Mostafa Nazari darf wieder einreisen
Die Ehrenamtlichen hatten mit ihrem Antrag beim Regierungspräsidium zwar Erfolg, allerdings ist nun die Ausreise aus Afghanistan das Problem: Die scheint derzeit kaum möglich.

Von Katharina Schröder
Ladenburg. Sie sind dran geblieben, und das mit Erfolg: Ehrenamtliche des Vereins Ladenburg Integration Aktiv (Int.Akt.) haben im Sommer kurz vor der Eroberung Kabuls durch die Taliban erneut einen Antrag auf Verkürzung der Einreisesperre für Mostafa Nazari gestellt. Nun hat das Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) dem Antrag stattgegeben. Nazari darf jederzeit wieder nach Deutschland einreisen – zumindest theoretisch. Denn aktuell ist es sehr schwer, Afghanistan zu verlassen.
"Er war überglücklich und hat wieder Hoffnung", erzählt Petra Fuhry von Int.Akt. Sie steht im ständigen Austausch mit Nazari, und sie war auch dabei, als er im Januar vergangenen Jahres im Landratsamt unter umstrittenen Umständen festgenommen und schließlich abgeschoben wurde. Jetzt betont sie, dass die Behörden sich "im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr fair" verhalten haben.
"Formal hat das Regierungspräsidium das Verbot der Wiedereinreise auf 18 Monate verkürzt. Diese Frist ist dadurch abgelaufen, sodass Herr Narzari jederzeit wieder einreisen könnte", erklärt der Grünen-Landtagsabgeordnete Uli Sckerl. Und er lobt den Einsatz von Int.Akt. "Die Aufhebung der Einreisesperre ist das Ergebnis ihres hartnäckigen Einsatzes." Der SPD-Abgeordnete Sebastian Cuny dankt den Ehrenamtlichen für ihren "unermüdlichen Einsatz". "Ich begrüße die Entscheidung sehr, dass die Einreisesperre verkürzt wurde und er nun mit einem Einreisevisum für Fachkräfte nach Ladenburg zurückkehren könnte." Und er sagt zu, die Ehrenamtlichen zu unterstützen.
Den ersten Antrag auf Verkürzung der Einreisesperre hatte das RP im Januar 2021 abgelehnt. Fuhry schätzt, dass die jetzige Entscheidung des RP auch mit der Machtübernahme der Taliban zusammenhängt. "Seinen Arbeitsvertrag mussten wir den Behörden auch noch einmal schicken." Denn das Mannheimer Bauunternehmen "Diringer & Scheidel" wolle Nazari, der die Ausbildung zum Straßenbauer mit Auszeichnung abgeschlossen hat, wieder einstellen, und habe einen Antrag auf Fachkräfteeinwanderung gestellt. "Darüber entscheidet nun die Ausländerbehörde. "Wenn alles stimmt, bekommt er einen Termin und kann sein Visum abholen", führt Fuhry aus. Die Frage ist nur: Wo? Die Deutsche Botschaft in Kabul ist derzeit geschlossen. "Das größte und bisher ungelöste Problem ist die Ausreise aus Afghanistan", sagt auch Sckerl. Er versichert, dass man bereits versucht habe, Nazari die Ausreise zu ermöglichen – und es weiterhin tun werde. "Das Auswärtige Amt muss jetzt etwas tun." Nazaris Einreise wäre für alle eine "Win-win-Situation", meint Sckerl. "Für seine Firma, die ein Riesenproblem hat, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden, und für ihn." Und: "Wir brauchen dringen diesen Paradigmenwechsel, weg von der Abschottungs- und Abschiebepolitik gegen bestens integrierte und ausgebildete ehemalige Flüchtlinge, hin zu Einwanderungsmöglichkeiten für Fachkräfte und in unseren Arbeitsmarkt."
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Ladenburgs Bürgermeister Stefan Schmutz sieht ein "erstes Hoffnungszeichen" in der aufgehobenen Einreisesperre. "Denn der entscheidende Schritt, wann und auf welchem Weg eine Einreise möglich ist, ist noch völlig ungeklärt. Daher braucht es jetzt eine Fortsetzung der Anstrengungen, insbesondere aufseiten des Landes und des Bundes, um ihm eine Ausreise mit dem Flieger zu ermöglichen."
Derweil heißt es für Nazari in Afghanistan Warten. Gearbeitet hatte er dort für eine Unterorganisation der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Seit die Taliban die Macht übernommen haben, kann die Organisation nicht mehr arbeiten. Nazari lebt inzwischen nicht mehr in Kabul, sondern auf dem Land. "In Kabul gibt es wenig Essen, dort, wo er jetzt ist, gibt es Landwirtschaft", schildert Fuhry. "Die Bauern können nicht mehr die Märkte beliefern, jetzt verkaufen sie ihre Erzeugnisse vor Ort."
Durch die Taliban habe sich einiges verändert. "Er trägt jetzt auch traditionelle afghanische Kleidung, um nicht so stark aufzufallen", sagt Fuhry. "Und wenn er das Haus verlässt, lässt er sein Handy daheim." Die deutschen Kontakte könnten für Nazari gefährlich werden. "Ich habe ihm eingeschärft, dass er meine Handynummer auswendig lernen soll", erklärt Fuhry. Aber wenn sie Kontakt haben, gehe es nicht nur um Negatives. Ein Arbeitskollege habe Nazari vor dessen Abschiebung ein Fahrrad geschenkt, und die beiden seien zusammen den Weißen Stein hinuntergefahren. Sie hoffen, dass das bald wieder möglich wird. "Ich sag’ immer: ’Mostafa, das Fahrrad ist noch da.’"