RNZ im Gespräch.
Zum Auftakt wurde ein Videogruß von Bonyad Bastanfar, einem der Gründer der Initiative "Be Our Voice Rhein-Neckar", abgespielt. Der erste Text des Nachmittags stellte dem Publikum eine der mutigen Frauen im Iran vor. Die Exil-Iranerin Bahare Beverungen, Mitinitiatorin von "Frauen – Leben – Freiheit Rhein-Neckar", las aus "Die Freiheit ist weiblich" der Fernsehjournalistin Golineh Atai.
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Beim Zuhören der spannenden Textpassage, die den Widerstandswillen der iranischen Frauen zum Ausdruck brachte, dürfte der Blick so manchen Zuhörers an einem der zur Lesung im Raum ausgestellten Bilder der Künstlerin "Soroorart" hängen geblieben sein. Außer mit ihrem Künstlernamen wollte die 33-jährige Malerin und Kunstpädagogin nicht namentlich genannt werden. Mit kraftvoller Bildsprache verarbeitet sie die aktuellen politischen Geschehnisse im Iran. Ihre Bilder drücken Trauer und Wut über die schwer zu ertragenden Szenen aus. "Ich unterstütze die Frauen im Iran", sagte sie im Gespräch mit der RNZ. Immer wieder erhalte sie Anfragen von Müttern aus dem Iran mit der Bitte, ihre getöteten Söhne und Töchter nach einem Foto von ihnen zu malen.
Die 33-jährige deutsche Staatsangehörige wurde 1988 in Teheran geboren und lebt seit 2005 in Ludwigshafen. Sie hat an der Freien Kunstakademie Mannheim studiert und bietet Malkurse für Kinder und Erwachsene an. Zum literarischen Teil trug die Künstlerin im Verlauf der Lesung mit dem Vortrag zweier klassischer Gedichte aus dem alten Persien bei: "Adamskinder" von Saadi und "Weltveränderungen" von Hafez, den größten Dichtern Persiens zur Zeit des europäischen Mittelalters.
In eine völlig andere Szenerie führte ein von Kurt Büchler vorgestellter Text. Büchler war für die Landtagsabgeordnete Fadime Tuncer eingesprungen, die aufgrund von Heiserkeit nicht vorlesen konnte. Büchler hatte eine Stelle aus "Nachts ist es leise in Teheran" von Shida Bazyar ausgewählt, die mit bissigem Witz das schwierige Ankommen der geflohenen Iraner im deutschen Exil thematisiert. Im weiteren Programm stellte Ursula Thiels eine Textstelle aus "Frauen ohne Männer" von Shahrnush Parsipur vor. Ein Video mit einem Grußwort des iranischen Schauspielers Navid Negahban und der Revolutionshymne des Aufstands im Iran führte wieder zu den aktuellen Ereignissen. Der Kontakt zu dem Schauspieler war durch Sana Ashtiani zustande gekommen.
In der breit gefächerten Literaturauswahl stellte Liedloff an diesem Tag außerdem Amir Hassan Cheheltan mit seiner Kurzgeschichte "Der Gott des Mülls" vor. Die Exil-Iranerin und Mitinitiatorin von "Frauen – Leben – Freiheit Rhein-Neckar", Anahita Azizi, trug mit "Aida im Spiegel" wunderschöne Poesie von Ahmad Shamlou vor. Büchler führte mit einer weiteren Stelle aus "Nachts ist es leise in Teheran" die Zuhörer noch einmal in die Welt des Exils.