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"Homo Faber" – Für eine Welt mit Gefühlen

Ein Buchtipp von Sabrina Ferwagener aus Malschenberg.

15.08.2023 UPDATE: 15.08.2023 06:00 Uhr 1 Minute, 50 Sekunden
Für Sabrina Ferwagener ist „Homo Faber“ auch immer ein Weckruf. Foto: liwi

Von Lisa Wieser

Malschenberg. Sabrina Ferwagner schafft den Spagat, der dem Protagonisten des von ihr ausgewählten Romans "Homo Faber" von Max Frisch nicht gelingt: Sie legt Wert darauf, dass neben rationalen Alltagsentscheidungen auch Gefühl und andere zentrale Themen ihren Platz haben. Die Malschenbergerin vereinbart ihre Stelle bei SAP mit ihrem Hobby als freischaffende Künstlerin. Aus warmen und spannungsreichen Hölzern macht sie mit Kettensägen und anderen Werkzeugen überlebensgroße Skulpturen von menschlichen Körpern, daneben Plastiken aus Ton und Objekte aus Stein. In ihrer Freizeit widmet sie sich der internationalen Küche, denn "das geht ja auch ins Plastische", liest gerne und setzt sich mit gesellschaftlichen Themen auseinander. Am Ende des Tages fühlt sie sich aber am wohlsten, wenn sie sagen kann: "Ich habe etwas in meiner Hand."

> Um was es geht: In dem Roman erzählt der Protagonist Walter Faber, der von seiner einzigen Liebe Hanna "Homo Faber" genannt wird, von den letzten Monaten seines Lebens. Er arbeitet als Ingenieur und hat eine sehr rationale, nüchterne und technisch orientierte Weltanschauung. Mehrere Zufälle – so nennt er es – rütteln sein Leben auf und werfen ihn aus der Bahn: Dazu gehört etwa die Begegnung mit dem Bruder seines einzigen, inzwischen verstorbenen, Freundes Joachim; Fabers inzestuöse Liebesbeziehung mit Sabeth, seiner ihm unbekannten Tochter, aber auch das Wiedersehen mit seiner Jugendliebe Hanna, der Mutter Sabeths. In seiner letzten Lebensphase erfährt Faber leidvoll, dass in seinem Leben nichts so stimmt, wie er es sich eingeredet hat und lässt, wenn auch zu spät, um seinem Leben eine Wendung zu geben, andere Seiten in sich zu.

> Warum es ihr gefällt: "Walter Faber wirkt in seiner nüchternen technischen Art sehr weltentfremdet und geradezu unsympathisch. Er rationalisiert sich seine Versäumnisse in der Vergangenheit schön. Es berührt mich, dass er durch die tragischen Ereignisse am Ende seines Lebens eine andere Weltsicht entwickelt. In seinen Verfügungen für den Todesfall bestimmt er, dass alle Zeugnisse von ihm vernichtet werden sollen, weil nichts stimmt. Er erkennt für sich, was wichtig ist: ,Auf der Welt sein: im Licht sein. (...) – aber vor allem: (...) Ewigkeit im Augenblick. Ewig sein: gewesen sein.’ Es geht um den Wandel von der verstandesgeführten in eine Welt, in der Gefühle, Spiritualität und Träume einen gleichgewichtigen Stellenwert haben. Für mich ist diese Integration zwischen den Polen des Verstandes und der Welt der Gefühle sehr wichtig. Die Frage ist, ob wir nicht alle in einer Welt des Homo Fabers leben, in der wir immer mehr den Zugang zu uns selbst verlieren. In der man glaubt, alles mit Technik lösen zu können, wie den Klimawandel. Oder an das Thema der Künstlichen Intelligenz, in der wir durch Computer möglicherweise das Erlangen oder Wiederentdecken von universellen Weisheiten aus den Augen verlieren. Deswegen ist das Buch von Max Frisch immer wieder ein Weckruf für uns alle."

Info: "Homo Faber" von Max Frisch, Suhrkamp Verlag, ISBN 978-3-518-47184-5.

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