Flüchtlingshelfer ziehen positive Bilanz
Die erste Jahreshauptversammlung von Ladenburg Integration Aktiv: Die Einreisesperre für Mostafa Nazari wurde aufgehoben. Unterkünfte werden gesucht.

Von Axel Sturm
Ladenburg. Vor einem Jahr entstand der Verein Ladenburg Integration Aktiv – INT.AKT. aus dem ehemaligen Arbeitskreis Asyl. Mittlerweile hat er schon 70 Mitglieder, die ehrenamtlich tätig sind. Ein Mitgliedsbeitrag wird bei Int.Akt. nicht erhoben. "Unsere Mitglieder bringen sich tatkräftig und auch emotional so stark ein, dass wir nicht noch zusätzlich Beiträge erheben wollen", erklärten die beiden Vorsitzenden Sabine Weil und Irene Niethammer in der ersten Jahreshauptversammlung im evangelischen Gemeindehaus.
Und eine gute Nachricht gab es auch bei der Versammlung: Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat die Einreisesperre für Mostafa Nazari aufgehoben. Wie Fuhry erklärt, haben sich die Behörden kooperativ gezeigt. Der 27-Jährige war im Januar 2020 nach Afghanistan abgeschoben worden, obwohl er einen festen Arbeitsplatz bei der Baufirma "Diringer & Scheidel" hatte und gut integriert war. Seitdem setzt sich Vereinsmitglied Petra Fuhry dafür ein, dass Nazari wieder zurückkommen kann. Die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat die schwierige Lebenssituation für den 27-Jährigen noch erschwert. Er habe kaum Geld zum Überleben und müsse täglich um sein Leben fürchten, erzählte Fuhry. "Mostafa ist durch die Hölle gegangen - er hat eine neue Chance in Deutschland verdient", hofft Fuhry, dass der junge Mann die schwere Situation durchhält und bald an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann.
Auch die Firma "Diringer & Scheidel" setzt sich stark für die Rückholung der Fachkraft ein. Ein Arbeitsvertrag liege schon bereit. Trotzdem ist es schwierig, Nazari die Ausreise zu ermöglichen. Geld nach Afghanistan zu überweisen, sei derzeit unmöglich, und auch die Frage, wo das Visum ausgestellt werden könnte, ist bislang ungeklärt. Außerdem gilt es noch eine Entscheidung der Ausländerbehörde Mannheim abzuwarten.
Fuhry, die sich auch um die Berufsausbildung von geflüchteten Menschen kümmert, hat die Erfahrung gemacht, dass die jungen Menschen "extrem ehrgeizig und fleißig sind". Die meisten kämen ohne Deutschkenntnisse und würden die Sprache mit viel Energie lernen, um sich zu integrieren. "Mir kommen die vielen positiven Beispiele in der Öffentlichkeit zu kurz", sagte sie. "Wir haben so viele rührende Entwicklungen erlebt." Und sie nannte einige Beispiele: So hätten in Ladenburg aufgenommene Flüchtlinge, ihren Berufsabschluss als Altenpfleger, Dachdecker, Bäcker, Chemielaboranten, Mechatroniker oder Gartenbauer geschafft.
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Auch Sabine Weil wertete die Betreuung in Ladenburg als Erfolg. "Wir sind ganz nah dran an den Flüchtlingsfamilien", sagte die Vorsitzende, die aber auch von Problemen berichtete. So gab es jüngst erhebliche Unruhen, weil das Regierungspräsidium einen "gut gemeinten Brief" wegen der aktuellen Aufenthaltsvorschriften an die Geflüchteten verschickte. Der Brief verunsicherte jedoch so sehr, dass bei Weil das Telefon nicht mehr still stand. Viele integrierte Familien mit einer Duldung dachten, die Abschiebung stehe an. Einige haben sich daher an "windige Rechtsanwälte" gewandt, die unangemessen hohe Kosten abgerechnet haben. "Solche Dinge frustrieren uns sehr", sagte Weil.
Überwiegend gab es aber positive Nachrichten bei dieser Jahreshauptversammlung. Celia Amler berichtete, dass sich die meisten Geflüchteten gegen Covid-19 haben impfen lassen. Über das Projekt "Deutschkurse und Prüfungsvorbereitungen" berichtete Eva-Maria Woll. Der Verein konnte vier Lehrkräfte motivieren, sodass vier Lerngruppen gebildet werden konnten. Außerdem nehmen 17 Kinder an der angebotenen Hausaufgabenbetreuung teil.
Elke Körner informierte über ein weiteres wichtiges Vereinsprojekt: Die Helfer von Int.Akt. kümmern sich nämlich auch um die neu eingerichtete Kleiderkammer in der Hauptstraße. Die Stadt hat in der ehemaligen Bäckerei Ecke Hauptstraße/Schulstraße nicht nur das Int.Akt.-Begegnungszentrum eingerichtet, sondern auch Räumlichkeiten für die Kleidungskammer geschaffen. "Wir haben einen Riesenzulauf – nicht nur Geflüchtete, sondern auch Menschen aus Deutschland, die Hilfe benötigen, erhalten hier Unterstützung", sagte Körner.
Die beiden Mitarbeiterinnen für Integrationsfragen der Stadtverwaltung, Parul Schreier und Michelle Sommer berichteten, dass in der Römerstadt derzeit etwa 200 geflüchtete Menschen betreut werden. Elf Geflüchtete aus Afghanistan sollen der Stadt noch zugewiesen werden. Da es in Ladenburg derzeit keine Unterkünfte gibt, sei die Lage aktuell schwierig.
Das Thema Unterkünfte griff abschließend auch Weil auf. Sie und Fuhry forderten eine Lösung für die Unterkunft in der Schulstraße ein. "Wenn Obdachlose, Drogenabhängige, psychisch labile Menschen und Geflüchtete in einer Unterkunft leben müssen, dann wird es immer Probleme geben." Deswegen wünschen sich die beiden Vereinsmitglieder eine Veränderung der Wohnverhältnisse. Insgesamt sei die Zusammenarbeit mit der Verwaltung aber gut, betonte Weil. Der Verein stehe in regelmäßigem Austausch mit Bürgermeister Stefan Schmutz.