Das Hotel Seipel schließt – Eine Ära geht zu Ende
Nach 52 Jahren ist Schluss: Am heutigen Freitag reisen die letzten Gäste ab. Das Anwesen wurde an eine Immobiliengesellschaft verkauft.

Von Sabine Geschwill
Leimen. Es waren private Gründe und keine wirtschaftlichen, die Hoteleigentümerin Martina Seipel zu dieser weitreichenden Entscheidung bewogen hatten: Das von ihr in zweiter Generation geführte Leimener Traditionshotel Seipel schließt zum 1. April für immer seine Pforten.
Die Hotelchefin, die das 1971 von ihren Eltern Herbert und Margarete Seipel in Leimen-Mitte in der Bürgermeister-Weidemaier-Straße eröffnete "Hotel garni Superior" die letzten 30 Jahre federführend geleitet hat, hat sich diesen Schritt nicht leicht gemacht. Und sie hat die Entscheidung in enger Absprache mit ihren Eltern getroffen. "Für uns ist das ein Abschied von einer Hotel-Ära", gesteht sie mit trauriger Stimme im Gespräch mit der RNZ.

Aus ihren Beweggründen macht sie kein Geheimnis. Sie sind nachvollziehbar und rein privater Natur. "Ich werde nächstes Jahr 60 und arbeite seit meinem 21. Lebensjahr in diesem Hotel", erzählt sie. 1985 begann sie im elterlichen Hotel mitzuarbeiten. "Mein Papa hat mir viel gezeigt. Von ihm habe ich alles gelernt", blickt sie voller Dankbarkeit zurück. 1992 übernahm sie als Pächterin das Hotel ihrer Eltern. 2003 erfolgte dann der Eigentümerwechsel. Mit Martina Seipel übernahm die zweite Generation das bei Geschäftsleuten, Vertretern und Touristen beliebte und stets gut gebuchte "Hotel garni Superior" mitsamt der Verantwortung für Personal und allem, was bei einem gut geführten Hotelbetrieb dazugehört. "Ich habe mit und für das Hotel gelebt", erzählt sie. Mehr als eine Woche in Urlaub zu gehen, sei nie drin gewesen.
"Es hat mir immer sehr gefallen und Spaß gemacht, im eigenen Hotel zu arbeiten, mit viel Herzblut alles gut in Schuss und in gepflegtem Zustand zu halten." Dass sie hervorragend das Hotel geführt hat, das vor zwei Jahren 50-jähriges Bestehen feierte, bescheinigen ihr ihre Eltern. "Sie hat sich immer um alles gekümmert und alles auf dem neuesten Stand gehalten." Eine Menge Zeit und Kraft investierte Martina Seipel in das Hotel mit seinen 23 modern eingerichteten Zimmern und einem größeren Apartment vor allem in der Zeit der Komplettrenovierung, die in verschiedenen Phasen zwischen 2015 und 2019 erfolgte. Auch die darauffolgenden Jahre der Pandemie, in denen das Hotel dank guter Aufstellung und Einsparmaßnahmen gut über Wasser gehalten werden konnte, hatten viel Energie und Nerven gekostet.
Ein Verkehrsunfall im vergangenen Jahr, in den die Hotelchefin beim Überqueren des Fußgängerüberwegs zu ihrem Hotel verwickelt war und bei dem sie glücklicherweise in diesem Moment einen Schutzengel hatte, veränderte ihre Einstellung zu ihrem bisherigen, mit viel Arbeit und wenig Freizeit geführten Leben. Der Unfall war für sie richtungsweisend. "Das hat mich zum Nachdenken angeregt und mir gezeigt, wie schnell ein Leben auch zu Ende sein kann." In der Zeit der Genesung wurde ihr klar: "Ich möchte noch etwas von meinem Leben haben."
Ihren Gedanken, das Hotel aufzugeben, hat sie mit ihren Eltern besprochen, mit denen sie ein sehr gutes und enges Verhältnis pflegt. "Sie haben es akzeptiert und mich darin bestärkt, da wir auch keinen Nachfolger haben." Ende vergangenen Jahres hat sich Martina Seipel nach potenziellen Käufern für das Hotel samt Anwesen umgeschaut. "Ich habe eine Immobiliengesellschaft gefunden, die hier in der Region ansässig ist und die ich auch schon lange kenne." Deren Namen wollte sie nicht preisgeben und auch den vereinbarten Kaufpreis nicht verraten. Was sie mitteilen konnte: "Der Investor hat das Hotel samt Inventar gekauft. Aber er möchte das Hotelareal in Zukunft anderweitig nutzen." Seipel vermutet, dass dort Wohnungen entstehen könnten, da das Hotel in einem Wohngebiet liegt.
Ihren nach der Corona-Pandemie verbliebenen vier Angestellten den Entschluss mitzuteilen, das Hotel aufzugeben und zu verkaufen, sei ihr nicht leicht gefallen und "schwer im Magen gelegen", berichtet sie. Allen sei fristgerecht gekündigt worden. Wenn am heutigen Freitagvormittag die letzten Gäste ausgecheckt haben, möchte sich Martina Seipel mit einem Sektumtrunk von ihrem treuen Team verabschieden und allen danken. "Danach schließen wir das Hotel ab." Dass dabei eine große Portion Wehmut mitschwingen wird, ist klar. "Es ist, wie es ist. Ich denke jetzt an meine Zukunft."
Große Pläne hat sie noch nicht geschmiedet: "Ich möchte einfach, dass der fürchterliche Druck, die große Verantwortung und die hohen Erwartungen von mir genommen werden und ich in Urlaub gehen und Dinge machen kann, für die ich bisher keine Zeit oder keinen Kopf hatte."