Essensreste locken Ratten am Georgi-Marktplatz und Rathaus an
Köderboxen wurden aufgestellt. Die Stadt spricht von geringem Befall. Nager sterben an innerer Verblutung.

Von Thomas Frenzel
Leimen. Gott sei Dank können Ratten nicht lesen. Denn dann würden sie um diese schwarzen Boxen einen riesigen Bogen machen. Um jene Boxen, wie eine davon in der Klostergasse aufgestellt ist, am Fuß einer stählernen Fluchttreppe, die aus der Fritz-Zugck-Halle ins Freie führt.
Auf dieser Box warnt ein roter Aufkleber: "Vorsicht – Attention! Nagerköder ausgelegt – Giftig" Den Gift-Hinweis gibt es auch in anderen Sprachen, von französisch über türkisch und kroatisch bis hin zu spanisch.
Zugegeben: Das mit dem Lesen-Können ist die menschliche Sicht zu diesen Plastikkästen mit Schlupfloch. Dabei sind es vor allem die Menschen, die das Aufstellen dieser Boxen nötig machen, wie Stadtsprecher Michael Ullrich auf Anfrage sagt. Sie sorgen mit ihrem Wegwerfverhalten für einen reich gedeckten Tisch. Pizza-, Döner- und andere Fast-Food- oder To-go-Essensreste werden nicht richtig entsorgt, liegen herum, laden Nager ein. Ratten wie Mäuse.
Das Ergebnis: Die Bürger beschweren sich bei der Stadt, wenn ihnen eine Ratte über den Weg springt. Und die Stadt reagiert, auch vorbeugend, wenn sie davon ausgehen muss, dass sich die Ratten an irgendeiner Stelle zu wohl fühlen könnten. Deshalb finden sich die meisten Nagerköder auch in den gut besuchten Bereichen von Georgi-Marktplatz und Rathaus. 18 der insgesamt 22 im Stadtgebiet aufgestellten Boxen finden sich hier, so Ullrich. Dessen ungeachtet will er von einer Plage nicht reden. Ganz im Gegenteil: "Der Befall ist sehr gering."
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Nichts anderes ist von der – so der ganze Firmenname – "Erstes Ludwigshafener Reinigungsinstitut ‚Viktoria‘ Gottlieb Friedrich Hehl GmbH & Co. KG" zu erfahren. Wie in Ludwigshafen, Mannheim oder Speyer ist sie in Sachen Ratten in Leimen aktiv. Dies berichtet Daniel Staiber, zuständig für die Schädlingsbekämpfung.
Einmal im Monat kontrolliert das Unternehmen die Leimener Boxen inzwischen. Gleich nach dem Aufstellen war es noch wöchentlich. Da ging es darum zu erkennen, wie stark der Befall ist: Sind die Köder in den Boxen nur etwas angenagt oder gänzlich verputzt? Sprich: Müssen die Boxen häufiger bestückt – oder gar mehr Boxen aufgestellt – werden?
Apropos Köder: Das sind Staiber zufolge in Papier verpackte wachsähnliche Futterblöcke mit unterschiedlichen Geschmacksstoffen. Manche schmecken nach Sonnenblumenkernen, andere haben auch Vanille-Geruch. Gemeinsam ist allen, dass sie mit einem sogenannten Antikoagulantium versetzt sind. Dahinter verbergen sich Wirkstoffe, die eine Blutgerinnung verhindern: Ein Nager, der von dem giftigen Köder gefressen hat, stirbt in der Regel nach drei bis sieben Tagen. An innerer Verblutung.
Diese Gifte haben selbst aus Sicht des zuständigen Bundesumweltamtes einen Vorteil: Die Nager verenden nicht in oder gleich bei der Köderbox. Denn das wäre für andere Ratten die eindeutige Warnung, dass hier eine tödliche Falle auf sie lauert. Dabei sind Ratten nicht nur schlau, sondern auch neophob, wie Experte Staiber ergänzt: Die frei lebenden Nager sind alles andere als neugierig, sie haben Angst vor unbekannten Gegenständen oder unbekanntem Futter. Das ist auch ein Grund dafür, dass bei entsprechendem Befall die Köderboxen über lange Zeiträume meist dort bleiben, wo sie aufgestellt wurden. Wie in der Klostergasse.
Damit zurück nach Leimen. Wie Stadtsprecher Ullrich mitteilt, fallen durch die Rattenbekämpfung für die Stadt monatliche Kosten von rund 250 Euro an. Im städtischen Haushalt verschwindet das im großen Posten "Bewirtschaftung der Grundstücke und baulichen Anlagen".